Bereit für „New Normal“? Starke Unterschiede bei der digitalen Performance zwischen Versicherern

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Nicht nur der Kundenwunsch nach digitalen Kontaktmöglichkeiten zum Versicherungsberater ist deutlich gestiegen. Auch das Verhalten der Kunden hat sich verändert, wie die jährlich durchgeführte Marktstudie KUBUS Versicherung zeigt. 2018 zählte noch jeder fünfte Versicherungskunde zum Segment der „Digital Lover“, 2020 ist es bereits jeder Dritte. Ein Gastbeitrag von Torben Tietz, Michael Schulte und Christoph Pitter, MSR Consulting Group.

Pure Digital verfehlt das Ziel – Omnikanal-Fähigkeiten sind stark gefragt

Die breite Masse der Kunden wünscht sich jedoch nicht den rein digitalen Anbieter, der Omnikanal-Champion wird das Herz des Kunden gewinnen. So nimmt insbesondere der digitale Kontakt zum Betreuer zu. Auch für junge Kunden spielt der Betreuer weiterhin eine wichtige Rolle – im Gesamtkonzert der Kontaktkanäle.

Beim Tempo der Digitalisierung trennt sich die Spreu vom Weizen

22 deutsche Versicherer wurden im Rahmen einer Sonderauswertung der von MSR durchgeführten KUBUS Privatkunden-Studie im Hinblick auf ihre Entwicklung bei der Digitalisierung seit 2018 analysiert. Dabei zeigt sich, dass es im Versicherungsmarkt klare Vorreiter und Nachzügler bei der Digitalisierung gibt.

Quelle: MSR Consulting Group

Erfolgsfaktor 1: Nutzerzentrierung – Digitalisierung ist kein Selbstzweck

„Es geht vielmehr um Kundenzentrierung als um Technik“, sagt Matthias Schreiber von der Ottonova Krankenversicherung. „Dabei ist der größte Fehler, zu denken, man wisse, was der Kunde möchte.“ Auch Sebastian Marski von der VGH betont: „Die Kundenorientierung muss konsequent in den Mittelpunkt aller Aktivitäten gestellt werden.“ Die Marktforschung nimmt dabei eine zentrale Rolle ein, die Kundenbedürfnisse zu ermitteln.

Eine wesentliche Zielgruppe für die Digitalisierungsverantwortlichen sind auch die Vertriebspartner vor Ort. Bei Ihnen geht es darum, Akzeptanz zu schaffen und Potenziale aufzuzeigen. Große Potenziale für diese Akzeptanz sieht Marc Lüke von der Signal Iduna vor allem in der Verzahnung der Vorteile des klassischen Vertriebs mit denen der Digitalisierung (hybrider Vertrieb).

Erfolgsfaktor 2: Strategische Verankerung

Ein wesentlicher Erfolgsbestandteil der Digitalisierung ist die strategische Verankerung, sagt Marc Lüke: „Das ‚Warum‘ muss im Haus verstanden werden.“ Die konsequente Verankerung im Visionsprogramm der Signal Iduna ist für ihn ein wesentlicher Grundpfeiler für den Erfolg.

Sebastian Marski von der VGH betont, dass sich Unternehmen bei allen Möglichkeiten und Potenzialen der Digitalisierung, stets die Frage stellen müssen, was sie dem Kunden digital ermöglichen möchten. „Das Angebot muss zur Positionierung passen. Eine reine Selbstversorgung ist nicht das Ziel und funktioniert auch nicht“, führt Marski aus.

Erfolgsfaktor 3: Organisationsstruktur – Aufbrechen von Silos

Die Signal Iduna hat mit ihrem Visionsprogramm eine Top-Down Strategie gestartet, die insbesondere die Agilisierung und konsequente Ausrichtung der Organisation nach Kundenbedürfnissen zum Ziel hatte. Diese Neuorganisation nach Kundenanlässen ist laut Lüke ein wesentliches Erfolgsgeheimnis und das Fundament für eine nutzerzentrierte und digital geprägte Ablauforganisation.

Dies bestätigt Marski ebenfalls für die VGH. Themen der Digitalisierung ließen sich nur bearbeiten, wenn alle Perspektiven zusammenkommen: „Der Kunde möchte genau eine App haben, nicht 100. Nur durch eine zentrale Koordination lässt sich das sicherstellen.“ Die Koordination im Vertrieb, also in einem kundennahen Bereich anzusiedeln, sieht Marski als wichtigen Erfolgsfaktor für die VGH.

Erfolgsfaktor 4: Testkultur – Einfach mal ausprobieren

Es sei entscheidend, nicht von Beginn an die perfekte Lösung anzustreben, sondern schnell zu starten und nach und nach Funktionalität hinzuzufügen, führt Marski aus: „Wer alles am Reißbrett vorplant, wird niemals fertig“, erklärt er. Dafür würden sich die Anforderungen zu schnell ändern und man hätte auch nicht die Möglichkeit, verschiedene Varianten auszuprobieren.

Erfolgsfaktor 5: Offenheit für Kooperationen – man muss nicht alles selbst machen

Die Zeiten als Insuretechs von den klassischen Anbietern als Gefahr wahrgenommen wurden, sind vorbei. Vielmehr besteht eine hohe Offenheit zur Zusammenarbeit. Bei der Digitalisierung müsse in Partnerschaften gedacht werden. Vieles wäre heute noch nicht so weit, wenn alles in-house programmiert worden wäre, erklärt Marski.

Eine neue Bereitschaft und Offenheit für Kooperationen zwischen den rein digitalen Playern und den traditionellen Versicherern spürt auch Ottonova, die damit beginnt einzelne Komponenten ihrer modular konzipierten Systeme den Mitbewerbern zur Verfügung zu stellen.

Quelle: MSR Consulting Group

Fazit: Zusammengefasst zeigen sich übergreifende Trends im Versicherungsmarkt beim Thema Digitalisierung:

  • Die Bedeutung der Digitalisierung ist im Markt gestiegen.
  • Agile Methoden haben sich durchgesetzt.
  • Die Ausrichtung auf den Kunden ist entscheidend.
  • Kooperationen und Joint Ventures gewinnen an Bedeutung.

Wer noch nicht konsequent an einer Umsetzung arbeitet, sollte beginnen, das zu tun. Denn gerade in digitalen Märkten gibt es immer wieder „The Winner takes it all“-Szenarien.

Autoren: Torben Tietz, Michael Schulte und Christoph Pitter

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