Profitabilität teilweise „mangelhaft“: Cyberversicherung bald Geschichte?

Hacker am Werk. Quelle: Bild von Robinraj Premchand auf Pixabay.

Werden steigende Schadenquoten in der Cyberversicherung zum Problem? Immerhin 13 Prozent der Befragten einer Untersuchung bezeichneten die Profitabilität in diesem Segment als „mangelhaft“, zusätzliche sieben Prozent als „ausreichend“. Die Studie zeigt, alle Beteiligten müssen nun ihre Hausaufgaben machen und sich kompetenter und sachgemäßer aufstellen.

Der Goldgräberstimmung in der Cyber-Versicherung muss die Professionalisierung der Sparte folgen. „Die Unternehmen investieren massiv in IT-Sicherheit. Diesen Prozess müssen Versicherer und Vermittler aktiv begleiten“, sagt Prof. Hubert Becker von Instinctif Partners bei der Vorstellung der gemeinsam mit der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH erstellten Studie zum Cyber-Versicherungsmarkt. Die Versicherer müssten die Dienstleistungen in der Prävention sowie im Schaden- und Krisenmanagement stärker steuern. „Denn das Risiko wird nicht mehr sinken“, prognostiziert Assekurata-Geschäftsführer Dr. Reiner Will. Noch habe die Branche keine Massenschäden regulieren müssen.

Für die Studie „Quo vadis Cyber-Insurance 2021 – Auf Goldgräberstimmung folgt Professionalisierung“ wurden im März und April 2021 zum zweiten Mal in Folge 40 Erst- und Rückversicherer mit einem Cyber-Angebot sowie 19 Groß- bzw. Spezialmakler online befragt. Inzwischen böten 42 Versicherer Cyber-Deckungen, was zeige, wie dynamisch sich der Markt entwickelt, so Will. Die Studie basiert auf 26 vollständig beantworteten Fragebögen und kann angefordert werden.

Lag die Schadenquote 2019 bei 88 Prozent der Studienteilnehmer noch unter 50 Prozent, kamen 2020 nur noch 47 Prozent auf einen derartigen Wert. Mehr als 30 Prozent der Befragten nannten eine Quote zwischen 50 und 75 Prozent. Die Übrigen verteilen sich praktisch gleichmäßig auf die drei Schaden-Kategorien „75 bis 100“, „100 bis 125“ und „über 125“ Prozent. Insgesamt werde die Profitabilität als „noch gut“ beschrieben, so die Studienautoren. Allerdings bezeichneten 13 Prozent die Profitabilität in diesem Segment als „mangelhaft“ und sieben Prozent als „ausreichend“.

Reichen die Prämien?

Die Schadenerfahrungen und die Risikoentwicklung sorgten für allgemeine Skepsis, ob die gegenwärtigen Prämienniveaus langfristig auskömmlich seien. 79 Prozent der Befragten beobachteten steigende Schadenzahlen, weshalb die Erhöhung der Prämien mittelfristig immer wahrscheinlicher werde. Hielten 2019 noch 44 Prozent die Prämien für langfristig auskömmlich, sind es 2021 nur noch 14 Prozent. Gleichzeitig berichteten die Befragten aber über mehr prämienseitigen Wettbewerbsdruck, so Will. Bei den Bedingungen habe der Wettbewerb dagegen nachgelassen, was vielleicht auf einen Standardisierungseffekt zurückzuführen sei.

Das Hauptrisiko liege in der Betriebsunterbrechung (BU). So entfiel 2020 knapp die Hälfte des Schadenaufwands auf BU, rund 30 Prozent auf die Wiederherstellung von Daten und zehn Prozent auf Drittschäden. Für Assistance wurden im Median 20 Prozent aufgewendet, dabei schwankte dieser Aufwand allerdings zwischen fünf und 100 Prozent. Diese Leistungen seien ein „sehr relevanter Teil“ der Unterstützungsleistung, so Becker. Sie sollten daher auch im Vertrieb eine stärkere Rolle spielen. Bisher gebe es Assistance zur Prävention und zur Risikominimierung oft nur für große Kunden. „Prävention ist noch kein Standard – weder beim Angebot noch bei der Nachfrage. Das ist eine Baustelle, an der es noch zu arbeiten gilt“, so Becker. Die wichtigste Unterstützungsleistung ist die IT-Forensik mit einer Inanspruchnahme von mehr als 50 Prozent. Beratungen in Rechtsfragen oder in der Krisenkommunikation sind in etwa 15 Prozent der Fälle relevant.

„Die größten Motivatoren für den Abschluss einer Cyber-Deckung sind weiterhin konkrete Schadenerfahrungen, inzwischen gefolgt von der öffentlichen Berichterstattung über Cyber-Vorfälle“, sagt Becker. Jeweils mehr als 80 Prozent der Befragungsteilnehmer sehen diese Faktoren als zentrale Absatztreiber. 2019 lagen diese Werte noch bei 63 beziehungsweise 41 Prozent.

Einen deutlichen Einfluss auf das Nachfrageverhalten hat nach Ansicht der Marktteilnehmer auch die COVID-19-Pandemie. Der damit einhergehende Digitalisierungsschub und der Ausbau mobilen Arbeitens dürften dafür verantwortlich sein. In vielen Branchen steigt hierdurch die Risikoexposition, was sich positiv auf den Absatz von Cyberschutz auswirkt. Entsprechend gehen 76 Prozent der Versicherer und 89 Prozent der Vermittler davon aus, dass durch COVID-19 die Nachfrage gestiegen ist.

Wie entwickelt sich der Markt

2019 waren drei Viertel der Marktteilnehmer der Meinung, dass sich der Cyber-Schutz zu den wichtigsten Versicherungsleistungen am deutschen Markt entwickelt, 2021 gaben dies 93 Prozent an. Die Nachfrage ist vor allem im Industriesegment gestiegen. Hier sehen 80 Prozent eine steigende Nachfrage; im Bereich KMU/Gewerbe sind es 54 Prozent.

40 Prozent der Befragten erwarten (stark) steigende Kapazitäten in den Bereichen Industrie und KMU/Gewerbe. Allerdings sehen (ausschließlich) im Bereich Industrie auch 20 Prozent der Anbieter sinkende Kapazitäten. Das lässt auf eine steigende Risikowahrnehmung und Ansätze einer Marktkonsolidierung schließen. Steigende Kapazitäten im Privatsektor erwarten nur 20 Prozent. „Da das Gefahrenpotenzial nicht schrumpft, kann sich das Angebot an verfügbarer Deckungskapazität vor allem für Industrierisiken als Engpass und damit als entscheidender Wettbewerbsfaktor herausstellen“, so Will.

Autor: Monika Lier