Fehler, die Sie bei der Beratung von technischen Versicherungen vermeiden sollten

Bei technischen Versicherungen geht es zu wie in einem Minenfeld - man muss darf nicht ins Fettnäpfchen treten. (Quelle: Free-Photos / Pixabay)

Die Beratung in den Sparten der technischen Versicherung wartet mit einigen Besonderheiten auf. Jedoch kann auch eine Sachversicherung nicht sauber beraten werden, wenn die Abgrenzungen nicht klar sind. Grund genug, die häufigsten Fehler in der Beratung näher zu betrachten. Nach Meinung der Buchautoren Stephan Schmitz und Andreas Knittel sind es derer zehn. Im ersten Teil folgen Hinweise zu den Rängen eins bis drei.

1. Kein Hinterfragen der Versicherungssumme

Unabhängig davon, ob ein Bestandsvertrag besteht oder ein Versichererwechsel bevorsteht; das Hinterfragen der Versicherungssumme ist immer ein Muss. Grundlage der Versicherungssumme ist meist (so in ABE, ABMG und AMB), der Listenpreis (in den bislang am Markt noch nicht umgesetzten zukünftigen GDV-Bedingungen wird sich dies ändern). Beachtet werden müssen hierbei auch Bezugskosten (z.B. Kosten für die Verpackung, Fracht, Zölle oder Montagen), Zubehör- oder Reserveteile.

Wie soll bei Gebrauchtgeräten verfahren werden? Auch hier muss der Listenpreis zugrunde gelegt werden – dessen Ermittlung jedoch oft nicht ganz einfach ist. Handelt es sich um eine fahrbare Maschine, kann – wenn es keinen Listenpreis mehr gibt – auch der historische Listenpreis, der letzte Listenpreis im Neuzustand oder auch der Kauf- oder Lieferpreis bei Spezialanfertigungen als Grundlage dienen. In der Praxis bewähren sich für die Ermittlung des richtigen Listenpreises Maschinenbewertungs- und Preisanalyseprogramme. Bei vielen Versicherern kann schon heute optional als Grundlage der Versicherungssumme der Kaufpreis im Neuzustand vereinbart werden. In den kommenden GDV-Musterbedingungen wird diese Regelung die Listenpreis-Regelung ersetzen. Dies ist deutlich kundenfreundlicher.

Nach der Wahl der richtigen Versicherungssumme wird in der Maschinenversicherung die aktuelle Versicherungssumme auf den Wert März 1971 umgerechnet. Warum diese Umrechnung? Vergleichbar mit dem Wert 1914 der Wohngebäudeversicherung bietet die Anpassung an einen Index Schutz vor zukünftiger Unterversicherung aufgrund von Preissteigerungen. Achten Sie daher in den Policen darauf, welcher Wert zugrunde liegt (absoluter Euro-Betrag oder 3/71).

Verantwortlich für die Ermittlung des richtigen Wertes bleibt jedoch der Versicherungsnehmer, denn die Konsequenzen einer zu geringen Versicherungssumme trägt er allein: Abzüge im Schadenfall aufgrund einer Unterversicherung können beträchtlich sein und den Versicherungsnehmer erheblich treffen. Beispiel: Der Kunde nennt uns bei einer Gebrauchtmaschine Baujahr 2019 den tatsächlich von ihm entrichteten Kaufpreis i.H.v. 50.000 Euro. Dieser Wert wird als Versicherungssumme zugrunde gelegt und daraus der Beitrag ermittelt. Es ist jedoch nicht vereinbart, auf den Kaufpreis im Neuzustand abzustellen, sondern der Regelfall: Listenpreis.

In unserem Beispiel beträgt der aktuelle Listenpreis tatsächlich aber 100.000 Euro. Folge: Es besteht eine Unterversicherung von 50 Prozent! Im Schadenfall – unabhängig davon, ob es sich um einen Teil- oder Totalschaden handelt – werden von der ermittelten Entschädigung 50 Prozent abgezogen. Bei den Projektdeckungen wie der Bauleistungsversicherung hingegen lautet die Regelung, dass der Versicherungswert den endgültigen Herstellungskosten zu entsprechen hat.

Dabei darf nicht vergessen werden, neben den eigentlichen Herstellungskosten auch Stundenlohnarbeiten, Eigenleistungen sowie Baustoffe oder Bauteile zu berücksichtigen. Zu Vertragsbeginn – also (hoffentlich) vor Baubeginn – wird die Versicherungssumme zunächst in Höhe des prognostizierten Versicherungswertes vereinbart. Dieser Wert wird auch als Kontraktpreis bezeichnet. Bis zu diesem Wert ist nun im Schadenfall Entschädigung zu leisten. Die Besonderheit der Bauleistungsversicherung besteht darin, dass es sich verständlicherweise zunächst um einen vorläufigen Wert handelt. Erst am Ende des Bauprojektes erfolgt dann die Endabrechnung mit den tatsächlich angefallenen Kosten des Gesamtprojektes.

