Lebensversicherung: „Höhe der Solvenzquote ist stets eine Momentaufnahme“

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Geldanlage, Quelle: Bild von Nattanan Kanchanaprat auf Pixabay

Anfang April sollen die Lebensversicherer erneut ihre Berichte über die Solvabilität und Finanzlage (SFCR) offenlegen. Auch wenn die Aufsichtsbehörden die Frist anlässlich der Corona-Krise verlängert haben, sieht die Situation bis dato gut aus. Allerdings sei das vermeintlich hohe Solvenzniveau unter verschiedenen Erwägungen zu relativieren, konstatiert Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata.

„Zunächst ist festzustellen, dass die Werte zwischen den einzelnen Gesellschaften im Markt bereits seit der Einführung von Solvency II im Jahr 2016 stark streuen, wie folgende Abbildung verdeutlicht. Zum Jahresultimo 2018 lag die Solvenzquote in der Spitze bei mehr als 1.000 Prozent, während sich am unteren Ende einzelne Anbieter nahe der 100-Prozent-Marke einordneten“, erläutert der Experte.

So wenden nicht nur vier von fünf Lebensversicherern bei der Solvency-II-Modellierung sogenannte LTG-Maßnahmen an. „Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass die Höhe der Solvenzquote besonders bei Lebensversicherern mit langfristigem und zinsgebundenem Geschäftsmodell stets eine Momentaufnahme darstellt, da sie stark von den Zinsbedingungen am Kapitalmarkt abhängt. Hält man sich den drastischen Zinsrückgang der vergangenen Monate vor Augen, dürfte bereits das Bilanzjahr 2019 deutliche Spuren beim Solvenzkapital der Lebensversicherer hinterlassen haben“ so Heermann.

So rechnet Assekurata zum Jahresende 2019 „auf Branchensicht mit einer durchschnittlichen aufsichtlichen Solvenzquote von rund 300 Prozent, die zwar noch immer komfortabel erscheint, im Jahresvergleich aber immerhin einem Rückgang von mehr als einem Drittel gleichkäme.“

Allerdings: „Für die Jahre nach 2021 werfen mögliche inhaltliche Änderungen in regulatorischer Hinsicht ihre Schatten voraus, Stichwort Gesamtüberprüfung von Solvency II („Solvency-II-Review“). Traditionellen Lebensversicherern mit langfristigen Verpflichtungen könnte hier besonders durch die erwogenen Anpassungen bei den Zinsmodellierungen Ungemach ins Haus stehen. Dies betrifft zuvorderst die Verschiebung des sogenannten „Last Liquid Points“ (LLP) für die Extrapolation der risikofreien Zinsstrukturkurve. Je nach Szenario könnten sich allein hierdurch die Solvenzquoten in Deutschland um annähernd 200 Prozentpunkte verringern“, prognostiziert Heermann.

Autor: VW-Redaktion

Ein Kommentar

  • Wobei man auch nicht vergessen darf, dass in den letzten Wochen die Zinsen sogar etwas gestiegen sind, was generell die Lage entlastet und ein beträchtlicher Teil des Anstiegs der Kreditrisiko-Spreads über die Volatilitätsanpassung kompensiert wird. Aktien spielen ohnehin in den Portfolios der deutschen LV eine sehr untergeordnete Rolle und ein Effekt auf Immobilienpreise ist derzeit noch nicht sichtbar.
    Die Wahl eines Versicherers mit möglichst hoher Solvenzquote dürfte aber sicher für den Vermittler mehr Rechtssicherheit schaffen. Das gilt im Übrigens nicht nur für klassische LV/RV, sondern auch für BU-Versicherungen und Fondsgebundene mit Garantien und/oder Rentenphasen.

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