Bedeutung verstanden, Transparenz ausbaufähig: Zielke nimmt CSR-Bemühungen der Branche ins Visier

Tun die Versicherer genug in Sachen CSR? Bild von mohamed Hassan auf Pixabay

Die Berichterstattung der deutschen Versicherer über ihre „Corporate Social Responsibility“ (CSR) hat sich 2020 verbessert, aber die Anlagestrategie wird immer noch nicht genutzt, um positiven Einfluss auf die Gesellschaft zu erzielen. Dies ist ein Ergebnis der vierten Studie zum CSR der Zielke Research Consult (ZRC). Gleichzeitig hat der GDV mit seinem jetzt veröffentlichten Nachhaltigkeitsbericht als EU-weit erster Versicherungsverband eine Bestandsaufnahme vorgelegt. Der Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen kündigt an, dass Versicherungen schon 2025 „erkennbar grüner“ sein würden. Insgesamt ist die CSR- Analyse von Zielke – wenig überraschend – deutlich kritischer als die des Verbandes zu Nachhaltigkeit.

Untersucht hat Zielke 50 Berichte von Versicherern – darunter vier, die aufgrund ihrer Größe nicht zum Reporting verpflichtet sind. 37 (26) Gesellschaften erhielten das erstmals gemeinsam von ZRC und Morgen & Morgen vergebene Gütesiegel. Für Ende November wurde das erste Produktlabel angekündigt, das der Taxonomie-Verordnung entspricht.

Morgen & Morgen hatte Anfang 2021 das CSR-Label als Orientierung in ihre Analyse- und Vergleichssoftware für Versicherungsmakler (M&M Office) aufgenommen. „Heute gehen wir einen Schritt weiter und vergeben eine gemeinsame Auszeichnung, für die nun auch wir mit unserem Namen stehen. Damit zeigen wir als unabhängiges Analysehaus den Stellenwert, den diese Bewertung für uns im Kontext der Nachhaltigkeitsthematik hat“, erklärt Pascal Schiffels, M&M-Geschäftsführer vor der Presse. Gemeinsam will man das Bewusstsein von Privatkunden, Maklern und Finanzvermittlern hinsichtlich der Nachhaltigkeitskriterien (ESG – Environment, Social, Government) schärfen.

Das Ergebnis

Die Unternehmenslabel – 14 Gold, 14 Silber und neun Bronze – seien nur der erste Schritt. Für Ende November wird ein erstes Produktlabel über die Nachhaltigkeit im Sinne der Taxonomie-Verordnung bescheinigt. Beurteilt wird, ob das Sicherungsvermögen und gegebenenfalls angebotene Fonds tatsächlich als Artikel 8 und 9 gemäß SFDR- bzw. Taxonomieverordnung und damit als nachhaltig bezeichnet werden können, so Zielke. Dadurch erhielten Versicherungsvermittler Haftungssicherheit. Denn ab August 2022 müssen Vermittler ihre Kunden bei der Geldanlage auch hinsichtlich der Nachhaltigkeitskriterien (ESG – Environment, Social, Government) befragen und beraten. „Wenn man Nachhaltigkeit im Unternehmen jetzt noch nicht lebt, wird es schwierig sein, die Anforderungen zu erfüllen“, sagt Dr. Carsten Zielke, Geschäftsführer der ZRC. Ohne CSR-Label werde es schwer, ein Label für „grüne“ Produkte zu erhalten.

Nach den Worten von Zielke gibt es inzwischen einen „spannenden Wettbewerb unter den Versicherern“, was sein CSR-Ranking betrifft. „Die Versicherungsbranche scheint ihren Handlungsbedarf begriffen, eruiert und verantwortungsvoll in die Hand genommen zu haben“, sagte er. Im Durchschnitt erreichte die Branche 1,48 Punkte nach 0,06 im Vorjahr. Verbessert hat sich insbesondere der Bereich „Social“ mit 1,47 (–0,95) Punkte, was aber immer noch unter „Governance“ mit 1,92 (0,48) liegt. Für die Umwelt wurden im Durchschnitt 1,1 (0,69) vergeben. Die Punkteskala reicht von minus 3,68 bis plus 4,58 Punkte. Alle drei Kategorien fließen gleich stark in die Bewertung. Gold ging an (Reihenfolge nach Punktzahl): Axa, Basler, SV Sparkassenversicherung, Helvetia, Zurich Insurance Group, Sparkassen Versicherung Sachsen, Signal Iduna, Prisma Life, Debeka, Gothaer und HanseMerkur. Die Bewertungen aller Unternehmen finden Sie HIER.

