Versicherungen in Not: Kunden vertrauen Amazon und Co. wegen Covid deutlich stärker

Quelle: Bild von Pete Linforth auf Pixabay

Winter is coming –  BigTechs und weitere neue Akteure drängen auf den Versicherungsmarkt. Versicherer müssen daher dringend die nötigen Fähigkeiten aufbauen, um den gestiegenen digitalen Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden – und dazu neue Wege gehen. Zu diesem Schluss kommen Capgemini und Efma im heute veröffentlichten World InsurTech Report 2020 (WITR).

Seit Beginn der Coronapandemie haben Versicherungskunden digitale Kanäle intensiver genutzt als zuvor. Damit sind auch ihre Erwartungen an diese Informations-, Vertriebs- und Kommunikationswege gestiegen. Für Versicherer wird dadurch die Digitalisierung dringlicher und externe Partner gewinnen für sie an Attraktivität, sagen die Studien-Verantwortlichen.

Der WITR 2020 sieht daher wachsende Chancen für Insurtechs mit „kooperativen Geschäftsmodellen“. Als mögliche Kooperationspartner der Versicherer kommen aufgrund ihres vorbildlichen Nutzererlebnisses zudem BigTechs in Betracht. Allgemein verschwimmen die Grenzen zwischen Versicherungen, Insurtechs, BigTechs und Technologiepartnern. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich die etablierten Versicherer in entscheidenden Bereichen verbessern – etwa in Sachen Kundenzentriertheit, bei intelligenten Prozessen, der Produktflexibilität und offenen Ökosystemen.

„Zur Konkurrenz jedes Versicherers zählen neben anderen Versicherungsunternehmen mittlerweile BigTechs und weitere neue Akteure mit einem hervorragenden Kundenerlebnis“, sagt Gunnar Tacke, Managing Business Analyst bei Capgemini. „Sie können aber auch gute Partner sein. Durch skalierbare Zusammenarbeitsmodelle mit Insurtechs etwa können Versicherer ihre Digitalisierung schneller und effizienter voranbringen, ihre Kundenbeziehungen vertiefen und im Wettbewerb mithalten.“

Coronapandemie beeinflusst Kundengewinnung

Corona trifft die Teilsektoren des Versicherungsmarktes auf unterschiedliche Weise: Lebens- und Krankenversicherungen erlebten einen Anstieg der Schadenfälle, während Reise- und Kfz-Versicherungen einen Rückgang verzeichneten. Alle Sparten aber bemerkten Veränderungen des Kundenverhaltens. Obwohl mittlerweile über 90 Prozent der etablierten Versicherer weltweit – in Deutschland 100 Prozent – in der Lage sind, ihre Geschäftstätigkeit remote auszuüben, bemerkten sie Auswirkungen der Pandemie auf die Neukundengewinnung.

 Gegenüber 57 Prozent im April sagten im Juli 61 Prozent der Versicherer weltweit, dass sich Corona auf die Neukundengewinnung auswirkt. In Deutschland meinte dies im Juli jeder zweite Versicherer.

COVID-19 ist nicht die einzige Gefahr für die Kundengewinnung und -bindung. BigTechs wie Amazon oder Google legen die Messlatte für Kundenerlebnis und während der Pandemie höher, indem sie den Verbrauchern krisensichere Prozesse, Echtzeit-Reaktionen und eine intuitive Kundenbetreuung bieten. Die Bereitschaft der Versicherungsnehmer, Versicherungen von BigTechs zu kaufen, ist von 17 Prozent im Jahr 2016 über 36 Prozent im Januar 2020 auf 44 Prozent im April 2020 gestiegen.

Um mit BigTechs konkurrieren zu können, müssen Versicherer Prioritäten setzen und sich auf die entscheidenden Themen konzentrieren. Angesichts der aktuellen Geschäftsdynamik und Auswirkungen von COVID-19 halten 94 Prozent der Versicherer weltweit sowie 88 Prozent in Deutschland ein überragendes Kundenerlebnis für zentral, 90 Prozent international bzw. 88 Prozent in Deutschland krisensichere Prozesse und 87 Prozent bzw. 75 Prozent Echtzeit-Reaktionen. Ein fürsorglicher Partner zu sein ist in den Augen von international 86 Prozent der Versicherungshäuser sowie 75 Prozent hierzulande entscheidend. Bedarfs- und nutzungsbasierte Versicherungen (Insurance-as-a-utility) halten weltweit 70 Prozent und 25 Prozent der Versicherer in Deutschland für wichtig.

Über digitalisierte Prozesse verfügen international 29 Prozent der Versicherer, in Deutschland schon jeder zweite. Bei Cloud-Nutzung und offenen APIs haben Versicherer teils großen Nachholbedarf: Nur 49 Prozent weltweit – aber 63 Prozent in Deutschland – sind Cloud-native-Unternehmen; offene APIs haben weltweit bislang 35 Prozent und in Deutschland 13 Prozent implementiert. Lediglich 19 Prozent der befragten Versicherer weltweit – doch 38 Prozent der deutschen – gaben an, über durchgängig automatisierte Prozesse zu verfügen. International 29 Prozent bzw. 17 Prozent in Deutschland beherrschen human-centered Design (HCD).

Mehr Wettbewerb?

„Versicherer müssen in allem, was sie tun, kundenorientierter werden“, rät John Berry, CEO von der globalen Non-Profit-Organisation Efma. „Die Reife von Insurtechs und ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit, um Versicherern neue Technologielösungen zu bieten, nehmen zu und helfen den Versicherern, die steigenden Erwartungen der Kunden zu erfüllen.“

Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit ist der effizienteste Weg zu Technologie, um auf dem Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Das wissen auch die Versicherer:

• 67 Prozent der Versicherer weltweit und 50 Prozent in Deutschland wollen mit Insurtechs zusammenarbeiten.

• 83 Prozent der Insurtechs weltweit und 77 Prozent der deutschen sind an Partnerschaften mit Versicherern interessiert. 85 Prozent der Insurtechs international sowie 92 Prozent in Deutschland wollen mit Technologieanbietern kooperieren.

• Mehr als 60 Prozent sowohl der Versicherer als auch der Insurtechs weltweit sind an einer Zusammenarbeit mit BigTechs interessiert. In Deutschland trifft dies auf 54 Prozent der Insurtechs zu, aber noch nicht auf etablierte Versicherer.

Zur Studie:

Der World InsurTech Report (WITR) 2020 betrachtet alle drei großen Versicherungssegmente: Lebens-, Nichtlebens- und Krankenversicherung. Die diesjährige Ausgabe stützt sich auf Forschungsergebnisse aus zwei Primärquellen: Quantitative sowie qualitative Befragungen von traditionellen Versicherungsunternehmen und InsurTech-Firmen. Diese Primärforschung umfasst Angaben von mehr als 175 Führungskräften in 26 Märkten: Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Hongkong, Indien, Israel, Italien, Japan, Kanada, Kroatien, Mexiko, die Niederlande, Österreich, Schweden, die Schweiz, Singapur, Spanien, Südafrika, Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate, das Vereinigte Königreich und die USA.

Autor: VW-Redaktion

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