Sexuelle Belästigung in der Finanzbranche: Blanc greift bei Aviva durch und berichtet über „absolut entsetzliche“ Vorfälle
Der britische Finanzausschuss hat Amanda Blanc zum Thema Sexismus in der Stadt vorgeladen. Sie erzählte, dass ihr viele Frauen von zahlreichen Fällen sexueller Belästigung in unterschiedlichen Unternehmen schilderten. Die Aviva-Chefin enthüllte gleichzeitig, dass der Versicherer Maßnahmen ergriffen hat, um männliche Angestellte wegen unangemessenen Verhaltens zu entlassen.
Amanda Blanc wurde 2020 die erste weibliche Vorstandsvorsitzende von Aviva. Sie und ihre weiblichen Vorstandsmitglieder sind sexistische Bemerkungen gewohnt. Zuletzt etwa auf der Jahreshauptversammlung im Jahr 2022. Ein Investor erklärte etwa, dass sie „nicht der richtige Mann für diesen Job“ wäre, was der Börsenkurs spiegle. Ein anderer Einzelaktionär fragte, ob Frau Blanc „Hosen tragen“ sollte, als er einige ihrer Vorgänger erwähnte, die er offenbar mehr schätzte.
Blanc reagierte nüchtern: „Ehrlich gesagt bin ich nach mehr als 30 Jahren im Finanzdienstleistungssektor an sexistische und abfällige Bemerkungen wie die auf der gestrigen Hauptversammlung gewöhnt.“ Nachdem sie so lange mit derselben vorurteilsbehafteten Rhetorik konfrontiert war, sei sie mittlerweile immun dagegen. „Ich würde Ihnen gerne sagen, dass sich die Dinge in den letzten Jahren gebessert haben, aber man kann durchaus sagen, dass sie zugenommen haben – je höher die Position, die ich übernommen habe, desto offenkundiger das inakzeptable Verhalten“, sagt Blanc.
Aviva hat inzwischen Maßnahmen eingeleitet, dass Frauen offen über solche Fälle sprechen können, ohne dass ihre Karriere gefährdet sei. „Und wir haben solche Erfahrungen bei Aviva gemacht, wo die Frau geblieben ist und der Mann gegangen ist“, enthüllte sie bei einer parlamentarischen Untersuchung über Sexismus in der Londoner City. Mit der Untersuchung soll festgestellt werden, ob seit der letzten Untersuchung des Ausschusses im Jahr 2018 im gesamten Finanzdienstleistungssektor des Vereinigten Königreichs nennenswerte Fortschritte erzielt worden sind. Blanc wies darauf hin, dass das Ausmaß der verbalen und körperlichen Gewalt in der im letzten Jahr untersuchten Finanzunternehmen mit 43 % bzw. 28 % um 10 Prozentpunkte höher war als in anderen Branchen.
Blanc sagte, dass ihr in den letzten Tagen, als sie sich auf die Anhörung vorbereitete, Frauen aus der ganzen Stadt geschrieben hätten, die ihr „absolut entsetzliche“ Berichte über Belästigungen mitteilten, darunter unerwünschte sexuelle Annäherungsversuche, dass sie in Hotelzimmer verfolgt wurden oder dass ihnen gesagt wurde, dass ihre Schwangerschaften für die Firma „unangenehm“ seien.
Die Abgeordneten erklärten diese Woche, sie seien „schockiert und alarmiert“ über das, was ihnen die Frauen in diesen Sitzungen erzählt hätten, und dass die Berichte über Mobbing und sexuelle Belästigung darauf hindeuteten, dass es in den letzten 20 Jahren „keinerlei Verbesserung“ gegeben habe.
Autor: David Gorr