Privatversicherte stärken die medizinische Versorgung auf dem Land und in strukturschwachen Städten

Quelle: Bild von Jossué Trejo auf Pixabay

In Deutschland fehlen schon jetzt etwa 10.000 Ärzte, besonders viele davon „in der Fläche“ – und das ist nur die Spitze des Eisberges: Denn bis zum Jahr 2030 geht die Hälfte aller Hausärzte in Rente. Jedes Mal wenn eine Praxis schließt, ist eine Vermutung schnell zu hören: In der Stadt lebende Privatversicherte seien schuld, wenn der Hausarzt im Bayerischen Wald oder in der Uckermark keinen Nachfolger findet. Doch dies ist ein Trugschluss in gleich zweifacher Hinsicht.

So gibt es zum einen mittlerweile eine Vielzahl von Literatur und Studien zum Thema „Ärztemangel auf dem Land“. Daraus geht sehr deutlich hervor, dass die Niederlassungsentscheidung der Ärzte vor allem von regionalen Jobmöglichkeiten für den Partner, von Bildungs- bzw. Betreuungsangeboten für die Kinder sowie von attraktiven Freizeitangeboten abhängig ist. Auch der Blick in andere Länder verdeutlicht: Ärzte sind überall ungleich verteilt und dies ist offensichtlich unabhängig davon, wie die Gesundheitssysteme finanziert werden oder wie die Ärztevergütung ausgestaltet ist.

Zum anderen konnte der PKV-Verband in allen bislang näher untersuchten Bundesländern nachweisen, dass der Fortbestand von Arztpraxen auf dem Land und in strukturschwachen Regionen überdurchschnittlich stark von den Umsätzen der Privatversicherten, die es ja auch dort gibt, abhängig ist. So schlüsseln die PKV-Regionalatlanten für Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen und das Saarland die zusätzlichen Einnahmen der Arztpraxen durch den Anteil der Privatversicherten nach Städten und Landkreisen auf.

Die Daten sprechen eine klare Sprache: Privatpatienten unterstützen überproportional die Ärzte auf dem Land. Denn diese erzielen auch mit einer geringeren Zahl von Privatpatienten höhere Gewinne als ihre Kollegen in den Städten. Das liegt einerseits daran, dass Privatpatienten auf dem Land im Schnitt älter sind als in der Stadt und deshalb häufiger zum Arzt gehen.

Dazu kommt, dass dem Landarzt von seinem mit Privatpatienten erzielten Umsatz real mehr übrigbleibt als dem Kollegen in der Stadt. Denn Geld ist in unterschiedlichen Regionen auch unterschiedlich viel wert: Wir bezahlen zum Beispiel unterschiedliche Mieten und haben unterschiedliche Gehälter je nachdem, ob wir etwa im Bayerischen Wald oder in München leben. Dies gilt natürlich auch für ärztliche Kosten. So entfallen zum Beispiel 52 Prozent der ärztlichen Praxisaufwendungen auf Personal- und Gehaltskosten, die sich regional erheblich unterscheiden.

Im Ergebnis sind die Umsätze und Mehrumsätze, die durch Privatversicherte entstehen, auf dem Lande besonders wertvoll. 100 Euro Mehrumsatz sind für Ärzte auf dem Land einfach real mehr wert als 100 Euro für Ärzte in der Metropole, wo mit den ärztlichen Erlösen sehr viele höhere Praxismieten und Gehälter zu decken sind.

Um es am Beispiel Nordrhein-Westfalen zu illustrieren: Hier profitieren z.B. Landärzte im Hochsauerlandkreis von Mehrumsätzen im Realwert von durchschnittlich 85.000 Euro pro Jahr, im Großraums Köln sind es dagegen „nur“ 51.000 Euro. Und auch dem strukturschwachen Ruhrgebiet kommt dieser Effekt zu Gute: Während z.B. in Gelsenkirchen Mehrumsätze im Realwert von 49.265 Euro anfallen, sind es in den Arztpraxen in der Landeshauptstadt Düsseldorf „nur“ 37.359 Euro jährlich. 

Die Unterschiede zwischen Stadt und Land werden sich in der Zukunft aufgrund des demografischen Wandels und der Urbanisierung weiter zuspitzen. Umso wichtiger ist es, dass sich in der Politik das Verständnis durchsetzt, dass eine gleichmäßigere Verteilung von Ärzten nicht eine Frage der Vergütung ist, sondern eine Frage, die vor allem die kommunale Infrastruktur und Standortpolitik berührt.

Autor: Frank Schulze Ehring, Leiter Grundsatzfragen im Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV)

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