Torsten Oletzky: „Niemand wird behaupten können, es gäbe kein Problem bei den Abschlusskosten“

Torsten Oletzky, TH Köln / InsurLab Germany. Quelle: TH Köln / Thilo Schmülgen

Torsten Oletzky sorgte in den vergangenen Tagen mit seiner VWheute-Montagskolumne für Schlagzeilen. Im Fokus dabei: Die hohen Vertriebskosten in der Versicherungsbranche. Als Reaktion darauf sah sich selbst BVK-Präsident Michael H. Heinz zu einem Leserbrief genötigt.

So zeigte er sich „erstaunt“ von den Worten Torsten Oletzkys in dessen Montagskolumne bei VWheute – aber auch vom Vorgehen des GDV. Oletzky sei einer der Ersten, der öffentlich den Aussagen von Jörg Asmussen beipflichtet und mehr Standardisierung und kostengünstige digitale Vertriebsmodelle bei der Riester-Rente fordert. Ein Vorwurf: „Die Insurtechs wollen, ähnlich wie offenbar nun auch der GDV, möglichst viel Standardisierung und Produkte, die wie aus dem Kaugummi-Automaten allen Verbrauchern ohne Beratung verkauft werden können“, poltert Heinz. „Ob dies dann mit den individuellen Bedürfnissen, Zielen und Wünschen der Kunden übereinstimmt, ist oft zweitrangig. Die schnelle Skalierbarkeit des Geschäftsmodells und ein möglichst hoher Exit stehen bei vielen Start-ups im Mittelpunkt.“

Nun hat Oletzky in einem Statement auf Heinz Leserbrief reagiert. Demnach sei der BVK-Präsident „lange in der Branche und natürlich wäre er in der Lage, sich selbst eine Antwort auf seine Fragen zu geben. Es reicht ein kurzer Blick in die Zahlen der deutschen Lebensversicherungswirtschaft.“ Seine Ausführungen im O-Ton:

„Im Jahr 2019 gaben die deutschen Lebensversicherer 7,5 Mrd. Euro für Abschlussaufwendungen aus; im gleichen Zeitraum lagen die laufenden Verwaltungsaufwendungen bei nur zwei Mrd. Euro. Während seit dem Jahr 1995 die Verwaltungskostenquote von 4,2 Prozent der gebuchten Bruttobeiträge auf 2,0 Prozent mehr als halbiert werden konnte, waren die Fortschritte der Lebensversicherer bei der Reduktion der Abschlusskosten deutlich bescheidener – der Abschlusskostensatz sank von 5,5 Prozent der Beitragssumme des Neugeschäfts auf 4,4 Prozent, also nur um etwa ein Fünftel. Niemand wird also behaupten können, es gäbe kein Problem bei den Abschlusskosten. Diese machen fast 80 Prozent der Gesamtkosten aus und die Versicherer haben sie nicht in gleicher Weise in den Griff bekommen wie die Verwaltungskosten.

Natürlich bestehen die Abschlusskosten nicht nur aus direkten Zahlungen an die Vermittler in Form von Provisionen und Courtagen. Vielmehr bilden die Abschlusskosten den Gesamtaufwand, der durch das aktuelle Vertriebsmodell im Abschlussprozess entsteht, ab. Und dieser Aufwand ist offensichtlich deutlich zu hoch, wenn in Folge der Niedrigzinsphase heute sehr viel niedrigere Erträge zwischen Kunden, Vermittler und Versicherungsunternehmern zu verteilen sind.

Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis ist es richtig, das aktuelle Modell grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. Es wäre weder realistisch noch fair gegenüber den Vermittlern, die aktuellen Abschlusskosten einschließlich aller Komponenten – also auch der Provisionen und Courtagen – drastisch zu reduzieren und die Komplexität des Produkts und den daraus resultierenden Beratungsaufwand unverändert zu lassen. Also sind die Überlegungen richtig, die Komplexität des Produkts durch Standardisierung zu verringern und so einfachere, weniger beratungsintensive Abschlussprozesse zu ermöglichen.

Der Reflex von Herrn Heinz als Interessenvertreter der Vermittler, die Wagenburg so lange wie möglich geschlossen zu halten und jede abweichende Äußerung zu attackieren, mag auf den ersten Blick naheliegend erscheinen. Die Politik wird sich davon aber kaum beeindrucken lassen. Wenn die Branche als Gesprächspartner für die Politik weiter ernst genommen werden möchte, dann muss sie die Wagenburg verlassen und konstruktiv an Lösungsvorschlägen zu geförderten Produkten mit deutlich niedrigeren Abschlusskosten mitarbeiten.“

Die Debatte dürfte jedenfalls weiter gehen – VWheute wird diese gespannt vefolgen.

