Euler Hermes: Mehrheit der Unternehmen will Lieferketten verlagern

Quelle: hhm-glaubitt

Die Corona-Pandemie hat globale Lieferketten vielerorts unterbrochen. Laut einer Studie von Euler Hermes hatten bereits 94 Prozent der befragten Unternehmen zeitweise Unterbrechung der Lieferkette (Deutschland 95 Prozent). Jedes fünfte Unternehmen davon „schwerwiegende Beeinträchtigungen“, Deutschland mit 16 Prozent etwas weniger stark betroffen.

Von den 55 Prozent der befragten 1.200 Unternehmen, die sich mit der Verlagerung ihrer Produktion beschäftigen, erwägen nur zwischen zehn und 15 Prozent, die Produktion tatsächlich „nach Hause“ zu holen, so der Kreditversicherer. Tatsächlich tendieren aber mehr der verlagerungswilligen Unternehmen (30 Prozent), insbesondere auch in Deutschland (44 Prozent), eher zum „Nearshoring“, also zur Verlagerung der Produktion in andere EU-Länder – ein Kompromiss aus geografischer Nähe und Margen-Aspekten.

Kosten und Risiken sind dabei laut Studie auch die Hauptüberlegungen hinter den Lieferantenbeziehungen. Neben der Verlagerung der Produktion (55 Prozent) spielen neue Lieferantenbeziehungen für die Unternehmen aktuell eine große Rolle: Ebenfalls 55 Prozent der befragten Unternehmen erwägt, sich in den nächsten sechs bis zwölf Monaten neue Lieferanten zu suchen. Dabei geben die Unternehmen häufig an, dass sie Lieferanten im eigenen Land bevorzugen würden – allerdings nicht ausschließlich.

„Die größten Patrioten bei der Überlegung, neue Lieferantenbeziehungen aufzubauen, sind wenig überraschend die amerikanischen Unternehmen. Auch Franzosen würden Lieferanten im eigenen Land bevorzugen. Bei den deutschen Unternehmen ist der Anteil etwas geringer – das liegt aber auch daran, dass sie heute schon mehr Lieferanten im Heimatland haben als andere Länder“.

George Dib, Volkswirt und Experte für internationalen Handel bei der Euler Hermes Gruppe

„Es ist nicht ungewöhnlich, dass Lieferketten und deren Unterbrechung während einer Krise in den Fokus geraten: Das war während der letzten drei Rezessionen immer ein heiß diskutiertes Thema, bei dem die meisten Beteiligten aber mehr reden, als im Anschluss tatsächlich handeln“, kommentiert Ron van het Hof, Deutschlandchef von Euler Hermes.

„Einige Unternehmen werden ihre Produktion in die Heimat oder deren geografische Nähe verlagern, aber wir erwarten insgesamt aktuell keine rasche und tiefgreifende strukturelle Verlagerung des Handels durch eine starke Relokalisierung – mit Ausnahme von strategischen Sektoren wie beispielsweise im Medizin- und Lebensmittelsektor. Dennoch ist diese Diskussion über Lieferketten und Produktionsstandorte sehr wichtig, da sich die Unternehmen intensiv damit beschäftigen, wie sie sich möglichst krisensicher aufstellen“, so Van het Hof.

76 Prozent der befragten deutschen Unternehmen hat heute schon Lieferanten in der Bundesrepublik – das ist deutlich mehr als die durchschnittlich 65 Prozent bei allen befragten Unternehmen. Die Deutschen fürchten insofern Konzentrationsrisiken auch wesentlich stärker als die Pendants in den anderen Ländern. Bei der Suche nach neuen Lieferanten wollen sich die befragten deutschen Unternehmen neben dem Heimatland vor allem bei den österreichischen Nachbarn auf die Suche machen. Dort sitzt schon heute rund ein Drittel der ausländischen Lieferanten deutscher Unternehmen. Neben Deutschland und Österreich spielt aber auch weiterhin China eine wichtige Rolle sowie Frankreich.

Autor: VW-Redaktion

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