Gabor: Klassische Versicherer lassen sich nicht ins digitale Zeitalter überführen

Quelle: lie

Der klassische Versicherer lässt sich nach Einschätzung von Carolin Gabor nicht ins digitale Zeitalter überführen. „Neu bauen, migrieren und dann wegschmeißen“, sagte die Partnerin der Berliner Fintech-Gruppe Finleap GmbH und CEO des dazu gehörenden Vergleichsportals Joonko AG auf einer Fachkonferenz am Mittwoch in Köln. Der Umbau scheiterte aus kulturellen wie aus technischen Gründen.

Ingolf Putzbach, Geschäftsführer der Sum. Cumo GmbH, hatte zuvor berichtet, dass sein Haus den „Versicherer auf der grünen Wiese“ inzwischen schon innerhalb von drei Monaten zu Kosten zwischen 1,5 und zwei Mio. Euro erschaffen könne.

Sein Ansatz fußt unter anderem auf Open Source-Software mit Prozessbibliotheken, einer in der Cloud gehosteten Basis-Plattform mit „mächtigen“ Schnittstellen zu vielen Partnern, die Funktionen wie Kommunikation, Automatisation, Schadenermittlung etc. liefern.

Dass die Branche vom Mentalitätswandel noch weit entfernt sei, zeige sich beispielsweise daran, dass immer noch eine Fertigungstiefe von 100 Prozent angestrebt werde statt mit Branchenfremden oder anderen Versicherern zu kooperieren. Disruptives Potenzial werde nicht ausgeschöpft, sondern „Altes einfach nur auf’s Internet übertragen“.

Gabor rechnet damit, dass die Wertschöpfungsketten auseinander brechen werden. Erfolgreich könnten die Versicherer nur bleiben, wenn sie sich radikal darauf ihre Kompetenzen konzentrierten und sich damit in bestehende Netze integrierten.

„Die Versicherer werden sicherlich keine eigenen Carrier schaffen, aber sie können sich dort integrieren. Es gibt ein kleines Zeitfenstervon drei bis fünf Jahren, um mit exzellenten Produkten in die wichtigsten Plattformen hineinzukommen.“ Dass es sich hierbei auch um Interesse der chinesischen Versicherungsgruppe Ping An handeln könnte, die Großinvestor von Finleap ist, widersprach sie. Ping An habe kein Interesse am europäischen Versicherungsgeschäft, weil dieses nicht margenstark genug sei, sondern nur an der „Technologiesuite“, für deren Übersetzung sie Finleap brauchten.

Die für Ökosysteme nötigen Plattformen müssten simple, extrem standardisiert und digital sein und permanent getestet werden. Langfristige Kontrakte würden für solche Produkte aber nicht geschlossen. „Das kann man sehr gut top down machen mit einer bestehenden Mannschaft, die will.“

Ein weiterer Weg für die Versicherer sei, sich selbst neu zu erfinden. Das könne aber nur auf der „grünen Wiese“ passieren, weil man andernfalls nicht agil und iterativ genug arbeiten könne. 250 Mio. Euro für zwei bis drei Geschäftsmodelle, die richtig mit Kunden ausprobiert werden müssten, brauche es dazu. Gabor hat das „Gefühl, dass die Versicherer inzwischen aufgewacht sind. Anders als die Banken können die Versicherer den Wandel noch hinbekommen, weil sie noch die Kohle dafür haben; auch die Kleinen.“

Autorin: Monika Lier

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