Um eine Unterversicherung zu vermeiden, hat der Versicherungsnehmer die Verpflichtung, Änderungen, die den Versicherungswert betreffen, dem Versicherer umgehend zu melden. Bleibt dies aus, wird ein Abzug von der Entschädigung im entsprechenden Verhältnis vorgenommen. Daher ist bei Neuabschlüssen oder auch Versichererwechseln genau auf die Bildung der Versicherungssumme zu achten, damit es im Schadenfall zu keinen Streitigkeiten und unzufriedenen Kunden kommt.

2. Vernachlässigung von BU/Mehrkosten

Die Betriebsunterbrechungsdeckung in TV gehört bereits zu den höheren Weihen der Versicherungstechnik. Häufig wird in der Beratung um dieses Thema ein Bogen gemacht, Kompetenzverlust soll vermieden werden. Jedoch gerät der Kunde in ernsthafte Schwierigkeiten, wenn er nach dem Ausfall seiner Engpassmaschine feststellt, dass der Sachschaden an dieser Maschine deutlich geringer ausfällt als der Folgeschaden: Die komplette Produktion ruht, Kosten laufen weiter aber die Umsätze versiegen. Sollte sich der Kunde aus Prämiengründen gegen eine vollwertige Betriebsunterbrechungsdeckung entscheiden, sollte ihm eine Mehrkostendeckung ans Herz gelegt werden. Sein entgangener Gewinn bleibt so unversichert, aber zumindest werden die sachschadenbedingten Mehrkosten erstattet.

Ist eine Betriebsunterbrechung vereinbart, sollte die Auskömmlichkeit der Haftzeit kritisch hinterfragt werden. Der Zeitpunkt zur Wiederherstellung der technischen und kaufmännischen Betriebsbereitschaft nach einem Schadenfall kann auch durch das Ausbleiben einer behördlichen Genehmigung empfindlich nach hinten verschoben werden. Auch konjunkturbedingte verlängerte Lieferzeiten – insbesondere bei ausländischen Fabrikaten – sollten nicht unberücksichtigt bleiben. Ersatzteile oder Neumaschinen, die üblicherweise in kurzer Zeit zur Verfügung stehen, können auch über lange Zeit gar nicht lieferbar sein.

3. Projektsparten für Neuerwerb/Kein Thematisieren von Neubau

Lässt der VN erkennen, dass er einen Neubau oder den Erwerb einer neuen Maschine plant, ist auf die Notwendigkeit einer entsprechenden Projektdeckung hinzuweisen. Handelt es sich um eine neue Maschine, reicht nicht der Hinweis, dass diese über die Position „Investitionsvorsorge“ in der Sachversicherung Deckung findet (dies trifft zwar zu – aber auch hier: Meldefrist beachten!).

Doch stellen die Bestandsdeckungen auf die „Betriebsbereitschaft“ ab. Im Beschaffungsprozess sind jedoch bis zu diesem Zustand einige Wegstrecken vorab zu bedenken: Wie sind die Incoterms geregelt und wer trägt das Risiko des Transportes? Die Lösung: Die nicht auskömmliche Haftung der Verkehrshaftung kann über die Deckung „Warentransportversicherung“ geheilt werden.

Nach dem (unbeschädigten) Abladen am Werksgelände steht anschließend die Montage an. Eigene oder fremde Monteure beginnen mit dem Aufbau; es folgen die kalte und warme Inbetriebnahme. Beendet wird ihr Werk mit Abnahme des VN nach erfolgreichem Probebetrieb. Während dieser Phase bietet nur die Montagedeckung umfassenden Versicherungsschutz. Bei einem geplanten Neu- oder Anbau muss der VN auf die Verteilung der Gefahr nach VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) hingewiesen werden. Auch wenn im Werkvertrag eine „schlüsselfertige“ Fertigstellung geschuldet wird, schränken die VOB die Gefahrtragung des Auftragnehmers empfindlich ein. Tritt ein Schaden durch höhere Gewalt (wie z.B. ein Elementarereignis) ein, haftet der Bauherr selbst. Daher ist es heute üblich, sich vor diesen Risiken durch eine Bauleistungsversicherung zu schützen.

Lesen Sie den vollständigen Beitrag sowie weitere Fehler in der aktuellen Ausgabe im E-Vertriebsmagazin Der Vermittler.

Autoren: Stephan Schmitz und Andreas Knittel, Autoren des Buches „Technische Versicherungen, Leitfaden für die Praxis.“ 2021, Verlag Versicherungswirtschaft. ISBN: 978-3-96329-274-3

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