Anleger-Barometer: „Der Klimawandel bleibt ein brisantes Thema unter Investoren“

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Politische Risiken und der Klimawandel dominieren derzeit die Anlagepolitik internationaler Investoren. So sind die meisten Investoren sind der Ansicht, dass die General Partner den Klimawandel in ihrer Investitionspolitik und -praxis nicht ernst genug nehmen. Dies geht aus dem aktuellen Global Private Equity Barometer von Coller Capital hervor.

Allerdings sei dies einer von nur wenigen Aspekten des Klimawandels, bei denen sich die Investoren einig sind, sogar innerhalb ihrer eigenen Organisationen. Bei etwa der Hälfte der Befragten gibt es demnach einen internen Konsens zum Thema Klimawandel, und bei den asiatisch-pazifischen Investoren sinkt dieser Anteil sogar auf nur zwei von fünf Limited Partners (LP).

So sind die Einstellungen der institutionellen Anleger hinsichtlich des Klimawandels regional sehr unterschiedlich. Mehr als die Hälfte der europäischen Investoren sagt, dass ihre eigene Organisation bis 2030 CO2-neutral sein wird. Demgegenüber geben zwei Drittel der LPs mit Sitz in Nordamerika an, dass sie in absehbarer Zukunft nicht CO2-neutral sein werden.

Hintergrund: „Covid-19 hat die Weltwirtschaft in ein absolutes Neuland geführt“

VWheute: Die Anleger haben laut aktuellem Barometer unterschiedliche Einstellungen zum Thema Klimawandel. Wie äußert sich dies und inwieweit ist dies „ein brisantes Thema unter Investoren“?

Gregor von Deuten: Während die meisten Investoren innerhalb ihrer eigenen Organisationen einen breiten Konsens über ihre ESG-Strategie melden, hier im Besonderen bei europäischen LPs, sind ihre Ansichten zum Klimawandel vielfältiger. Bei Investoren mit Sitz in Nordamerika und im asiatisch-pazifischen Raum besteht weit weniger Konsens in ihren Organisationen über den Klimawandel als in Europa.

Die Einführung einer formellen ESG-Strategie ist für viele Organisationen weltweit seit langer Zeit ein Ziel. Die Private-Equity-Branche war wegweisend darin, gute Unternehmensführung in den Mittelpunkt ihrer Investitionstätigkeit zu stellen. Die Entwicklung eines Konsenses über den Klimawandel scheint eine größere Herausforderung zu sein, wie wir im Barometer bei den Ansichten der LPs zur Erreichung der CO2-Neutralität in ihren eigenen Organisationen sehen können. Obwohl derzeit nur ein kleiner Teil der europäischen Investoren selbst klimaneutral ist, rechnet weit über die Hälfte von ihnen mit einer CO2-Neutralität bis 2030. Im Gegensatz dazu erwartet die Mehrheit der nordamerikanischen und asiatisch-pazifischen LPs nicht, dass ihre eigenen Organisationen CO2-Neutralität in absehbarer Zeit erreichen werden.

VWheute: Die Corona-Pandemie hat jüngst für erhebliche Verwerfungen auf dem Kapitalmarkt gesorgt. Wie bewerten Sie die aktuellen Auswirkungen und Folgen der Pandemie?

Gregor von Deuten: Covid-19 hat die Weltwirtschaft in ein absolutes Neuland geführt. Noch nie zuvor hat eine Krankheit in einem solchen Maße und in einer solchen Geschwindigkeit wirtschaftliche Auswirkung erzeugt und zur effektiven Schließung eines Großteils der globalen Volkswirtschaft geführt. Im Gegensatz zur globalen Finanzkrise, die ein zyklisches Phänomen war und einen nachfrageseitigen Schock ausgelöst hat, ist die Covid-19-Krise eher strukturell, mit einem Schock sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite, der überwunden werden muss. Die Frage ist, wie sehr die beispiellosen Reaktionen der Notenbanken und Regierungen die kommende Krise abfedern können, weshalb die längerfristigen Konsequenzen aus heutiger Sicht nur schwer absehbar sind.

VWheute: Werfen wir einen kurzen Blick in die Zukunft: Welche Entwicklungen erwarten Sie für die zweite Jahreshälfte 2020?

Gregor von Deuten: Bei so viel Unsicherheit ist es unmöglich vorherzusagen, wie lange die Rezession dauern und wie tief sie sein wird. Ökonomen haben hier bereits viel über die unterschiedlichen Formen spekuliert, die eine wirtschaftliche Erholung annehmen könnte, mit V, U und dem Nike-Logo als einigen Beispielen. Grundsätzlich würde ich sagen, dass Perioden von Marktverwerfungen zwar hohe Belastungen verursachen, sie aber auch Zeiten der Chance sind, insbesondere auch für Sekundärfonds wie Coller Capital. So bot die Finanzkrise gute Möglichkeiten für attraktive Investments und Innovationen und wir glauben, dass die aktuelle Krise in den nächsten ein bis zwei Jahren ebenfalls viele Möglichkeiten bieten wird.

Gregor von Deuten ist Investmentexperte bei Coller Capital in London. Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Tobias Daniel.

„Der Klimawandel bleibt ein brisantes Thema unter Investoren. In weiten Teilen der Welt gibt es selbst innerhalb der LP-Organisationen nur begrenzte Übereinstimmung darüber, was getan werden muss. Aber auch im Bereich Private Equity gilt: Die jeweils beste Praxis wird zum Vorbild für andere. Wer einen Schritt zurücktritt, erkennt die Richtung, in die er gehen muss“, kommentiert Jeremy Coller, Chief Investment Officer von Coller Capital.

Desweiteren glauben viele Private-Equity-Investoren, dass die steigenden geopolitischen Spannungen in den nächsten Jahren einen wesentlichen Einfluss auf die Asset-Allokation in Private-Equity- und Venture Capital-Fonds haben werden. Viele erwarten zudem ein höheres politisches Risiko in den aufstrebenden Private-Equity-Märkten, insbesondere in Russland, China, im Nahen Osten und Nordafrika sowie in Lateinamerika. Südostasien und Indien werden als politisch weniger riskant angesehen.

Autor: VW-Redaktion

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