Autor: VW-Redaktion

7 Kommentare

  • Hohe Abschlußkosten bei Versicherungen…?
    Bei einem Immoblienkauf fallen im Schnitt rund 5,75% Maklerkosten an und der Notar berechnet 1,5% auf die hohe Kaufpreissumme + 0,5% Grundbuch-Eintragungsgebühr. Vater Staat nimmt dann auch noch 4-6% Grunderwerbssteuer. Insgesamt rund 12% Abschlußkosten.

    Fazit: Wir Versicherungsmakler sollten unsere Abschlußkosten wieder erhöhen !

  • Daniel Ehrhardt

    Also ich weiß nicht. Wenn ich heute Angebote neu rechne, ist der größte Batzen nicht die Abschlussvergütung, sondern immer noch die Verwaltungskosten der Gesellschaften über die Laufzeit…

  • Ich behaupte, dass nicht die Abschlusskosten bei Versicherungsprodukten das Problem sind, sondern die laufenden Kosten der Versicherer, insbesondere bei Rentenprodukten. Welche Abschlusskosten zahlt der Kunde eigentlich bei den linksgrünen Politikern, die ständig gegen die Courtagen hetzen, obwohl Sie in der Regel keine Ahnung von unserer Branche haben? Wie hoch sind die Abschlusskosten eigentlich beim Immobilienerwerb, beim Autokauf, beim Bäcker für seine Brötchen, usw.? Dort sind diese halt im Preis bereits mir einkalkuliert und keinen interessiert es. Mir hängen diese ewigen Diskussionen um die Maklercourtagen in der Versicherungs/-Bankbranche deshalb zum Halse heraus.

  • Daniel Ehrhadt: Genau so ist es. Und zwar mit großem Abstand

  • Rolf-Peter Falk

    man nehme ein Honorarberatungsprodukt im Versicherungsmantel (ETF Passiv) und mache ein versicherungsmathematisches Gutachten gegen eine private Rentenversicherung, oder auch einen Fonds von Volksbank usw.. Ergebnis: Die Courtagen der Makler sind nur Portokasse, die laufenden Kosten sind oft mehr als der Kunde eingezahlt hat. Noch Fragen Herr Oletzky?

  • Für den Versicherungsmakler, gemeint ist der treuhänderische Sachwalter in Versicherungsangelegenheiten und nicht der verlängerte Arm von Versicherungsgroßkonzernen gehört endlich ( ! ) ein diesem Expertenberuf würdiges und gesetzlich verankertes Honorarsystem eingeführt .
    Von unserer Marktrecherche, unbequemer Produktprüfung, rechtssicherer und somit qualitativ hochwertiger Beratung profitieren Firmen und Privatleute , aber natürlich nicht jeder Marktteilnehmer, schon klar …-
    Ginge es der Politik tatsächlich um den Schutz von Verbraucherinteressen, wäre eine viel differenziertere Debatte über den Mehrwert ( ! ) unserer Arbeit gegenüber der eines/r Agenten/in zielführend. Tatsächlich aber kennt der Großteil der Politiker den juristischen Unterschied nicht einmal und greift in
    verfassungsrechtlich bedenklicher Art in Markt -und Vertragsfreiheit ein und zeichnet nebenbei noch das Bild des „nimmersatten “ Verkäufers..
    Das Problem ist, dass Wahrheit einfach wenig Lobby hat. Sonst würden Initiatoren wie Herr Dr. ( ! ) Schick von Finanzwende dazu auch einmal konstruktive Ansätze liefern. dann würde ich sogar beitreten.

  • Bernd Krüger

    Es ist schon spannend, wenn man laufende Verwaltungskosten (die also jedes Jahr anfallen) gesamten Abschlusskosten gegenüberstellt, die zu einem erheblichen Teil nur ein Mal anfallen und darüber hinaus einiges an Kosten (wie Risikoprüfung u.ä.) enthalten, was mit „Verdienen“ absolut nichts zu tun hat – weder bei den Vermittlern noch bei den Gesellschaften. Nirgendwo sonst ist eine angemessene Honorierung der Leistung ein Thema, nur in unserer Branche. Merkwürdig. Dass sich daran nun auch der GDV beteiligt, zeigt, dass die Branche wohl vergessen hat, wer die Unternehmen erfolgreich und groß gemacht hat: nämlich die Vermittler. Aber auf die hat man schon immer gerne herabgeschaut, auch seitens der Unternehmen, und sonnt sich gerne in den Erfolgen, die andere ermöglichen.
    Das von dieser so ungeliebten Personengruppe beigekarrte Geld wird dann haufenweise in vielgepriesene Start-Ups gepumpt, die – jedenfalls bisher – zum größten Teil nach kurzer Zeit Geschichte waren, um dem digitalen Hype zu frönen und sich als Unternehmen unabhängiger von den Geldlieferanten = Vermittlern zu machen. Hurra.

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