CoreLogic-Manager Verduzco-Weisel über innovative Ansätze im Schadenmanagement: „Digitale Lösungen helfen allen“

Große Techfirmen setzen Maßstäbe bei Transparenz und Benutzerfreundlichkeit. Die Versicherungsbranche hängt da noch hinterher. Das mag an der Komplexität liegen, aber laut Thomas Verduzco-Weisel, VP Central Europe Go-To-Market bei CoreLogic, lässt sich im Schadenmanagement viel mit digitalen Lösungen verbessern – gezielt zugeschnitten auch auf die Bedürfnisse der älteren Generation, wie er im VWheute-Interview verrät.

VWheute: Die großen Techfirmen setzen Maßstäbe bei Transparenz und Benutzerfreundlichkeit. Was kann das Schadenmanagement davon übernehmen?

Thomas Verduzco-Weisel: Die Prinzipien, die große Techfirmen wie Amazon im Kundenservice etablieren – einfache Handhabung, Schnelligkeit und Transparenz – sind auch im Schadenmanagement relevant, auch wenn der Kontext unterschiedlich ist. Im Gebäudeschadenmanagement sind die Schäden oft komplex und variieren stark. Ein Rohrbruch erfordert ein anderes Management als ein Sturmschaden mit einem beschädigten Dach.

Trotz dieser Komplexität kann Digitalisierung viel bewirken. Digitale Tools können viele Schritte im Schadenmanagement effizienter gestalten, indem sie beispielsweise den Prozess der Schadenmeldung und -bewertung optimieren. Das führt zu einer schnelleren und präziseren Bearbeitung, wodurch Versicherungsnehmer eine bessere und transparentere Erfahrung haben.

VWheute: Wie hat sich die Rolle der Versicherungsnehmer im Schadenmanagement verändert und wie reagieren Versicherer darauf?

In den letzten Jahren hat sich die Rolle der Versicherungsnehmer im Schadenmanagement erheblich gewandelt. Früher waren Versicherungsnehmer oft passiv, indem sie darauf warteten, dass der Versicherer den Schaden bewertet und die Regulierung durchführt. Heute erwarten die Kunden jedoch mehr Eigenverantwortung und Beteiligung am Prozess.

Mit der zunehmenden Digitalisierung und dem wachsenden Zugang zu Online-Tools sind Versicherungsnehmer es gewohnt, in vielen Bereichen ihres Lebens proaktiver zu sein. Sie möchten in der Lage sein, ihren Schaden selbst zu melden, Informationen in Echtzeit zu erhalten und auch aktiv Entscheidungen zu treffen. Diese Veränderung in den Erwartungen fordert Versicherer heraus, ihre Prozesse entsprechend anzupassen.

Versicherer reagieren auf diese Entwicklungen, indem sie ihre Schadenmanagement-Systeme modernisieren und mehr Selbstbedienungsoptionen anbieten. Digitale Plattformen, Apps und automatisierte Systeme ermöglichen es den Versicherungsnehmern, Schadenmeldungen schnell und unkompliziert einzureichen, den Status ihrer Schäden zu verfolgen und sogar einfache Entscheidungen selbst zu treffen. Gleichzeitig müssen Versicherer sicherstellen, dass sie eine klare und transparente Kommunikation aufrechterhalten, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen und zu bewahren.

Wie trägt Ihre Lösung Claims Engage™ dazu bei, die Effizienz und Benutzerfreundlichkeit im Schadenmanagement zu verbessern?

Bei CoreLogic haben wir eine einfache und effektive Lösung für den ersten Schritt der Schadenaufnahme im Bereich des Gebäudeschadenmanagements entwickelt, die gerade auf den Markt kommt: Claims Engage™. Diese Lösung konzentriert sich auf die Digitalisierung und Optimierung der ersten Kontaktaufnahme bei einem Gebäudeschaden.

