Reuther: „Jedes Vergütungssystem soll eine gute ärztliche Versorgung ermöglichen“

Florian Reuther, PKV-Verbandsdirektor. Quelle: PKV-Verband

Ende Januar hat die von der Bundesregierung eingesetzte „Wissenschaftliche Kommission für ein modernes Vergütungssystem“ (KOMV) das Ergebnis ihrer Beratungen vorgestellt. Dass die Experten keine gemeinsame Honorarordnung mit einheitlichen Preisen empfehlen, ist eine gute Nachricht für das duale deutsche Gesundheitssystem.

Denn angesichts der beiden bestehenden Versicherungssysteme mit ihren sehr unterschiedlich gestalteten Vergütungsregeln würde sich durch eine erzwungene Zusammenlegung in der medizinischen Versorgung nichts zum Besseren, aber vieles zum Schlechteren verändern. Die Dualität hat sich auch in der ärztlichen Vergütung bewährt.

Hinsichtlich der Finanzierbarkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hätte sich eine einheitliche Gebührenordnung vermutlich stark an den Mengen- und Preisregulierungen des GKV-Systems orientiert. Das aber hätte der medizinischen Infrastruktur wichtige finanzielle Mittel entzogen: Die sogenannten Mehrumsätze der Privatversicherten.

Diese entstehen, weil Privatpatienten höhere und weniger reglementierte Honorare entrichten als sie bei Kassenpatienten anfallen. Die zusätzlichen Mittel können Ärzte, Apotheken, Therapeuten und Krankenhäuser in Fachpersonal oder moderne Geräte investieren. Davon profitieren somit auch gesetzlich versicherten Patienten.

Bundesweit beträgt dieser PKV-typische Mehrumsatz 13,2 Mrd. Euro pro Jahr, etwa die Hälfte davon entfällt auf die niedergelassenen Ärzte. Das kommt vor allem der Versorgung auf dem Land zu Gute: Weil Privatpatienten in ländlichen und strukturschwachen Regionen im Schnitt älter sind und weil zudem in den größeren, wirtschaftsstarken Zentren Mieten für Praxisräume, Gehälter für Praxisangestellte und andere (ärztliche) Kosten höher liegen, ist der Mehrumsatz dort besonders wertvoll.

Für die von gesetzlich und privat Versicherten gemeinsam in Anspruch genommene medizinische Versorgungslandschaft in Deutschland bringt es spürbare Vorteile, dass im Hintergrund zwei unter­schiedliche ärztliche Vergütungssysteme wirken, die sich sehr gut ergänzen. Durch den Wettbewerb von GKV und PKV erfüllen die Vergütungssysteme eine gegenseitige Korrektivfunktion, was die Versorgung deutlich verbessert. Von diesem Qualitätsgewinn profitieren alle Patienten.

Politisch gilt es nun, das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel auch konkret umzusetzen, wonach sowohl die ambulante Honorarordnung in der GKV (EBM) als auch die Gebührenordnung der PKV (GOÄ) reformiert werden müssen. Zur Modernisierung der GOÄ liegt bereits ein umfassendes Konzept vor. Der gemeinsam von Ärzteschaft, PKV und Beihilfe entwickelte Vorschlag umfasst den neuesten Stand der Medizin, garantiert eine rasche Integration zukünftiger medizinischer Innovationen und stärkt die „sprechende Medizin“, also die persönliche Zuwendung der Ärzte zu ihren Patienten. Im Interesse der Patienten und der Ärzte sollte der Gesetzgeber auf dieser guten Basis nun schnellstmöglich die Reform der GOÄ auf den Weg bringen.

Und auch der „Einheitliche Bewertungsmaßstab“ (EBM) – das Vergütungssystem der GKV – sollte weiterentwickelt werden. Das gilt etwa für die EBM-typische Quartalsvergütung, wonach viele Behandlungen nur mit einer festen Honorarsumme für das ganze Quartal bezahlt werden, unabhängig von der Häufigkeit der Arztkontakte. Diese Quartals­systematik – und nicht die Privatpatienten – sind eine Ursache für Wartezeiten im System der GKV.

Jedes Vergütungssystem soll eine gute ärztliche Versorgung ermöglichen. Nicht eine politisch motivierte Vereinheitlichung, sondern die differenzierte Fortentwicklung von EBM und GOÄ sind notwendig, um unser Gesundheits­system auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Die guten Fortschritte bei der Entwicklung der neuen GOÄ zeigen, dass dies gelingen kann.

Autor: Florian Reuther, Direktor des PKV-Verbandes