DVAG macht Werbung mit „Deepfake“-Klopp

Hat gut lachen: Der Finanzvertrieb DVAG, der im Februar einen neuen TV-Spot mit seinem langjährigen Werbepartner Jürgen Klopp präsentierte, konnte seine Provisionserlöse im Jahr 2023 um gut fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern. (Bildquelle: DVAG)

Die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) springt in ihrer neuen Werbekampagne auf den KI-Zug auf und lässt Testimonial Jürgen Klopp in 55 Sekunden in 14 unterschiedliche Berufe schlüpfen. Bei „Kloppos“ Was-wäre-wenn-Performance als Bäcker, Taxifahrer oder Zahnarzt ist aber nur das Gesicht des Liverpool-Trainers echt – mittels sogenannter „Deepfakes“ wurde es auf die Körper echter Schauspieler „gesetzt“. Dass Deepfakes derzeit kein sonderlich gutes Image genießen, scheint die DVAG nicht sonderlich zu stören.

Den handwerklich exzellent gemachten Werbefilm kann man sich in einer 55-sekündigen Onlineversion auf Youtube anschauen, außerdem gibt es eine 30-sekündige TV-Fassung. Beide Spots feierten am Wochenende im Umfeld des Bundesligakrachers Bayer gegen Bayern und des Superbowls der NFL Premiere. Vom Superbowl beziehungsweise Taylor Swift wird nachher noch die Rede sein. Doch zunächst ein Blick auf die Machart der fantastischen Kloppo-Reise, die in puncto Produktionsvolumen das größte Werbeprojekt ist, das die DVAG bislang je gemacht hat. Konkrete Zahlen verrät der Finanzvertrieb allerdings auch dieses Mal nicht.

2020 kursierten Schätzungen, dass sich die DVAG allein schon das Engagement des 56-jährigen Erfolgscoachs einen „mittleren einstelligen Millionenbetrag“ kosten lasse. Die 2015 begonnene Werbepartnerschaft läuft noch bis 2025. Klar ist: Das neueste Projekt dürfte aus technischer Sicht schwerlich zu toppen sein. In einem Video, das die DVAG auf Facebook geteilt hat, spricht „Knossi“, der „Backstage-Reporter“ des Unternehmens, von einer Produktion „auf einem anderen Level“. Der spätere Spot werde zu 80 Prozent aus KI bestehen und nur zu 20 Prozent aus Klopps Gesicht. Dieses wird „mittels sogenannter ,Deepfakes‘ auf die Körper echter Schauspieler ,gesetzt‘“, heißt es in einer Mitteilung der DVAG. Die Computer brauchten laut „Knossis“ Facebook-Video drei Wochen, um alle aufgenommen Echt-Daten von Klopps Gesicht zusammenzurechnen. Auch die Stimme des Premier-League-Trainers wurde „synthetisiert“, also künstlich erzeugt auf Basis seines persönlichen Sprachduktus.

„Kloppo“ verwandelt sich auf diese Weise in einen Heil-Guru, Taxifahrer, Bäcker, Zahnarzt, Pilot, Koch, Landwirt, Bauarbeiter, Bergsteiger, Pfarrer und, schnauf, Feuerwehrmann. Ach ja, einen Auftritt als Rockstar und – im anderen Extrem – als desillusionierter Werbeflyer-Verteiler in der Fußgängerzone legt Klopp ebenfalls hin, alles dank künstlicher Intelligenz.

Die Botschaft, die die Deutsche Vermögensberatung hinter all dem Aufwand an den Zuschauer bringen möchte, lautet sinngemäß: Binnen Sekunden kann sich dein Leben ändern – und genau dann kommt es darauf an, „sich auf die richtigen Berater und Coaches verlassen zu können“, wie es in der Mitteilung der DVAG heißt.

Aus Klopps KI-Mund hört sich das so an: „Es gibt so viele Möglichkeiten, wie ich mein Leben hätte führen können – manchmal ist es nur eine einzige Entscheidung, die das Schicksal in eine andere Richtung lenkt und zu einem ganz anderen Leben führt.“ Ob dieses besser oder schlechter verlaufen wäre, ob es besser zu ihm gepasst hätte, könne er nicht wissen. Er sei „jedenfalls froh, Menschen um mich zu haben, die mich in den wichtigen Momenten gut beraten.“ Gemeint sind damit natürlich die Berater der DVAG. Das Unternehmen selbst spricht von „einem Spot mit beeindruckenden Bildern, einer humoristischen Note und einer starken Botschaft“.

Unterdessen hat die aktuelle Debatte um Deepfakes eher wenige humoristische Züge zu bieten. Nicht nur Netz-Aktivisten und Regulierungsbehörden befürchten, dass immer mehr einfach zu bedienende KI-Tools dazu führen, dass eine unkontrollierbare Welle gefälschter Deepfakes im Netz landen. Denn die Technologie, mit der die Gesichter echter Menschen in Fotos oder Filme eingefügt werden können, kann eben auch Scharlatane anlocken. Und das tut sie bereits in großer Zahl. Erst kürzlich sorgten KI-generierte Nacktbilder von Popstar Taylor Swift für Empörung unter Fans und in weiten Kreisen der US-Politik. Eines der Bilder wurde laut Medienberichten bei X, vormals Twitter, 47 Millionen Mal aufgerufen, bevor es entfernt wurde.

Vor dem Hintergrund dieses Wirbels dürfte die Kritik, die sich die DVAG nun womöglich anhören muss, einem bekannten Internet-Meme-Kalauer folgen: „Timing ist keine Stadt in China!“

Autor: Lorenz Klein

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