Versicherer warnen vor hohen Schäden durch kriminelle Mitarbeiter

Rüdiger Kirsch. Quelle: brs

Grenzenlosen Vertrauen in Mitarbeiter, Verzicht auf ein Vier-Augen-Prinzip und falsch verstandene Kollegialität machen es potentiellen Betrügern leicht in die Firmenkasse zu greifen, Rechnungen zu erfinden oder sogar über Scheinfirmen Transaktionen vorzunehmen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat jetzt einmal die 2018 bei der Vertrauensschadenversicherung eingegangenen rund 2.400 Schadenfälle ausgewertet.

Rüdiger Kirsch, Vorsitzender der GDV-Arbeitsgruppe Vertrauensschadenversicherung und Betrugsexperte bei Euler Hermes, sagte gestern vor der Presse in Berlin, die im vergangenen Jahr entstandenen Schäden von rund 225 Mio. Euro stellten nur die Spitze eines Eisbergs dar. Im Durchschnitt würden kriminelle Mitarbeiter ihre Arbeitgeber um fast 115.000 prellen ehe sie auffliegen würden. Externe Täter würden im Durchschnitt nur die Hälfte dieser Summe für sich beiseite schaffen können.

Quelle: GDV

Neben Euler Hermes teilten sich im Wesentlichen vier weitere Anbieter den Markt, der auf Prämieneinnahmen von rund 250 Mio. Euro im Jahr kommt. Die Marktdurchdringung sei mit deutlich weniger als zehn Prozent der Unternehmen, die sich mit einer Vertrauensschadenversicherung absicherten, gering. Zur Kalkulation der Prämien würden etwa die Umsätze und/oder die Mitarbeiterzahl der Unternehmen herangezogen. Auch die Bilanzsumme könne eine Rolle spielen. „Angesichts unserer Erfahrungen müssen wir davon ausgehen, dass jedes Jahr fünf bis zehn Prozent der deutschen Unternehmen von eigenen Mitarbeitern betrogen werden“, sagte Kirsch.

Wenn grenzenloses Vertrauen missbraucht wird

Kirsch mahnte die Unternehmen auf Prävention zu bauen. Das Vier-Augen-Prinzip müsse unbedingt eingehalten werden. Beispielhaft verwies er auf einen Fall in einem mittelständischen Unternehmen der chemischen Industrie, in dem eine langjährige Geschäftsführerin die Buchhaltung in eigener Regie führen konnten. Das blinde Vertraue der Geschäftsleitung in die Führungskraft habe letztlich dazu geführt, dass sie über zwölf Jahre rund 750.000 Euro zur Finanzierung ihrer Kaufsucht habe beiseite schaffen können. Erst nach einer längeren krankheitsbedingten Abwesenheit der Buchhalterin und durch den Wechsel des Wirtschaftsprüfers sei der Betrug entdeckt worden, sagte Kirsch.

JeskoTrahms (Quelle: brs)

Für Rechtsanwalt Jesko Trahms von der BDO Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, der sowohl Erfahrungen mit der Verteidigung krimineller Mitarbeiter als auch in der präventiven Beratung von Unternehmen hat, müssen Unternehmen effektive und wirksame Kontrollsysteme aufbauen, um sich wirksam schützen zu können. „Ein funktionierendes Compliance-Management bedeutet für Unternehmen doppelten Schutz.“ Zum einen würden dadurch kriminelle Machenschaften erschwert und zu anderen würde Geschäftsführer und Vorstände vor etwaigen Haftungsansprüchen entlastet werden.

Autor: Manfred Brüss