Talanx belohnt CEO Leue mit neuem Sechsjahresvertrag
Torsten Leue musste in große Fußstapfen treten, als er 2018 an die Spitze des drittgrößten deutschen Versicherungskonzerns rückte und auf den langjährigen Chef Herbert K. Haas folgte. Der amtierende Aufsichtsratschef der Talanx bewertet die Arbeit seines Nachfolgers mit dem Prädikat „hervorragend“. Leue habe den Konzern „sehr erfolgreich weiterentwickelt“. Nun wurde sein Vorstandsvertrag bis 2028 vorzeitig verlängert. Ziele und Aufgaben bleiben die gleichen.
Torsten Leue kam im Mai 2018 an die Spitze des drittgrößten deutschen Versicherungskonzerns. Fünf Monate später musste er die erste Gewinnwarnung aussprechen. Statt 850 Mio. Euro wurde der Gewinn auf 700 Mio. Euro runtergeschraubt – wegen Problemen im Industriegeschäft. Leue wurde vor allem daran gemessen, wie er dieses Problem in den Griff bekam. Die Sanierung ist u.a. auch durch Preisanhebungen geglückt. Die Bruttoprämien wachsen stetig, 2006 waren es noch knapp 20 Mrd. Euro, 2015 etwa 32 Mrd. Euro, inzwischen sind es 45,5 Mrd. Euro. Je nach Katastrophenlage schwankte der Gewinn in den vergangenen Jahren bislang zwischen 600 und 900 Mio. Euro – 2021 ist er erstmals über die Eine-Mrd.-Euro-Marke gesprungen. Dazu tragen die guten Erstversicherungsaktivitäten bei, die nun einen Anteil von 45 Prozent am Konzernergebnis aufweisen, welcher 2018 noch bei 31 Prozent lag.
Aber auch die Tochter Hannover Rück, an der die Talanx mit 50 Prozent beteiligt ist, war in den vergangenen Jahren eine starke Stütze. Der Rückversicherer hat seinen Gewinn 2021 um 39 Prozent auf 1,23 Mrd. Euro erhöht. Auch die globale und segmentübergreifende Diversifizierung der Ertragsströme vor allem im Nicht-Leben-Bereich, soll weiterhin profitables Wachstum ermöglichen. Daher werden in diesem Jahr zwei Drittel des Geschäfts aus dem Ausland stammen, 2018 waren es 53 Prozent.
Für Zukäufe ist man in Hannover offen, ein „mittlerer einstelliger Milliardenbetrag“ steht dafür zur Verfügung. Ob man in Südostasien einsteigt, wird noch dieses Jahr entschieden. Die Talanx-Aktie erreichte unter Leue ihr Allzeithoch von 48 Euro unmittelbar vor der Corona-Pandemie. Nach den heftigen Verlusten erholen sich die Papiere seitdem auf hohem Niveau und markieren über der 40-Euro-Marke. Der CEO betont: „Wir haben das Gewinnziel je Aktie mit einer durchschnittlichen Steigerung von bislang 5,6 Prozent pro Jahr erreicht.“
Wachstumsmarkt Cyber
Die Großschadenbelastung ohne Corona war im vergangenen Jahr so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. In diesem Umfeld einen Milliardengewinn ohne Sondereffekte erreicht zu haben, spricht für die Qualität des Unternehmens. Verwerfungen am Kapitalmarkt entgegnet die Talanx mit einer Low-Beta-Strategie und dem Ansatz, weniger Risiken bei den Kapitalanlagen einzugehen. Es gilt „neben einer konservativen Kapitalanlagepolitik in der Versicherungstechnik ein aktives Zyklusmanagement zu forcieren“, so Leue.
Für den ehemaligen Allianz-Manager wird die Gefahrenlage mittelfristig insbesondere bei Cyber-Risiken zunehmen, sodass die Übernahme von Versicherungsrisiken in diesen Bereichen deutlich anspruchsvoller werden. Die Cyberversicherung sieht er dennoch als Wachstumsmarkt an. Bei der digitalen Transformation ist der CEO darauf stolz, dass man 600 Anwendungen abgeschaltet habe – dies entspricht 35 Prozent der Gesamtsysteme in Deutschland. „Vor zwei Jahren standen wir bei 20 Prozent. Wir bekommen so mehr Luft, um in die Modernisierung zu investieren.“ Geld möchte man u.a. in die Schadenprävention stecken, z.B. neue Technologien für vorausschauende Wartung von Maschinen – damit will man eine verlustreiche Feuersparte vermeiden.
Talanx stellt Leue gutes Zeugnis aus
„Seit seiner Bestellung zum Vorstandsvorsitzenden der Talanx AG im Mai 2018 hat Herr Leue den Konzern sehr erfolgreich weiterentwickelt. Dies gilt sowohl für den wirtschaftlichen Erfolg als auch für den kulturellen Wandel der Gruppe“, sagt Herbert K. Haas, Aufsichtsratsvorsitzender der Talanx AG, zur Vertragsverlängerung. Der Manager habe bislang „hervorragende Arbeit“ geleistet und man sei überzeugt, dass Leue „diesen Weg, zum Wohle aller Stakeholder, in den folgenden Jahren fortsetzen wird.“
Der aktuelle Talanx-Chef gilt als Manager, der gerne alte Strukturen aufbricht. So passt es ins Bild, dass gerade unter seiner Führung vergangenen Mai mit Caroline Schlienkamp die erste Frau in den Talanx-Vorstand vorrückte. Leue selbst gilt als ausgewiesener Fachmann in Führungsfragen. In der Vergangenheit agierte er für den Konzern selbst einmal als Arbeitsdirektor. Der Faktor Mensch steht für den CEO im Mittelpunkt. Teammitglieder zusätzlich motivieren, mehr Eigenverantwortung zulassen, mehr auf die Menschen hören: Das gehört laut Leues Aussagen zum ABC des „New Leadership“. Leue setzt große Stücke auf die Vertrauenskultur.
Im exklusiven Manager-Ranking der Zeitschrift Versicherungswirtschaft (Ausgabe Mai/2022) erhielt er folgerichtig einen Top-Ten-Platz. Das Fazit der Redaktion: „Leue ist so, wie die Talanx sein will. Sehr international ausgerichtet (…). Er gilt als stiller Macher. Intern packt Leue die Dinge ungern in Watte und spricht unbequeme Wahrheiten lieber offen aus. Ein kluger Kopf der Branche.“
Autoren: Michael Stanczyk und David Gorr