HDI-Deutschland-Finanzchef Jens Warkentin: „Der Umbau der Büro-Architektur ist eine Konsequenz, die durch New Work notwendig wird“

Jens Warkentin, Finanzvorstand von HDI Deutschland und als Arbeitsdirektor verantwortlich für die Personalthemen des Geschäftsbereichs, Quelle: HDI

Corona hat die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt. Auch bei der HDI. „Unsere Zusammenarbeit hat sich inzwischen grundlegend geändert“, sagt Jens Warkentin. Im Interview spricht der Finanzvorstand von HDI Deutschland und als Arbeitsdirektor verantwortlich für die Personalthemen des Geschäftsbereichs, über New Work, neue betriebliche Abläufe und digitale Beschleuniger.

VWheute: Die Versicherungswelt nach Corona. Wie verändert sich das Gesicht der Branche? Die Versicherungsbranche durchläuft durch die Corona-Pandemie aktuell einen vielfältigen Wandel. Das betrifft sowohl das Arbeiten als auch die Angebotsseite. Welche Aspekte sehen Sie?

Jens Warkentin: Die Corona-Pandemie ist insgesamt ein Beschleuniger und hat damit einen ganz entscheidenden Einfluss auf die gesamte Branche, aber auch über diese hinaus. Sie ist ein historisches Ereignis und wirkt wie ein Katalysator für Veränderungen. Als Personalvorstand der Erstversicherungsaktivitäten der HDI Gruppe in Deutschland habe ich dabei zunächst einmal die Veränderungen in der Arbeitswelt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von HDI und Talanx im Auge. Klar ist: Digitalisierung und hybrides Arbeiten der betrieblichen Abläufe rücken durch Corona noch mehr in den Fokus. Das Ergebnis ist ein „New Work“, das sich deutlich von unserer Arbeitsweise vor der Pandemie unterscheiden wird.

Im vergangenen Frühjahr waren wir gezwungen, von heute auf morgen unsere Arbeitsweise radikal umzustellen. Das tägliche Arbeiten im Büro war plötzlich nur noch in Ausnahmefällen möglich und wir alle waren gezwungen, hauptsächlich mobil zu arbeiten. Hier gab es wenig Erfahrungswerte und wir hatten nur wenig Zeit zur Vorbereitung. Trotz des kurzen Vorlaufs hat dies sehr gut funktioniert und das Feedback unserer Belegschaft war sehr ermutigend.

Wir merken allerdings auch: Unsere Zusammenarbeit hat sich inzwischen grundlegend geändert. Die allermeisten unserer Mitarbeiter wollen auch weiter die Möglichkeit haben, mobil zu arbeiten. Für die Büros haben wir aus Sicherheitsgründen eine maximale Belegungsquote von 25 Prozent festgelegt. Und die tatsächliche Belegung liegt noch einmal deutlich darunter. Seit Jahresanfang sind wir über alle deutschen Standorte hinweg bei durchschnittlich etwa 15 Prozent.

Und natürlich digitalisieren sich unsere Kunden. Eine Verbindung von physischer Ansprache und digitalem Austausch muss gewährleistet sein und wir sind als HDI da auch schon sehr weit.

VWheute: Welche Voraussetzungen waren schon gegeben, was musste erweitert, was neu eingerichtet werden?

Jens Warkentin: Sehr geholfen hat uns beim Wechsel in die mobile Arbeit, dass wir entsprechende Strukturen schon in den Jahren zuvor etabliert hatten. Das gilt für die IT, aber auch für die organisatorischen Aspekte. Bereits vor Corona hatten viele Kolleginnen und Kollegen unserer Unternehmen die Möglichkeit, einen oder zwei Tage in der Woche mobil zu arbeiten. Die nötige technische Infrastruktur war vorhanden und die Nutzung wurde so gestaltet, dass sie leicht zu erlernen war.  

Aber es macht natürlich einen Unterschied, ob nur einige Mitarbeiter mobil arbeiten, oder der weit überwiegende Teil. Das reicht von der Leistungsfähigkeit der IT, die zum Beispiel eine vermehrte Nachfrage von Videokonferenzen bedienen musste, bis hin zur Einführung von MS Teams als zentrales Kollaborationstool für alle Mitarbeiter.

