Rekord-Immobilienquote: Versicherer läuten Renaissance der Wohnimmobilie ein

Die Versicherer wollen immer mehr Immobilien. Bild von Sebastian Wagner auf Pixabay.

Bei deutschen Versicherern liegen Investitionen in Immobilien weiterhin voll im Trend, allerdings hat sich der Investitionsfokus auf Wohnimmobilien verschoben. „Pandemiesichere Assets wie Wohnen und Logistik liegen weit vorne, während die im Vorjahr präferierten Assetklassen Büro, Einzelhandel und Hotel teils weit zurückgefallen sind“, sagt Dietmar Fischer, Partner bei EY Real Estate und Autor des zum 14. Mal durchgeführten Trendbarometers „Immobilienanlagen der Assekuranz“.

 Im Mai 2021 waren für diese Studie 30 führende Unternehmen der Assekuranz befragt worden. „Die Corona-Pandemie steigert die Attraktivität risikoarmer Immobilieninvestments sogar noch, wenngleich sie zu einer Verschiebung hin zu pandemieresistenten Nutzungsarten führt.“ Der Umfrage zufolge erreicht die Immobilienquote mit 11,5 Prozent (Marktwerte) einen historischen Rekord.

Die Assekuranz war viele Jahrzehnte ein bedeutender Investor von Wohnimmobilien. In manchen Städten gehörten Versicherern gleich ganze Viertel. 96 (2020: 75) Prozent der Befragten haben Wohnimmobilien nun in ihren Fokus gerückt. Büroimmobilien verlieren weiter (62 versus 73 Prozent 2020) und sind nun sogar weniger im Investitionsfokus als Infrastrukturinvestments (79 versus 42 Prozent 2020). „Die Bedarfe ändern sich und damit verändern sich auch die Investments. Das ist ein Trend, der weiter gehen wird“, so Fischer. Führende Unternehmen lockerten die Präsenzpflicht.

Es gebe dabei einen deutlichen Trend hin zu risikoarmen Immobilieninvestments. Weiterhin bevorzugt würden geschlossene Fonds und Direktbestand. Mit der Projektentwicklung beschäftigten sich Versicherer nur dann, wenn es Vorverträge mit Ankermietern gebe und das Risiko möglichst beim Projektentwickler bleibe. Dass die Assekuranz hier aktiv werde, liege daran, dass die sogenannten “Core-Objekte“ zunehmend Mangelware würden.

Und die Risiken?

Gefahr der Blasenbildung sieht Fischer aber nicht. „Unsere Hausmeinung ist, dass wir keine Blase sehen, aber wohl eine deutliche Überhitzung in den Top-7-Standorten. Es gibt kein Indiz für Blasenbildung, keine Indikatoren“. Die Überhitzung resultiere aus der hohen Nachfrage – und nicht wie 2007 aus Regulierungslücken. Da mit Solvency II, Basel III und dem Anlegerschutzgesetz inzwischen viel reguliert worden sei, „werden wir in der Form mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Blase sehen.“  Alle Umfrageteilnehmer gehen davon aus, dass die Immobilienwirtschaft stabil bleiben wird. 86 Prozent beklagten aber das hohe Preisniveau.

Der Umfrage zufolge wollen 63 Prozent der befragten Versicherer ihre Immobilienquote weiter steigern, während die übrigen 37 Prozent sie konstant halten möchten. Mehr als die Hälfte plant, Immobilienanlagen innerhalb des Gesamtportfolios am stärksten auszubauen. 77 Prozent wollen nun aber breiter diversifizieren. „Immobilienanlagen mit stabilem Cashflow sind für die Assekuranz im Niedrigzinsumfeld unabdingbar, um Garantiezinsversprechen weiterhin einhalten zu können, auch wenn der Garantiezins wie geplant zum Beginn des nächsten Jahres zum wiederholten Male gesenkt wird“, so Fischer.

Laut EY wird der Immobilienbestand der Versicherungen zu 60 Prozent direkt, zu 40 Prozent indirekt gehalten. Dabei erwarten die Umfrageteilnehmer eine durchschnittliche Rendite von 5,6 Prozent (indirekte Anlage) und 4,7 Prozent (direkte). Den Unterschied begründet Fischer mit dem Leverage Effekt, wonach indirekt gehaltene Anlage fremdfinanziert werden können. Deutschland bleibt unisono der beliebteste Standort für Immobilienanlagen.

Alle Befragten halten ESG-Kriterien („Environmental“, „Social“ und „Governance“) bei ihren Immobilienentscheidungen inzwischen für relevant. 95 Prozent gehen zudem davon aus, dass sich nachhaltige Investments finanziell auszahlen werden. Einigkeit besteht allerdings auch darin, dass fehlende Bewertungsstandards und der Mangel an validen Daten eine noch zu bewältigende Hürde darstellen.

95 Prozent der Befragten sehen, dass auch in diesem Bereich noch Nachholbedarf bei der Digitalisierung von Geschäftsmodellen und Betriebsprozessen besteht. Im Mittelpunkt der Digitalisierungsbestrebungen stehen aktuell die Realisierung von Automatisierungspotenzialen, unter anderem in der Bestandsverwaltung, im Transaktionsbereich und im Rechnungswesen.

Auch woanders aktiv

EY kennt sich nicht nur in Immobilien aus. Das Unternehmen hat mit Fadata, einem „führenden Anbieter von Softwarelösungen für die Versicherungsbranche“, eine Allianz geschlossen. Das gemeinsame Ziel ist die Unterstützung von Versicherungsunternehmen bei der Verbesserung ihrer Business-Performance – etwa durch eine „technologische Transformation und die Ermöglichung von digitalen End-to-End-Erfahrungen“. Die neue Kooperation verbindet die Expertise von EY UK im Versicherungssektor und bei großen Geschäfts- und Technologietransformationen mit den Versicherungslösungen von Fadata, schreiben die Unternehmen.

Autor: Monika Lier