Bain: Corona zwingt viele Unternehmen zum Neustart

Quelle: Bild von F. Muhammad auf Pixabay

Mit der schrittweisen Lockerung der Corona-Maßnahmen gewinnt auch das wirtschaftliche Leben allmählich wieder an Fahrt. Allerdings werde es noch kleine Schritte es brauchen, bis die Wirtschaftswelt zur Normalität zurückgekehrt ist, heißt es in einer aktuellen Studie von Bain & Company.

So fürchtet derzeit mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer in den weltweit größten Industriestaaten um ihre Jobs. In Deutschland haben Unternehmen laut Bundesagentur für Arbeit für mehr als zehn Millionen Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet. In den USA haben bereits mehr als 33 Millionen Menschen ihren Job verloren. Und in Frankreich ist fast die Hälfte der Angestellten im Privatsektor arbeitslos.

Daher müsse das Topmanagement mit großer Agilität und der Berücksichtigung unterschiedlichster Szenarien reagieren. Statt auf kurzfristige Effizienz gilt es auf langfristige Stabilität zu setzen. Statt straffer Top-down-Führung ist dezentraleres Agieren angesagt. Und anstelle starrer Periodenplanung ist eine kontinuierliche Marktbeobachtung gefragt.

„Bis es wirksame Medikamente oder Impfstoffe gegen Covid-19 gibt, agiert die Wirtschaft unter völlig veränderten Rahmenbedingungen. Belastbare Vorhersagen für die Zukunft sind schwer zu treffen. Innerhalb von Tagen können sich Vorschriften, Verfügbarkeiten von Produktionsmitteln oder die Bedürfnisse von Kunden und Belegschaft ändern“, konstatiert Bain-Deutschlandchef Walter Sinn.

Daher sollten die Unternehmen alle sich bietenden Möglichkeiten nutzen, um den Umsatz zu steigern. Gleichzeitig müssen sie den reibungslosen Ablauf aller Geschäftsprozesse sicherstellen: Lieferketten, Produktion, Vertrieb und Service müssen auch in der aktuellen Situation zuverlässig funktionieren. Für mögliche Störungen sollten passende Lösungen entwickelt werden.

„Unternehmen müssen Freiräume nutzen, aber im Notfall Maßnahmen auch schnell wieder zurücknehmen und sich an veränderte Gegebenheiten anpassen können.“

Walter Sinn, Deutschlandchef von Bain & Company

Zudem werde die Pandemie den Trend hin zum Homeoffice und zu flexiblen Arbeitskonzepten dauerhaft verstärken. Die Anforderungen unter anderem an Technik und Kommunikation verändern sich dadurch ebenso wie die Unternehmenssteuerung selbst, so Bain weiter. Dies bedeute signifikante Einsparpotenziale hinsichtlich Flächenbedarf und Raumkosten. Gleichzeitig sind zusätzliche Investitionen in die Ausstattung der Heimarbeitsplätze zwingend erforderlich.

Nach Berechnungen des Kreditversicherers Euler Hermes könnte die Corona-Krise viele Unternehmen in die Insolvenz treiben. So rechnet die Allianz-Tochter für die Weltwirtschaft für 2020 mit der bislang größten Rezession (minus 3,3 Prozent) seit dem Zweiten Weltkrieg.

Dies entspreche Verlusten beim globalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von neun Billionen US-Dollar. So rechnet Euler Hermes mit einem Anstieg der weltweiten Insolvenzen um 20 Prozent, in den USA um 25 Prozent, Europa um 19 Prozent sowie in China mit einem Plus von 19 Prozent.

Auch der französische Kreditversicherer Coface rechnet rund um den Globus mit einem deutlichen Anstieg der Firmenpleiten. Rechneten die Analysten im Januar noch mit einem Anstieg von zwei Prozent, habe sich nun die Zahl verzehnfacht.

Dies wäre laut Coface der stärkste Anstieg seit 2009 (29 Prozent), selbst wenn die Wirtschaft im dritten Quartal wieder langsam anspringen würde. Eine eventuelle zweite Corona-Welle in der zweiten Jahreshälfte ist dabei ebenfalls noch nicht mit eingerechnet. So erwartet der Kreditversicherer den größten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen erwartet Coface in den USA mit plus 39 Prozent.

Quelle: Statista

Der Informationsdienstleister Crifbürgel rechnet allein für Deutschland in diesem Jahr mit mehr als 29.000 Firmeninsolvenzen in Deutschland. Das wären 10.000 oder rund 54 Prozent mehr als 2019. Dabei könnte die Pleitewelle ähnlich hoch ausfallen wie in der Finanzkrise, als 2009 fast 34.000 Unternehmen in die Insolvenz gehen mussten.

„Da die Insolvenzstatistik stets die Vergangenheit abbildet, also gewissermaßen einen Blick in den Rückspiegel darstellt, werden die genauen Auswirkungen der Corona-Krise wohl erst im zweiten Halbjahr und im kommenden Jahr sichtbar werden. Die Insolvenzwelle wird auch noch ins Jahr 2021 hineinreichen. Das Ausmaß ist noch offen und hängt auch von der Dauer der Pandemie ab“, sagte Crifbürgel-Geschäftsführer Frank Schlein.

Dabei dürften vor allem die Tourismus-, Gastro- und Eventbranche von einer drohenden Pleitewelle betroffen sein. Zudem werden Messebauer, Automobilzulieferer, Kinos und auch der Einzelhandel sowie die exportabhängige Industrie die Folgen des Lockdowns zu spüren bekommen, heißt es in einer Analyse von Crifbürgel.

Autor: VW-Redaktion

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

achtzehn − elf =