Branchenpuls: Klaus-Jürgen Heitmann, Rückversicherer, Pandora Papers

Was lässt den Puls der Branche höher schlagen? Quelle: OpenClipart-Vectors auf Pixabay.

Autonome Fahrzeuge, E-Mobilität oder Telematik: Die Kfz-Versicherung steht vor ganz neuen Herausforderungen. Glaubt man Huk-Vorstandschef Klaus-Jürgen Heitmann, sieht er bereits massive Umbrüche in der Branche. Für politische Umbrüche dürften womöglich auch die „Pandora Papers“ sorgen.

Was bisher geschah …

„Der Markt ändert sich. Es wächst alles zusammen. In der Vergangenheit hat der Hersteller die Autos gebaut, der Handel hat sie verkauft und den Service übernommen und Banken haben Autos finanziert. Dann haben die Hersteller Autobanken gegründet, um die Finanzierung zu übernehmen. Hier müssen wir uns ebenfalls positionieren, um unseren eigenen Zugang zum Kunden zu behalten“, konstatierte Heitmann jüngst im Gespräch mit VWheute. Mit etwa 27.000 Klicks war das Interview mit dem Vorstandschef der Huk-Coburg das Topthema der Woche.

„Wir stellen fest, dass Menschen, die sich bewusst für diesen Tarif entscheiden, ihr Fahrverhalten verändern. Viele wollen sicherer, aber auch umweltbewusster fahren.“

Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstandsvorsitzender der Huk-Coburg

Ganz andere Probleme haben indes die Versicherungsberater: Während sich ihre Tätigkeit bis vor wenigen Jahren als Rechtsdienstleistung auf Beratung des Kunden und Empfehlung von Versicherungsprodukten beschränkte, dürfen sie seit Inkrafttreten der neuen Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD im Jahr 2018 nun auch konkrete Policen von Versicherungsgesellschaften vermitteln, sind allerdings verpflichtet, ihren Kunden möglichst Netto-Tarife anzubieten.

Was diese Woche jeder wissen muss …

Das Rückversicherungstreffen in Baden-Baden wirft bereits in dieser Woche seine Schattenseiten voraus. Am kommenden Donnerstag lädt die Swiss Re bereits zu einem virtuellen Pressegespräch mit Deutschlandchef Frank Reichelt ein. Dabei rechnet der Schweizer Rückversicherer wegen der steigenden Zahl von Cyberangriffen und Naturkatastrophen mit einem steigenden Bedarf nach Versicherungsschutz. Dies führe nach Ansicht der Swiss Re auch zu einem deutlichen Anstieg der Versicherungsprämien.

„Da sich die Risikolandschaft weiterentwickelt und die Risiken komplexer werden, muss der Fokus noch stärker auf die Bewertung und Modellierung dieser Risikotrends und die Sicherstellung einer angemessenen Preisgestaltung für die eingegangenen Risiken gelegt werden. Daher nimmt die Bedeutung der Underwriting-Fähigkeiten weiter zu, umso mehr angesichts des anhaltenden Niedrigzinsumfelds. Dementsprechend konzentrieren wir uns bei Swiss Re weiterhin auf den wissenschaftlichen, technologie- und datengetriebenen Underwriting-Ansatz.“

Thierry Léger, Group Chief Underwriting Officer der Swiss Re

Zudem dürften die klima- und wetterbedingten Versicherungsschäden in den Entwicklungsländern bis 2040 um 30 bis 63 Prozent steigen. Allein in Deutschland ist mit einem Anstieg von bis zu 90 Prozent zu rechnen, in China sogar mit bis zu 120 Prozent. Auch die Prämien dürften sich bis dahin mehr als verdoppeln. Zu diesem Ergebnis kam jüngst eine aktuelle Sigma-Studie der Swiss Re.

So erwartet Jérôme Haegeli, Chefvolkswirt des Schweizer Rückversicherers, dass die Folgen des Klimawandels auch die Prämien für die Versicherung von Gebäuden bis zum Jahr 2040 weltweit um 149 bis 183 Mrd. US-Dollar (125 bis 154 Mrd. Euro) nach oben treiben würde. Dabei rechnet die Swiss Re für die gesamte Sachversicherung mit einem jährlichen Beitragsanstieg von 5,3 Prozent von derzeit 450 Mrd. Euro auf rund 1,3 Bio. Euro im Jahr 2040.

„Die langfristig größte Bedrohung für die Weltwirtschaft ist der Klimawandel, und daher ist es besonders wichtig, die Voraussetzungen für langfristig nachhaltiges Wachstum zu fördern. Wenn wir ein nachhaltiges Versicherungssystem aufbauen wollen, das es der Gesellschaft ermöglicht, künftige Risiken zu beherrschen und aufzufangen, müssen wir Risiken und Chancen quantifizierbar machen. Von großer Bedeutung ist unsere Arbeit auch für die Politik, mit der wir das Ziel teilen, Wirtschaftswachstum versicherbar zu machen.“

Jérôme Haegeli, Chefvolkswirt der Swiss Re

Im Unterschied zu Monte Carlo soll der Rückversicherungskongress in diesem Jahr wie gewohnt stattfinden. So hätten die „aktuellen Fortschritte und das weitere Voranschreiten bezüglich der Impfungen und aller anderen Maßnahmen des Gesundheitsschutzes zu kontinuierlich sinkenden Inzidenzwerten geführt. Die derzeitige Wahrscheinlichkeit eines weiteren Rückgangs und eines dauerhaft niedrigen Inzidenz-Niveaus legt nun den Grundstein dafür, ein physisches Branchentreffen im Oktober durchzuführen.“