Nicht nur Sonnenschein

Bei 20 Prozent der Versicherer sei es schwer, die Nachhaltigkeitsberichte aufzufinden. Der Umfang der Nachhaltigkeitsberichte habe im Vergleich zum Vorjahr zugenommen, „was den Eindruck von Greenwashing erweckt“, so Zielke. Er fordert mehr Tabellen und konkrete Aussagen. Die Berechnung der Kohlendioxid-Emissionen (andere Treibhausgase erfasst die Studie nicht) auf Basis der drei Scopes (direkte und indirekte Emissionen) scheine immer noch eine Hürde für einige Versicherer zu sein. Nur die Prisma Life, die sich allerdings von der ZRC auch hat beraten lassen, schaffte es, „beim CO2-Ausstoß die volle Punktzahl zu erreichen mit transparenter Darstellung aller Scopes, der Berechnungsmethode dieser und Split des Scope 1. Ebenfalls erfolgt die transparente Darstellung der Kohlenstoffintensität ihres Portfolios“, so Zielke.

Im Ergebnis hätten die Versicherer im Vergleich zum Vorjahr ihre direkten CO₂-Emissionen (Scope 1) aber um 14 Prozent gesenkt, wobei auch das vermehrte Home-Office in die Berechnungen einging. Finanziert wird das Zielke-Projekt von 13 Versicherern und der Arcada GmbH. Details zur Auswertung finden sich unter diesem Link.

Der GDV ist zufrieden

Wie weit die Branche bei der Nachhaltigkeit ist, hat auch der GDV untersucht. Den Verband stimmen die Ergebnisse des eigenen Nachhaltigkeitsberichts zufrieden. “Rund 80 Prozent der direkt oder indirekt gehaltenen Kapitalanlagen werden bereits nach ESG-Kriterien angelegt. Für den CO₂-Fußabdruck der Kapitalanlagen werden wir ab 2022 erste Zahlen haben”, sagt Asmussen.

Die Versicherer hätten bereits weitere wichtige Nachhaltigkeits-Zielmarken erreicht oder ins Auge gefasst:

  • Bei der Versicherung von Risiken achtet mehr als ein Drittel des deutschen Marktes (gemessen an Beitragseinnahmen) auf ESG-Aspekte. Der Anteil kann bis 2025 auf über 60 Prozent steigen, wenn die Versicherer bereits bestehende Planungen in die Tat umsetzen.
  • Ihre eigenen Geschäftsprozesse wollen über 90 Prozent der deutschen Versicherer bis 2025 CO₂-neutral organisieren. 87 Prozent des Strombedarfs wird schon heute aus Ökostrom gedeckt. Der GDV selbst wird dieses Ziel laut Asmussen schon vor 2025 erreichen.

Trotz aller Wichtigkeit ist das Thema Klima und Verantwortung noch nicht überall angekommen. Der GDV will das ändern. Im Rahmen des am Mittwoch erstmals stattfindenden „TransVer Day“ – für Transformation und Versicherung – wird auch zum ersten Mal der GDV-Nachhaltigkeitspreis verliehen. Preisträger ist die Initiative „Klima vor acht“, die das Ziel hat, Wissen und Bewusstsein für Klimawandel in der Bevölkerung zu stärken. Die Initiative will erreichen, dass wissenschaftlich fundierte Klimaberichterstattung in den großen TV-Sendern kein Nischendasein fristet, sondern zur besten Sendezeit ausgestrahlt wird.

Was es bedeutet

Die Versicherer sind bei CSR und Nachhaltigkeit auf dem Weg. Der Hinweis auf „mehr Tabellen und konkrete Aussagen“ von Zielke im Bereich CSR ist nachvollziehbar und sollte auch für die Branche das Ziel sein. Niemand will künftig die Überschrift lesen: „Lebensversicherer betreiben im großen Stil Greenwashing.“

Autoren: Monika Lier und Maximilian Volz

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