Rendite über Umwege: Wie die EZB-Geldpolitik für neue Anlageformen sorgt

Quelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Die lockere Geldpolitik der EZB und die daraus resultierende Probleme bei europäischen Staatsanleihen lassen die etablierte Geldanlage-Struktur an ihre Grenzen stoßen. Jetzt sind kluge Alternativen bei Investments gefragt.

Versicherer haben in der Kapitalanlage traditionell einen starken Fokus auf festverzinslichen Wertpapieren, da diese u.a. über gut planbare Cashflows verfügen und mit vergleichsweise weniger Solvenzkapital hinterlegt werden müssen als andere Assetklassen. Lebens- und Krankenversicherer weisen mit über 80 Prozent einen besonders hohen Anteil an festverzinslichen Wertpapieren aufgrund von ALM-Überlegungen bzw. der Notwendigkeit ordentlicher Erträge auf.

Demgegenüber investieren SHUK-Versicherer verstärkt in Aktien und Beteiligungen, da sie zum einen für gewöhnlich über eine gute Kapitalausstattung verfügen und damit in der Lage sind, höhere Risiken in der Kapitalanlage einzugehen. Zum anderen sind sie im Vergleich zu Lebens- und Krankenversicherern in geringerem Maße auf ordentliche Erträge angewiesen.

Die lockere Geldpolitik der EZB und die daraus resultierenden niedrigen bzw. teils negativen Renditen bei europäischen Staatsanleihen lassen diese etablierte Kapitalanlagestruktur an ihre Grenzen stoßen. So haben 31 von 79 Lebensversicherer es in zwei der drei Jahre von 2016 bis 2018 nicht geschafft, die Garantieverpflichtungen aus ihren Kapitalerträgen zu erwirtschaften.

Da eine Änderung dieses Marktumfelds in naher Zukunft nicht in Aussicht steht, sind Versicherungsunternehmen gezwungen, nach Assetklassen zu suchen, die als Substitut bzw. Ergänzung festverzinslicher Wertpapiere angemessene (ordentliche) Erträge erwirtschaften bei gleichzeitig moderater Belastung der Risikotragfähigkeit. In diesem Zusammenhang beschäftigen sich viele Versicherer vermehrt mit alternativen Investments.

Als „traditionelle“ Investments werden von den Unternehmen in der Praxis in Anlehnung an die obigen Analysen Long-Positionen in Aktien, Anleihen und Cash angesehen. Alternative Investments sind hingegen Anlagen, die aus der Definition der traditionellen Investments herausfallen, weil sie nicht an öffentlichen Märkten gehandelt werden, oder weil komplexe Anlagestrategien – wie Long/Short Hedgefonds- Strategien verfolgt werden.

Alternative Investments gewinnen in der Kapitalanlage grundsätzlich weltweit an Bedeutung und bilden im Jahr 2018 16 Prozent der Assets under Management ab mit stetigem Wachstum. Neben einem teils attraktiven Rendite-Risiko-Profil von alternativen Anlagen wird von Investorenseite das grundsätzlich hohe Diversifikationspotenzial gegenüber traditionellen Assetklassen für ihre zunehmende Beliebtheit angegeben.

Der Trend hin zu alternativen Anlagen ist auch in der Kapitalanlage von Versicherern zu beobachten. Präferiert werden im aktuellen Niedrigzinsumfeld vor allem Investitionsmöglichkeiten mit stetigen und gut vorhersagbaren Cashflows bei angemessenem (ordentlichen) Ertrag mit akzeptablen Kapitalanforderungen. Vor diesem Hintergrund haben Liquid Alternatives, Hedgefonds und Anlagen mit Rohstoffrisiken mit Blick auf die hohen Kapitalanforderungen eine nur sehr geringe Bedeutung für die Kapitalanlage deutscher Erstversicherer. Dasselbe gilt für Private Equity und Venture Capital.

Investitionen in Immobilien weisen demgegenüber vergleichsweise moderaten Kapitalanforderungen auf undfinden sich bereits im Portfolio vieler Versicherer. Allerdings führt der bereits erfolgte, starke Anstieg der Immobilienpreise (dies gilt auch für andere Sachwerte wie land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen) zu eher geringen Ertragsaussichten dieser Anlageklasse. Infrastrukturinvestitionen und Private Debt (z.T. auch im Zusammenhang mit Infrastruktur angeboten) hingegen weisen regelmäßig stetige und gut vorhersagbare Cashflows mit angemessenen (ordentlichen) Erträgen bei grundsätzlich akzeptablen Kapitalanforderungen auf.

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung für die Kapitalanlage von Versicherern (mit ca. 32 Mrd. Anlagevolumen in 2018 Anteil von ca. 2,2 Prozent an den Kapitalanlagen deutscher Erstversicherer, durchschnittliches Wachstum von 30 Prozent p.a. in den letzten fünf Jahren) wird im Folgenden der Schwerpunkt auf die Anlageklasse Infrastruktur gelegt. Darüber hinaus genießen sowohl Fremdkapital- als auch Eigenkapitalinvestitionen in Infrastruktur zusätzliche regulatorische Vergünstigungen bei den Kapitalanforderungen.

So wird die Duration des Spreadrisikos von Anleihen für Infrastruktur und Infrastrukturunternehmen der Bonitätsstufen 1 bis 3 (Investment Grade) um mindestens 25 Prozent reduziert im Vergleich zu gewöhnlichen Unternehmensanleihen. Für Eigenkapitalinvestitionen in Infrastrukturunternehmen ist ein Rückgang von 36 Prozent und für Direktinvestitionen in Infrastruktur(-projektgesellschaften) ein Rückgang um 30 Prozent in der SCR zu berücksichtigen, während alternativ für Aktien des Typs 1 (Typs 2) eine höhere Belastung von 39 Prozent (49 Prozent) anfällt.

Schließlich können Infrastrukturinvestitionen neben einem attraktiven Rendite-/Risiko-Potenzial und regulatorischen Vorteilen Synergien zum Geschäftsmodell von Versicherern aufweisen oder dieses gar erweitern. Beispielsweise ist es denkbar, dass ein Krankenversicherer eigene Krankenhäuser betreibt, um einen größeren Teil der Wertschöpfungskette abzudecken.

Ein prominentes Beispiel hierfür sind die Sana Kliniken als private Klinikgruppe mit einem Umsatz von ca. 2,7 Mrd. Euro (Stand 2018). Eigentümer sind 25 private Krankenversicherer. Aufgrund der Größe und der Eigentümerstruktur werden mit einer solchen Investition einhergehende mögliche Konzentrationsrisiken aus Sicht einzelner Versicherer reduziert. Da die Risikomessung von Investoren regelmäßig als zentrale Hürde bei Infrastrukturanlagen angesehen wird, werden in der nächsten Ausgabe Lösungsansätze skizziert, wie eine Darstellung einzelner Infrastrukturinvestitionen im Risikomanagement von Versicherern erfolgen kann.

Autoren: Jörg Münstermann, Senior Manager der Strategie- und Managementberatung zeb, Lars Hentschel, Consultant zeb, Carsten Wittrock, Partner zeb

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der aktuellen September-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

Quelle: VVW GmbH

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