Und natürlich ist es auch für unsere Führungskräfte eine neue Situation. Die Anforderungen an sie werden wesentlich komplexer, wenn sie zu ihren Mitarbeitern wenig persönlichen Kontakt haben und Telefon, Chats und Videokonferenzen diesen zum großen Teil ersetzen müssen. Für Mitarbeiterführung, Betreuung und Teambuilding stellen sich da ganz neue Herausforderungen. Uns ist hierbei besonders wichtig, dass wir niemanden zurücklassen und den sozialen Zusammenhalt in unseren Teams aufrechterhalten.

Im Vertrieb hatten wir mit Digitalisierungsinitiativen ebenfalls schon viel früher begonnen.  Auf den hybriden Kunden konnten wir so ohne Zeitverzug reagieren und den Kontakt auch über digitale Kanäle aufrechterhalten.  Das zahlt sich jetzt aus.

VWheute: Was bleibt von dieser Entwicklung Ihrer Ansicht nach davon dauerhaft bestehen und wird den künftigen Arbeitsalltag prägen?

Jens Warkentin: Der praktisch reibungslose Übergang zum flächendeckenden mobilen Arbeiten kam bei den Mitarbeitern sehr gut an und wurde zum allergrößten Teil von ihnen sehr positiv wahrgenommen – das zeigen uns unter anderem interne Mitarbeiterbefragungen. Viele lernten die neue Flexibilität schätzen und es entstand so auch bei vielen der Wunsch, in Zukunft mehr als vor der Pandemie mobil arbeiten zu können.

Jetzt gehen wir deshalb gemeinsam die nächsten Schritte in diese Richtung: Die Gestaltung unseres „New Work“. Das erfordert eine neue Kultur der Zusammenarbeit, sowohl im Team als auch in der Interaktion zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften. Im New Normal wird sich bei Talanx vieles weiterentwickeln, was in der aktuellen Ausnahmesituation quasi aus der Not geboren wurde, sich inzwischen aber bewährt und etabliert hat. Vor allem gilt das im Hinblick auf Virtualität und die Selbstverständlichkeit des hybriden Arbeitens. Dazu befinden wir uns natürlich auch mit den Arbeitnehmervertretern unseres Konzerns im engen Austausch.

VWheute: Ergeben sich aus der veränderten Arbeitsweise auch Veränderungen in der Büro-Situation?

Jens Warkentin: Der Umbau der Büro-Architektur ist eine Konsequenz, die durch New Work notwendig wird. Weg vom Einzel- oder Doppelbüro mehr hin zu Co-Workingspaces. Um über die aktuelle Pandemie hinaus zu denken: Unser künftiges Büro muss mehr Möglichkeiten der Zusammenarbeit bieten und wohl weniger klassische Arbeitsplätze. Wir müssen zwingend mehr Möglichkeit für kreatives Arbeiten in den Büros schaffen.  Das Büro wird auf diese Weise vom klassischen Arbeitsort mehr und mehr zur Interaktionsfläche. Hier kommen Teams zusammen und arbeiten gemeinsam agil und projektorientiert. Wir sind bei Talanx und HDI aktuell dabei, entsprechende Modelle zu entwickeln und erste Standorte entsprechend einzurichten. Aber bei aller Begeisterung für interaktives Arbeiten – auch „Silent Rooms“ zum konzentrierten und ruhigen Arbeiten dürfen dabei nicht außer Acht bleiben.

Richtig und wichtig ist auch, dass sich viele Mitarbeiter inzwischen auch wieder auf die Arbeit im Büro freuen. Darauf, dass die Arbeit wieder ohne Auflagen und Belegungsbeschränkungen möglich sein wird. Darauf, dass die Interaktion mit den Kollegen sich nicht mehr nur auf Videokonferenzen und Teams-Schaltungen beschränkt, sondern man sich auch physisch wieder zu Meetings treffen kann, genauso wie zum kurzen Austausch an der Kaffeemaschine oder zum Essen in der Kantine.

Unter dem Strich sind also neue, ausgewogene Konzepte gefragt, die dem neuen hybriden Arbeiten – gleichberechtigt in Büro und mobil – gerecht werden. Aktuell sind wir deshalb dabei, zusammen mit unseren Sozialpartnern dieses „New Work“ auf der Grundlage einer Vertrauenskultur, einer neuen Arbeitswelt und einem konsequenten und transparenten Führungsverständnis zu entwickeln.

Autor: VW-Redaktion