„Spiegel TV“ berichtet, wie Versicherer den Flutopfern im Ahrtal die Entschädigung verweigern

Flut im Ahrtal. Quelle: Provinzial
Es „besteht nur Versicherungsschutz für Schäden durch Überschwemmung infolge Starkregen. Kein Versicherungsschutz besteht hingegen für Schäden, die durch eine Sturmflut oder Flut verursacht werden“, lautet ein Ablehnungsschreiben. Die Unwetterkatastrophe im Juli 2021 fordert allein im Ahrtal 133 Menschenleben. Diejenigen, die überlebten, haben ihre Häuser verloren und streiten mit der Versicherung, berichtet eine Spiegel TV-Reportage.
Der Titel hat es in sich: „Wie Flutopfer im Ahrtal alleingelassen werden“, heißt die 16-Minuten-Reportage mit dem Teaser: „Familie Sicken verlor vier Häuser. Doch die Versicherung verweigert eine Entschädigung – wie bei vielen Betroffenen.“
„In Ahrbrück, direkt am Flussufer, besaß das Ehepaar Sicken vier Häuser, bewohnt von seinen Kindern und deren Familien“, wird die Geschichte eingeleitet. Durch die Wassermassen werden die Gebäude so stark beschädigt, dass sie abgerissen werden. „Dann der nächste Schock: Ihre Versicherung will für den Schaden nicht aufkommen“, wie es heißt. Eines ihrer vier Häuser war bei der Provinzial Rheinland versichert. Die Familie hofft auf die Erstattung des Schadens – eine halbe Million Euro. Doch es erfolgt die Ablehnung mit der Begründung: „Nach Prüfung des Sachverhalts müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass der durch das Hochwasser an Ihrem Gebäude verursachte Schaden nicht versichert ist. Denn dem zwischen uns bestehenden Versicherungsvertrag liegen die Wohngebäudeversicherungsbedingungen (VGB 10) mit StarkregenPlus (Klausel 7985) zugrunde. Darüber besteht nur Versicherungsschutz für Schäden durch Überschwemmung infolge Starkregen. Kein Versicherungsschutz besteht hingegen für Schäden, die durch eine Sturmflut oder Flut verursacht werden (Nr. 10c (1) VGB).“
Der Familie müsse wohl vor Gericht klagen, heißt es im Bericht, doch ein solcher Prozess gegen einen großen Konzern könne Jahre dauern. „Die Provinzial Versicherung lehnt ein Interview zu dem Fall ab“, berichten die Reporter, doch immerhin erfolgt eine schriftliche Stellungnahme, woraus „Spiegel TV“ einen Auszug zitiert: „Nach dem Beratungsgespräch hat er (Heinz Sicken, Anm. d. Redaktion) lediglich eine Versicherung gegen ,Überschwemmung durch Starkregen‘ gewählt, die ihm angebotene und empfohlene Versicherung gegen ,Starkregen und Hochwasser‘ hat er abgelehnt. Somit sind in diesem Fall Schäden durch Überschwemmungen infolge von Hochwasser (so wie bei der Ahr geschehen) nicht versichert.“
Keine Auszahlung aus Rücksicht von Rückversicherern?
Der von Familie Sicken beauftragte Anwalt Markus Krämer wird in der Reportage oft zitiert. Er besuche viele Mandanten im Ahrtal und höre ähnliche Fälle. „Bei mindestens 70 bis 80 Prozent der Fälle passiert wenig bis gar nichts“, klagt der Anwalt. „Diese schnelle, unbürokratische Hilfe – die wurde ja von allen Seiten zugesagt. Auch von den Versicherungsgesellschaften. Und das ist einfach nicht das, was wir jetzt tatsächlich hier erfahren – im Gegenteil. Wir haben wirklich auch schwierige Verhandlungen, wo man sich sagt: Das muss doch schneller und einfacher gehen.“
Er hat eine Vermutung, warum es nicht vorangehe: „Es zeichnet sich seit November/Dezember ein wenig ab, dass jetzt Ablehnungen kommen versicherungsrechtlicher Art, wo zuvor eigentlich mit einer Auszahlung gerechnet wurde. Dann spricht auch vieles dafür, dass vielleicht – möglicherweise von Rückversicherern oder aus anderen Richtungen – ein wenig Druck auf die Versicherungsunternehmen ausgeübt wird, jetzt doch nicht alles auf einmal auszuzahlen.“
Nach der Juli-Hochwasserkatastrophe 2021 meldete die Provinzial Versicherung bereits im August konzernweit 36.246 Schäden mit einem Volumen von 1,02 Mird. Euro.
Autor: VW-Redaktion