Zitzmann: „Mario Draghi geht zu weit“

Armin Zitzmann, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger. Quelle: Nürnberger

Überzieht die EZB ihr Mandat? „Ja, eindeutig“, sagt der Vorstandschef der Nürnberger Versicherung, Armin Zitzmann. Er prophezeit, dass das Schlimmste für Sparer erst noch komme. „In Nürnberg hat gerade die Sparkasse langlaufende Sparverträge gekündigt, weil sie keine hohen Zinsen mehr zahlen kann, wenn sie selbst Minuszinsen zahlt. Die EZB-Politik trifft also alle Sparer-Generationen in Deutschland“, sagt Zitzmann dem Handelsblatt.

„Momentan kommt von der EZB nichts, was für die deutschen Versicherer wie eine gute Nachricht klingen würde“, stellt Zitzmann ernüchternd fest. Daran ändere auch die neue Chefin Christine Lagarde nichts. „Es läuft ja gerade die Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht. Es geht um die Frage: Sind die Maßnahmen, die die EZB ergriffen hat und weiter ergreift, verfassungsgemäß? Ich habe da meine Zweifel. Für mich geht Mario Draghi zu weit“, betont der Vorstandschef. Seine Begründung: „Wenn man die Zinsen ansieht von Ländern, die aufgrund ihrer Staatsfinanzen und wirtschaftlichen Situation ein wirkliches Risiko darstellen, dann ist ein Nullzins dort ganz klar eine Marktverzerrung.“

Er gibt zwar zu, dass durch die Handelskonflikte ein Abschwung droht, aber er hat seine Zweifel, „ob die EZB so reagieren musste, wie sie es jetzt getan hat. Das ist nicht mehr unbedingt ein geldpolitisches Instrumentarium, sondern in meinen Augen eine versteckte Staatsfinanzierung von hochverschuldeten Ländern wie Italien.“ Was die Niedrigzinsen die deutschen Versicherer kostet, ist seiner Meinung nach schwer beziffern. 

 „Letztlich schütten wir in der Lebensversicherung mehr als 90 Prozent unserer Kapitalerträge an die Versicherten aus. Die entscheidendere Frage ist also, was kostet dieser Schritt die Versicherten – und das ist viel. Denn die EZB torpediert das private Altersvorsorgesystem der Versicherten.“ Deshalb befürchtet er: „Wenn die Menschen für das Sparen keinen Anreiz mehr haben, dann wird der Druck auf den Staat wachsen, die staatliche Altersvorsorge doch mit irgendwelchen Mitteln wieder sicherzustellen. Da geht es nicht um die Leute, die ein hohes Vermögen haben, sondern es geht um den Normalbürger, der neben der gesetzlichen Rente noch versucht, privat vorzusorgen. Bei Nullzinsen gibt es dafür aber kaum einen Beweggrund mehr.“

Ist die klassische Police damit tot? „In der jetzigen Zinssituation: ja. Solche Policen können Sie den Kunden ja kaum mehr vermitteln, weil Sie als Versicherter letztlich – nach Abzug der Kosten – nur das ausbezahlt bekommen, was sie eingezahlt haben“, sagt Zitzmann.