Mumenthaler: „Kauf von Versicherungen ist für den menschlichen Verstand schwierig“

Christian Mumenthaler, CEO der Swiss Re. Quelle: Swiss Re

Die Swiss Re hat besonders im ersten Halbjahr 2020 tiefrote Zahlen wegen Corona geschrieben. Dennoch will Konzernchef Christian Mumenthaler den Verkauf von Versicherungspolicen attraktiver machen. Dafür setzt der Rückversicherer verstärkt auf Kooperationen: „Ich kann mir vorstellen, dass in Partnerschaften mit Industriepartnern ein breites Geschäftsfeld steckt“.

So will der Schweizer Rückversicherer mit dem Automobilbauer Daimler „in einem Gemeinschaftsunternehmen volldigitale Auto- und Mobilitätsversicherungsprodukte entwickeln. Wir möchten eine Plattform kreieren, die Versicherungsprodukte in den Autokaufprozess integriert und somit eine einheitliche Kundenerfahrung schafft. Wir starten 2021 in Frankreich und planen in den kommenden Jahren, weitere Märkte in und außerhalb von Europa zu erschließen“.

Ein weiterer Fokus liegt für den Rückversicherungsmanager im Industriegeschäft. „Noch stehen wir am Anfang, und neue Produkte zu entwickeln ist immer zeitaufwendiger, als man denkt. Aber längerfristig sehe ich viel Potenzial. Ich kann mir vorstellen, dass in Partnerschaften mit Industriepartnern ein breites Geschäftsfeld steckt. Es wird nicht den gesamten Versicherungsmarkt einnehmen, aber bei einer Plattform wie iptiQ bestehen enorme Wachstumsmöglichkeiten – da bin ich mir sicher“, erläutert Mumenthaler im Gespräch mit dem Handelsblatt.

„Der Kauf von Versicherungen ist für den menschlichen Verstand schwierig, weil wir uns dann mit negativen Gedanken beschäftigen und über Wahrscheinlichkeiten nachdenken müssen. Kein Mensch setzt sich abends hin und hat Spaß daran, sich eine neue Police auszusuchen – darum haben es selbst coole und günstige digitale Versicherer so schwer.“

Christian Mumenthaler, Vorstandsvorsitzender der Swiss Re

Dabei sei das gegenseitige Interesse durchaus vorhanden: „Viele Unternehmen stehen unter Druck, von den Autoherstellern bis hin zu den Warenhäusern. Wer Kundenkontakt hat, überlegt deshalb, welche anderen Services er anbieten kann. Das ist ein Megatrend, denn der Druck ist in vielen Industrien groß genug“.

Bei Zukäufen gibt sich der Konzernchef der Swiss Re jedoch zurückhaltender: „Wir denken immer über Zukäufe nach. In der Rückversicherung sind wir aber schon in allen Ländern sehr groß. Eine Übernahme im Rückversicherungsbereich wäre also nicht strategisch. Allenfalls ist eine rein finanzielle Transaktion denkbar.“

„Betriebsunterbrüche hatten die Versicherer nicht auf ihrem Radar“

Allerdings gibt Mumenthaler auch zu, dass die Branche von der Corona-Pandemie auf dem falschen Fuß erwischt worden sei. Demnach hätten die Versicherer in ihren Modellen nicht mit pandemiebedingten und von den Regierungen verordneten Lockdowns gerechnet. „Die gesamte Industrie wird nun einige ihrer Modelle überprüfen müssen. „Das Thema der Betriebsunterbrüche hatten die Versicherer nicht auf ihrem Radar – es war nicht vorhersehbar“, sagte er im Interview mit der Financial Times.

„Die einzig gangbare Option besteht meiner Meinung nach darin, dass die Regierungen, die ohnehin einspringen mussten, sich über neue, effizientere Mechanismen zur Bewältigung der nächsten Pandemie Gedanken machen müssen.“

Christian Mumenthaler, Vorstandsvorsitzender der Swiss Re

Dabei gehen die Ökonomen des Schweizer Rückversicherers davon aus, dass die Branche in der Sach- und Haftpflichtversicherung durch Corona verursachte Schäden im Umfang von 50 bis 80 Mrd. US-Dollar zu tragen hat. Die Swiss Re rechnet mit Corona-Kosten von rund drei Mrd. US-Dollar, von denen knapp 700 Mio. US-Dollar auf das Life&Health-Geschäft entfallen dürften.

Autor: VW-Redaktion

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