Frauen machen Berufsunfähigkeitsversicherung teurer

Guido Bader auf dem Handelsblatt "Strategiemeeting Lebensversicherung" 2021 in Düsseldorf. Quelle: usk

Risikoschutz wird in der Lebensversicherung wohl deutlich teurer. Grund ist, dass mehr Frauen aufgrund psychischer Leiden berufsunfähig werden. Gleichzeitig kommt es zum 1. Januar 2022 zu einer Absenkung des Kalkulationszinses. Die Assekuranzen dürften die Rücklagen für künftige Schadenfälle nur noch mit 0,25 Prozent verzinsen. Bisher waren es 0,9 Prozent gewesen. Daher sind für die gleichen Rücklagen höhere Beiträge der Kunden notwendig.

Nach Erkenntnis der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) müsste rein kalkulatorisch allein aus der Zinsabsenkung die Berufsunfähigkeitsversicherung für eine 20-jährige Person um bis zu 10,5 Prozent steigen, wenn der Schutz bis zum 67. Lebensjahr läuft – also bis zum Eintritt in die gesetzliche Rente.

Das gilt im gleichen Umfang auch für sogenannte Grundfähigkeitspolicen, die derzeit oft alternativ Kunden angeboten werden, die wegen Vorerkrankungen keinen oder nur sehr teuren Berufsunfähigkeitsschutz erhalten. Für die Risikolebensversicherung bedeutet der abgesenkte Zins eine Verteuerung um bis zu 9,5 Prozent und für die private Erwerbsunfähigkeitsversicherung um bis zu neun Prozent.

Die einzelnen Versicherer sind aber in ihrer Preispolitik frei. Sie können individuell kalkulieren. Besonders betroffen dürfte aber der private Berufsunfähigkeitsschutz sein. Nur diese Versicherung schützt Berufstätige bei jeder Krankheit. Auch wer aus psychischen Gründen nicht mehr arbeiten kann, erhält dann eine Rente.

Risiko steigt um 30 Prozent

Bei Frauen bis zum 40. Lebensjahr ist laut DAV das Risiko aus seelischem Leiden berufsunfähig zu werden seit 1997 um rund 30 Prozent gestiegen. „Und eine Rückkehr in den Beruf ist bei psychischen Erkrankungen meist nicht mehr möglich“, sagte Guido Bader, Vorstandsmitglied der DAV und Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Lebensversicherung auf der Handelsblatt-Jahrestagung „Strategiemeeting Lebensversicherung“ in Düsseldorf. Zudem gäbe es eine große Unsicherheit, wie sich der Anteil an psychischen Erkrankungen in Zukunft entwickelt.

„Daher haben wir in der Berufsunfähigkeitsversicherung noch einen Sicherheitszuschlag einkalkuliert“, so Bader. Gleichzeitig stellen die Mathematiker aber fest, dass ab 40 Jahren Frauen und Männer deutlich seltener berufsunfähig werden. Bei Frauen beträgt der Rückgang rund 36 Prozent und bei Männern sogar 45 Prozent. Grund ist, dass Erkrankungen des Bewegungsapparats, wie Rücken- oder Knieprobleme sowie Herz- und Kreislauferkrankungen deutlich seltener auftreten. „Ob das am Sport oder an einer gesünderen Ernährung liegt, wissen wir nicht“, sagte Bader.

Nur Neugeschäft betroffen

Wie die einzelnen Lebensversicherer ab 2022 auf die neuen Daten reagieren, ist noch unklar. Bader: „In der Summe ist aber mit einem Anstieg der Prämien für die Berufsunfähigkeitsversicherung zu rechnen“. Das gilt gleichermaßen für Frauen und Männer, denn seit 2013 es gibt nur Uni-Sex-Tarife. Laut Volker Priebe, Mitglied des Vorstands der Allianz Lebensversicherungs-AG, fließen in die neue Kalkulation auch die Daten aus dem eigenen Kundenbestand ein.

Priebe bestätigte, dass es bei der Allianz 2022 beim Berufsunfähigkeitsschutz Veränderungen geben wird. „Die neuen Rechnungsgrundlagen gelten grundsätzlich nur für Neuabschlüsse, der Bestand bleibt davon unberührt“, erklärte der DAV-Vorsitzende und Vorstandsvorsitzende der Bayerische Beamten Lebensversicherung, Herbert Schneidemann, auf Anfrage. Allianzvorstand Priebe verwies darauf, dass für Kunden eine frühe Absicherung mit noch guter Gesundheit sinnvoll ist. Die Risikoprüfung wird dann meist ohne Zuschläge oder Ausschlüsse gemeistert. „Daher ist das sicher eine Ermutigung, sich jetzt nochmal um die Berufsunfähigkeit zu kümmern“, so Priebe.

Autor: Uwe Schmidt-Kasparek

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

10 + vier =