Claims Engage™ ermöglicht es Versicherungsnehmern, Schäden bequem über ein Smartphone oder Laptop zu melden. Die Technologie führt sie durch einen intelligenten Fragebogen, bei dem sie Fragen zur Schadensart beantworten und Fotos oder Videos hochladen können. Abhängig vom Umfang des Schadens kann das System sofort eine Schätzung erstellen und, wenn möglich, einen Vorschlag für eine Sofortauszahlung unterbreiten. Dies sorgt für eine schnelle und präzise Schadensbewertung und erleichtert die Unterscheidung zwischen komplexen und einfachen Fällen. Darüber hinaus hilft Claims Engage™, Schadenmeldungen besser zu routen und die Versicherungsdeckung effizient zu überprüfen. Dies führt zu einer verbesserten Benutzererfahrung, da Versicherungsnehmer in Echtzeit Rückmeldungen erhalten und der gesamte Prozess transparenter wird. Für Versicherer bedeutet dies eine erhebliche Effizienzsteigerung und die Möglichkeit, Ressourcen gezielter einzusetzen.

Nicht alle älteren Menschen kommen mit der digitalen Schadenaufnahme klar. Wie gehen Sie im Schadenmanagement auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Generationen ein?

Im Schadenmanagement ist es wichtig, die verschiedenen Bedürfnisse der Generationen zu berücksichtigen. Auf der einen Seite haben wir Millennials und die Generation Z, die gerade Wohneigentum erwerben. Diese Gruppen sind mit digitalen Technologien vertraut und erwarten schnelle, digitale Lösungen. Sie sind es gewohnt, ihre Anliegen über Online-Plattformen oder Apps zu erledigen.
Auf der anderen Seite gibt es die Generation X und die Babyboomer, die möglicherweise lieber per Telefon oder Post kommunizieren und sich weniger sicher im Umgang mit digitalen Werkzeugen fühlen. Für diese Kunden ist es entscheidend, dass traditionelle Kommunikationswege erhalten bleiben.

Indem wir Versicherern und ihren Dienstleistern digitale Lösungen wie unsere neue Anwendung anbieten, können wir die jüngeren Kunden effizienter und schneller bedienen. Dies ermöglicht es uns, Ressourcen im Backend gezielt auf die Bedürfnisse der älteren Generation zu konzentrieren. Ein Beispiel einer europäischen Versicherung, die mit CoreLogic zusammenarbeitet, zeigt, dass auch Kunden über 50 zunehmend digitale Möglichkeiten schätzen, wenn diese benutzerfreundlich und gut gestaltet sind. Dies verdeutlicht, dass eine durchdachte digitale Integration für alle Altersgruppen von Vorteil sein kann, wenn sie richtig umgesetzt wird.

Welche Rolle wird Technologie in den kommenden fünf Jahren bei der Automatisierung und Verbesserung der Schadensbearbeitung spielen?

Technologie ist ein wichtiger Baustein, um den zunehmenden Fachkräftemangel und zunehmende Kumulschäden abzumildern. Ich denke daher, dass Technologie die Schadensbearbeitung in den kommenden Jahren grundlegend verändern wird. Wertvolle Daten entstehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, beim Versicherungsnehmer, dem Sachbearbeiter und bei Sanierern und Handwerkern. Wenn diese Daten nahtlos zusammengeführt werden, können KI und intelligente Datenanalysen Prozesse signifikant schneller und präziser machen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Erkennung von Wasserschäden: Sensoren können den Schaden sofort erfassen, und die KI wertet die Daten in Echtzeit aus und meldet sie direkt an den Versicherer. Dieser kann die Meldung mithilfe integrierter Systeme vollautomatisch zum richtigen Experten routen. Das spart wertvolle Zeit, ermöglicht eine schnelle Reaktion und stellt sicher, dass Kunden schneller Hilfe bekommen, bevor der Schaden größer wird.

Thomas, blicken Sie positiv in die Zukunft der Versicherungsbranche? Und welche technologische Entwicklung begeistert Sie persönlich am meisten?

Ja, ich blicke sehr positiv in die Zukunft der Versicherungsbranche. Besonders begeistert mich, wie künstliche Intelligenz und Datenanalysen es ermöglichen, dass Versicherungsnehmer im Schadensfall schneller und gezielter Hilfe erhalten. Gerade im komplexen Gebäudeschadenmanagement haben diese Technologien das Potenzial, einen echten Unterschied zu machen und das Leben unserer Kunden spürbar zu erleichtern.

Die Fragen stellte VW-Redakteur David Gorr

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