Versicherer leiden unter „sehr niedrigem Grad der Technisierung“ in der Schadenbearbeitung

Quelle: geralt / Pixabay

Die Digitalisierung der Versicherungswirtschaft ist in vollem Gange. In vielen Bereichen wurden große Fortschritte gemacht. Gleichwohl bleibt viel zu tun. Denn die neue Normalität mag zwar mehr im digitalen Raum stattfinden und weniger Papier erfordern, führt aber oftmals nicht wirklich zu einer Effizienzsteigerung. Das betrifft insbesondere die Schadenbearbeitung, die häufig noch stiefmütterlich behandelt wird. Ein Gastbeitrag von Claimsforce-CEO Nils Mahlow.

Woran es mangelt, ist allerdings weniger die große strategische Zukunftsvision einer hocheffizienten, vernetzt arbeitenden und möglichst medienbruchfreien Abwicklung, sondern an der Umsetzung mit den richtigen Technologien. Dabei geht es sowohl um die Qualität der Schadenbearbeitung als auch um die Geschwindigkeit und Effizienz der Prozesse.

Bremsklotz Altsysteme

Einer der Gründe für die bislang mangelnden Fortschritte ist der sehr niedrige Grad der Technisierung in der Schadenbearbeitung. Der Anteil IT-gestützter Prozesse an der Wertschöpfung liegt gerade einmal bei 15 Prozent. Die aktuelle technische Ausrüstung der Versicherungen und Regulierer ist komplex und überaltet. Die Investitionen in die IT-Systeme dienen vor allem der Pflege, Wartung und Migration von Altsystemen. Die Ausgaben in diesem Bereich sind laut der aktuellen Sigma Studie zu Maschinenintelligenz bei Versicherungen von der Swiss Re nicht nur fehlgeleitet, sondern auch zu niedrig.

Eine Nutzung vorhandener Daten oder gar eine Schadensteuerung auf Basis von Data Analytics findet praktisch nicht statt, obwohl massive Datenmengen vorliegen bzw. im Rahmen der Prozesse generiert werden. Doch diese Daten werden nicht systematisch und erschließbar erfasst und zusammengeführt.

Hinzu kommt, dass die schüchternen Ansätze zur Verbesserung der Prozessunterstützung bislang eher zur Frustration der Nutzer als zur Unterstützung beigetragen haben. Dementsprechend gering sind die Akzeptanz und Nutzung.

Schlüsseltechnologien für eine echte Transformation

Eine digitale Transformation erfordert die Nutzung von Daten unter Einbezug von Künstlicher Intelligenz (KI). Dazu werden große Datenmengen strukturiert erfasst und nutzbar gemacht. Dies schafft eine fundierte Entscheidungsgrundlage und ermöglicht eine Vereinfachung und Vereinheitlichung von Prozessen.

Im Bereich Schadenbearbeitung, insbesondere der höheren Schadenkategorien im Kompositbereich, liegt ein riesiges Potenzial. Klassische Ziele sind unter anderem die Steigerung der Kundenzufriedenheit, eine effizientere Bearbeitung und eine Senkung der Schadenkosten aus Versicherersicht.

Die reine „Elektrifizierung“ bestehender Prozesse wird die Schadenbearbeitung aber nicht revolutionieren können. Es bedarf vielmehr eines Neuanfangs auf Basis zukunftsweisender Technologien, die es erlauben die Schwachstellen zu überwinden. Der Schlüssel dazu ist der Einsatz von Data Analytics, verbunden mit modernen Nutzerschnittstellen, die eine leichte und prozessadäquate Nutzung in den verschiedenen Anwendungszusammenhängen von der Schadenmeldung über die die Disposition bis hin zur Regulierung und Einbindung des Kunden ermöglichen.

Eine Vereinheitlichung in der Schadenaufnahme sorgt für strukturierte Daten, die besser verarbeitet und analysiert werden können. Durch die effizientere Befüllung der KI hinter der Software können die Nutzer auf bessere Entscheidungsgrundlagen zurückgreifen und somit effizienter agieren. Dies vereinfacht den Prozess und sorgt langfristig für bessere Datenlagen und einen gesamthaften Überblick für Versicherer, Sachverständige, Handwerks- und Reparaturbetriebe bis hin zu Herstellern, zum Beispiel von Heizungs- und Rohrsystemen.

Wichtige Bausteine dafür sind:

  • Management Cockpits auf Basis von umfangreichen Data Analytics zur Steuerung der Schadenbereiche
  • Eine hervorragende Nutzbarkeit durch ein entsprechendes situationsadäquates UX-Design, unter anderem im Bereich der mobilen Nutzung
  • Unterstützung der Anwender durch datengetriebene Modelle, um bessere Entscheidungen zu treffen.

Klare Paradigmen der Anwendungsentwicklung

Die Umsetzung dieser Anforderungen lässt sich nach unserer Erfahrung durch zwei wesentliche Elemente der Anwendungsentwicklung erreichen: Auf der technischen Seite werden Machine Learning-Modelle in die Anwendungen eingebunden, die entscheidenden Mehrwert schaffen können. Konkrete Erfahrung konnte claimsforce damit bereits bei der Steuerung und Disposition von Schäden sammeln. Auf Basis der Analyse der Prozessdaten sind erhebliche Effizienzvorteile nachweisbar.

Eine exzellente Nutzbarkeit der Software ist nur zu erreichen, indem bereits in der Entwicklung die Anwender intensiv beteiligt werden und immer wieder ihre Bewertung aktiv einbringen können. Jede noch so gute Prozessbeschreibung wird ohne praktische Erprobung und die Realitätserfahrung der Nutzer theoretisch bleiben.

Die intuitive Bedienbarkeit der Lösungen und die exzellente Nutzbarkeit von claimsforce Produkten sorgt für eine höhere Affinität auf Nutzerseite. Die Lösungen werden im Austausch mit den Anwendern der Kooperationspartner entwickelt und auf dieser Basis optimiert. Die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer der Produkte werden somit in den Prozess intensiv eingebunden. Digitalisierung wird dadurch nutzbringend wahrgenommen und als klarer Vorteil im Arbeitsalltag gewertet. Damit wird neben dem technologischen Anspruch auch der zweite relevante Punkt in der digitalen Transformation im Schadenbereich abgedeckt. Überzeugte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kombiniert mit Transparenz und einer effizienten Prozessteuerung sorgen für eine positive Wahrnehmung der Schadenbearbeitung.

Autor: Nils Mahlow, Gründer und CEO von Claimsforce

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