Was über die Branchengrenzen hinaus wichtig ist

Vor einem politischen Scherbenhaufen dürfte dieser Tage indes der bisherige CDU-Bundesvorsitzende und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet stehen. Sein angekündigter Rückzug auf Raten zeigt derzeit umso mehr die innerliche Zerrissenheit der Union. Laschet hatte erst im Januar den Bundesvorsitz in der CDU übernommen. Dabei hatte er sich parteiintern gegen den früheren Fraktionschef Friedrich Merz sowie gegen den Außenpolitiker Norbert Röttgen durchgesetzt. Ob diese nun erneut ihren Hut in den Ring werfen werden, ist hingegen noch offen.

In Österreich steht der einstige „Wunderwuzzi“ Sebastian Kurz hingegen mit dem Rücken zur Wand. Der einst jüngste Bundeskanzler in der Geschichte der Alpenrepublik hatte in den letzten Jahren einen steilen Politaufstieg hingelegt. Vor allem junge Christdemokraten und die CSU zeigten sich begeistert von seinem vermeintlich konservativen Politikstil.

Das Problem: Der heutige Kanzler und seine Vertrauten sollen 2016 und 2017 für mehr als eine Million Euro aus Steuermitteln geschönte Umfragen und wohlwollende Berichte in einer österreichischen Tageszeitung gekauft haben – also genau in der Zeit des rasanten Aufstiegs, berichtet das Online-Portal t-online. Dabei soll das Geld über den Kauf von Werbeinseraten zu der Zeitung geflossen sein.

So liest es sich zumindest in den Ermittlungsakten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Sowohl Kurz als auch sein politisches Umfeld weisen die Vorwürfe strikt von sich. Am Sonntag trat das einstige politische Wunderkind von seinem Amt als Bundeskanzler zurück. Die Nachfolge soll der bisherige österreichische Außenminister Alexander Schallenberg antreten. Kurz selbst bleibt jedoch ÖVP-Chef und wechsele als Fraktionschef ins Parlament.

Dass Korruption und Geldwäsche leider kein Einzelphänonem sind, zeigen die jüngst veröffentlichten „Pandora Papers“, welche einmal mehr die Offshore-Steueraktivitäten der reichen Eliten der Welt enthüllen sollen. Auf der Liste der Beschuldigten stehen diesmal unter anderem die kolumbianische Sängerin Shakira, der spanische Fußballtrainer Pep Guardiola und das ehemalige deutsche Topmodel Claudia Schiffer. Noch brisanter als die Steuergeschäfte der Prominenten sind jedoch die Machenschaften von weltweiten Spitzenpolitiker:innen. Insgesamt 336 ehemalige oder amtierende Politiker:innen werden durch die Veröffentlichung ebenfalls mit Offshore-Geldern in Verbindung gebracht. Die häufigsten Herkunftsländer dieser Politiker sind die Ukraine (38 Politiker) und Russland (19 Politiker), aber auch viele Orte in Lateinamerika und Afrika. (Stand: 05.10.2021).

Quelle: Statista

Dabei tauchen in der Liste auch die Namen zahlreicher Politiker auf, darunter König Abdullah II. von Jordanien, der Emir von Dubai und Premierminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Mohammed bin Rashid sowie die Präsidenten von Aserbaidschan, Montenegro, Kenia, Ecuador, Gabun, Chile, der Ukraine und der Republik Kongo. Auch die Premierminister der Tschechischen Republik, der Elfenbeinküste, des Libanon und des Emirs von Katar.

„Die Pandora Papers müssen ein Weckruf für die EU-Finanzminister sein. Leider zeichnet sich ein groteskes Bild beim Treffen der EU-Finanzminister ab: Während Journalisten das größte Steuerleak aller Zeiten veröffentlichen, schwächen die EU-Finanzminister ihre Liste der Steueroasen ab. Angesichts florierender Steueroasen ist es absurd, dass die Finanzminister die Steueroasen-Liste aufweichen. Die EU-Liste der Steueroasen taugt kaum etwas im Kampf gegen Steuerflucht. Die Liste ist schlechtes Stückwerk, es fehlen eine Reihe wichtiger Steueroasen. Die Pandora Papers zeigen, dass Milliardäre und Mächtige viele Steueroasen nutzen, die nicht auf der EU-Liste stehen. Zwei Drittel der Briefkastenfirmen in den Pandora-Daten liegen in den Britischen Jungferninseln, die aber auf der EU-Steueroasen-Liste fehlen.“

Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament

Wie brisant das Thema Geldwäsche ist, zeigen auch die aktuellen Zahlen der Financial Intelligence Unit (FIU). So gingen im vergangenen Jahr rund 144.000 Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz ein. Damit hat sich deren Zahl gegenüber 2018 fast verdoppelt.

Quelle: Statista

In den letzten zehn Jahren hat sich das jährliche Meldeaufkommen sogar mehr als verzwölffacht. Von den 2020 eingegangenen Verdachtsmeldungen hatten zwei Prozent einen potenziellen Terrorismusfinanzierungs- beziehungsweise Staatsschutzbezug. 97 Prozent der der Meldungen kommen aus dem Finanzsektor.

Autor: Tobias Daniel

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