Acht unbequeme Wahrheiten über Künstliche Intelligenz

Gerd Altmann auf Pixabay

Künstliche Intelligenz: Braucht jeder, will jeder, muss jeder haben. Dieser Eindruck kann derzeit entstehen, wenn es um den Einsatz von KI und Machine Learning in Unternehmen geht. Gleichzeitig empfinden viele Verantwortliche das Thema als „Black Box“, die viel Geld kostet, aber keine Resultate garantiert. Aber ist KI tatsächlich eine „Geheimwissenschaft“, die demjenigen Ruhm und Ehre verspricht, der sie entschlüsselt? Keineswegs: Bei Licht betrachtet kocht auch diese Revolution nur mit Wasser – und muss wie jedes andere IT-Projekt behandelt werden. Dafür sprechen acht nüchterne Fakten und Erkenntnisse. Ein Gastbeitrag von Branimir Brodnik.

1.      KI bedeutet nicht zwangsläufig Disruption

Sicher: Alexa und Co. sind spektakuläre „Game Changer“, die erst mit KI möglich wurden. Die meisten und viel näher liegenden Anwendungen sind aber vergleichsweise „langweilige“ Fälle, in denen bestehende Prozesse verbessert und effizienter gemacht werden, etwa in der automatisierten Verarbeitung von Transaktionen. Es ergibt also wenig Sinn, auf die eine großartige Idee zu warten und die bereits verfügbaren Vorteile ungenutzt zu lassen.

2.      Bei KI entscheidet das Training, nicht die Programmierung

Wer als Kind Klavier spielen gelernt hat, weiß: Können und Wissen entsteht durch Training und Wiederholung. Bei KI ist es nicht anders: Das Wissen wird nicht in die Technologie hineinprogrammiert, es wächst durch ständig wiederholtes Training mit Daten. Ohne geeignete Daten und ohne geduldiges Üben entsteht keine nützliche Intelligenz, sondern nur künstliches Halbwissen und falsche mathematische Modelle. Hinzu kommt, dass gute Resultate auf Trainingsdaten nicht zwingend auch zu guten Resultaten auf reellen Daten führen.

3.      Auch bei KI hat das Wachstum Grenzen

Drei der wichtigsten Voraussetzungen für KI sind heute gegeben: Big Data, Cloud Sourcing und die nötige Rechenleistung. Das Wachstum von KI, das wir aktuell erleben, ist aber auch eine Art Nachholeffekt, weil bisher ungenutzte Daten und Ressourcen jetzt zum Einsatz kommen und eine Massenverarbeitung sogar in Realtime möglich ist. Allerdings dämpfen auch rechtliche Fragen, wie zum Beispiel Urheberrechte an den Trainingsdaten, ein noch schnelleres Wachstum.

4.      KI ist heute (noch) ein Nischenthema

Erfüllen sich Horrorvisionen, in denen KI den Menschen ersetzt und überflügelt? Tatsache ist, dass – Stand heute – KI ein Fall für spezielle Use Cases ist. Bei einzelnen Aufgaben, etwa der Mustererkennung in Risk und Fraud bei Banken, ist die Technologie dem Menschen bereits deutlich überlegen.  Laut jüngster Bitkom-Umfrage nutzen heute zwei Prozent der etablierten Unternehmen KI in ihren Prozessen – bei Startups sind es sogar 39 Prozent! Mit einer rasanten Ausbreitung ist jedoch aufgrund des Expertenmangels nicht zu rechnen. Hier wird man eher in Generationen denken müssen.

5.      KI und „Do It Yourself” sind keine Traumkombination

Auch wenn manche Anbieter das anders darstellen: Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen sind und bleiben ein hochkomplexes Thema – es gibt zu viele Disziplinen und zu viele hochspezialisierte Lösungsansätze. Die Übersicht über die Fülle der Algorithmen zu wahren, ist auch für Spezialisten kaum möglich. Natural language processing folgt anderen Regeln als zum Beispiel die Objekterkennung in Bildern. Für Nicht-Spezialisten ist die Materie völlig undurchschaubar. Deshalb scheidet einfache und schnelle „Umprogrammierung“ im Selbstbedienungsverfahren aus.

6.      Es wird keine Spezialisten für „KI“ geben, sondern für einzelne KI-Disziplinen

Den KI-Alleskönner unter den Anbietern wird es aller Voraussicht nach nicht geben – dafür ist die Materie wie dargestellt zu komplex. Stattdessen sind Strukturen im Markt zu erwarten, wie sie aus anderen Disziplinen der IT bekannt sind: Spezialisten kümmern sich um einzelne Disziplinen wie beispielsweise. Fraud detection, Bildanalyse oder Sprachverarbeitung.

7.      Die KI-Anbieter sind weiter als die KI-Anwender

„Für unseren KI-Use-Case gibt es noch keine Softwarelösung“ – diese Ausrede funktioniert heute kaum noch. Sowohl große Anbieter wie IBM, Microsoft oder NVIDIA als auch Open Source Frameworks wie Tensorflow sind bereits verfügbar und erleichtern den Einsatz von KI und deren Integration in bestehende Infrastrukturen signifikant. Doch Achtung: Auch wenn der Zugang zu Standard-KI-Funktionen dadurch erleichtert wird, ist immer noch nicht garantiert, dass diese KI-Funktionen im Business Prozess den erwarteten Nutzen und die erhoffte Qualität erbringen.

8.      KI ignorieren ist nicht möglich

Auch ohne dezidierte KI-Anwendungen ist es bald nicht mehr möglich, die Technologie aus der IT herauszuhalten. KI steckt zunehmend im Kern von Anwendungen aller Art – und die lernenden Algorithmen sorgen dafür, dass diese Rolle wächst. Das fängt schon bei kleinen KI-Funktionen an, etwa im eigenen E-Mail-Postfach oder in Tabellenkalkulationen.

Autor: Branimir Brodnik, Microfin Unternehmensberatung

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