Barmenia-Vorstand Lamsfuß: „Was noch Zukunftsvision war, ist heute gelebte Praxis“

Frank Lamsfuß. Quelle: Barmenia

Barmenia hatte keine Corona-Fälle im eigenen Haus. Die Umstellung für Kunden und Vermittler war auch so anstrengend. „Hätte mir am Anfang des Jahres jemand gesagt, dass es Tage und Wochen geben wird, in denen ein Großteil der Belegschaft im Homeoffice arbeiten wird und alles so gut und reibungslos läuft, als wären sie vor Ort – es wäre mir schwergefallen, dies zu glauben“, gesteht Barmenia-Vorstand Frank Lamsfuß im Exklusiv-Interview mit VWheute.

VWheute: Die vergangenen Monate wurden vor allem durch die Corona-Pandemie und deren Folgen für die Versicherungsbranche geprägt. Wie haben sich die Folgen bislang bei der Barmenia bemerkbar gemacht?

Frank Lamsfuß: Ganz klar, eine Pandemie, hat Folgen, für jeden von uns und natürlich auch für die Barmenia. Von heute auf morgen mussten wir uns auf Homeoffice, digitale Beratung, Hygiene- und Abstandsregeln einstellen. Wir alle standen mit einem Mal vor völlig neuen Herausforderungen, die zwar in der Theorie mal angedacht, aber Gott-sei-Dank, nie in der Praxis bewältigt werden mussten. Aber es hat sich gezeigt, wir als Barmenia funktionieren auch in Krisenzeiten und haben eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass unser Selbstverständnis – in jeder Situation einfach menschlich zu sein – keine leere Worthülse ist, sondern gelebte Praxis, auf die wir stolz sein können.

Dank einer unternehmens- und fachübergreifenden „Corona-Task-Force“ sowie eines effizienten Krisenstabs haben wir innerhalb kürzester Zeit für Kunden, Vermittler und für Kolleginnen und Kollegen Lösungen und Freiräume geschaffen, die oft ganz individuellen Herausforderungen bewältigen zu können. So konnten z. B.  im Ausland erkrankte Kunden ihren Reiseschutz ganz einfach per Telefon oder E-Mail verlängern.

Bei finanziellen Engpässen haben wir sofort Zahlungsstundungen oder Beitragsfreistellungen angeboten. Doch am wichtigsten war und ist, dass wir für unsere Kunden ein offenes Ohr haben und unser Vertrieb trotz geschlossener Büros alles möglich gemacht hat, den Kontakt zu halten und als Partner beratend zur Seite zu stehen.

Bezogen auf konkrete Erkrankungen sind wir froh, dass bisher in der Belegschaft keine Erkrankung aufgetreten ist. Damit dies auch so bleibt, halten wir uns weiterhin streng an das von unserem Krisenstab erstellte Sicherheits- und Hygienekonzept.

VWheute: Marktbeobachter sprechen von einem neuen Digitalisierungsschub für den Versicherungsvertrieb: Wie sind Ihre Einschätzungen dazu?

Frank Lamsfuß:
Das kann ich absolut bestätigen. Hätte mir am Anfang des Jahres jemand gesagt, dass es Tage und Wochen geben wird, in denen ein Großteil der Belegschaft im Homeoffice arbeiten wird und alles so gut und reibungslos läuft, als wären sie vor Ort – es wäre mir schwergefallen, dies zu glauben. Doch jetzt ist das, was sich noch vor Kurzem als Zukunftsvision darstellte, gelebte Praxis.

Sicherlich ist die Umstellung für den Innendienst hier leichter. Doch der Vertrieb hat sich mit verändert. Die eingeschränkten Möglichkeiten des persönlichen Kontakts wurden durch digitale Kanäle ersetzt. Videocalls und -konferenzen sind sowohl für Kunden und Vermittler zu einer wichtigen Ergänzung des Beratungsalltags geworden. Digitale Unterschriften oder begleitete Online-Abschlüsse werden mehr und mehr eingesetzt.   

Doch was wir nicht unterschätzen dürfen: Diese jetzt noch rasanter zunehmende Digitalisierung setzt eine leistungsfähige IT sowie lern- und begeisterungsfähige Mitarbeiter voraus. Dank umfassender Modernisierung unserer IT in den letzten Jahren, waren wir auf den Digitalisierungsschub gut vorbereitet. Das hat uns in dieser turbulenten und herausfordernden Zeit sehr geholfen. Und wir sind als Barmenia einfach ein großartiges Team, das nie den Kunden aus den Augen verliert, offen für neue Themen ist und sich für neue digitale Lösungen begeistern lässt.

VWheute: Viele Versicherungsunternehmen haben ihren Geschäftsbetrieb kurzfristig ins Homeoffice verlegt: Welche mittel- und langfristigen Folgen sehen Sie für agile Arbeitsmodelle?

Frank Lamsfuß:
Agile Arbeitsmodelle werden natürlich mittel- und langfristig immer interessanter und wichtiger. Wir waren gut beraten, uns schon vor Ausbruch der Pandemie mit agilen Arbeitsmethoden zu beschäftigen. Das hat den Umgang mit der Pandemie, wenn man das so überhaupt sagen kann, schon erheblich erleichtert. So haben wir unsere Vertriebe rechtzeitig flächendeckend mit notwendiger Software ausgestattet.

Schulungen konnten kurzfristig auf digitale Kanäle umgelegt werden. Unsere Schulungsakademie hat Video-Tutorials als Selbstlernprogramme zur Verfügung gestellt, die gerne von unserem Vertrieb abgerufen werden. Zusätzlich hat der Vertrieb die digitalen Medien in seinen Beratungsalltag integriert. Jetzt gilt es, die Erfahrungen zu bewerten, Chancen herauszufiltern und die positiven Veränderungen auch für eine Zeit nach Corona für den Arbeitsalltag zu etablieren.  

VWheute: Die Pandemie hat auch gravierende Auswirkungen auf das Gesundheitssystem Deutschlands. Welche Auswirkungen sehen Sie aktuell auf das PKV-Geschäft und welche Folgen erwarten Sie für die Zukunft?

Frank Lamsfuß:
Zunächst möchte ich noch einmal betonen, dass Deutschland sehr froh sein kann, auf ein so leistungsfähiges und bewährtes Gesundheitssystem zurückgreifen zu können. Hier hat sich die Dualität aus PKV und GKV bewährt. Besonders in diesen Zeiten lernen die Menschen ein funktionierendes Gesundheitssystem einmal mehr schätzen. Wir verzeichnen in der Krankenversicherung einen deutlichen Zuwachs an Absatz, insbesondere in der Zusatzversicherung, aber auch im anspruchsvollen Geschäft der Krankheitskosten-Vollversicherung.

VWheute: Werfen wir einen kurzen Blick auf das zweite Halbjahr 2020: Wie sind Ihre Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr und wo liegen aktuell Ihre Unternehmens- und Vertriebsziele?

Frank Lamsfuß:
Nun, die Absatzzahlen des ersten Halbjahres belegen, dass unser Vertrieb bislang sehr erfolgreich gearbeitet hat. Nicht nur in der Krankenversicherung, auch in der Schaden-/ Unfallversicherung hatten wir Zuwächse. Lediglich in der Lebensversicherung spüren wir die Auswirkungen der Pandemie auf der Absatzseite, jedoch längst nicht so stark, wie für den deutschen Markt erwartet. Deshalb hoffe ich, dass wir diesen Schwung mit ins zweite Halbjahr nehmen und insgesamt weiter wachsen können.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Tobias Daniel.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

19 − dreizehn =