Alle lieben die Versicherer – nie gab es eine größere Zufriedenheit mit den Unternehmen

Versicherungskunden zufrieden wie nie. Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Die Kundenbegeisterung ist auf einem neuen Höchstniveau. Nie war die Zufriedenheit der Privatkunden in der deutschen Assekuranz höher. Sie erreicht 2020 gar einen neuen Höchstwert. Der Net Promotor Score (NPS) steigt branchenweit auf +18 und erstmals erzielen alle Top 22 Versicherer einen positiven Wert. Allerdings, nur wenige Unternehmen begeistern junge Kunden.
Das ist das zentrale Ergebnis der aktuellen Marktuntersuchung KUBUS Privatkunden 2020, für die die MSR Consulting Group über 14.000 Haushalte befragte. „Die Dynamik der letzten Jahre ist erstaunlich“, erklärt Michael Kullmann, geschäftsführender Partner von MSR. „Die schwächsten Häuser erzielen aktuell einen NPS von +5 und mit diesem Wert lag man vor fünf Jahren etwa auf Marktniveau. Im gleichen Zeitraum konnten die besten Versicherer ihr Ergebnis um über 10 NPS-Punkte auf +34 ausbauen.“

Dabei ist es der Branche erstmals gelungen, nicht nur Schwächen abzubauen, sondern auch sichtbare Steigerungen in der Kundenbegeisterung zu realisieren. Im Jahr 2020 sind marktweit fast 4 von 10 Kunden (38%) sogenannte Promotoren. Somit gibt es aktuell fast doppelt so viele Promotoren wie Kritiker im Markt.
Über alle Versicherer hinweg fällt auf, dass insbesondere Unternehmen aus der unteren Markthälfte überdurchschnittlich stark aufgeholt haben. Der Markt rückt enger zusammen und die Differenzierung über den Faktor Kundenzufriedenheit wird damit zum zentralen Handlungsfeld für die Versicherer.
Die Gründe der Liebe
Als Ursache für die dynamische Entwicklung der Kundenbegeisterung konnten die Analysten der MSR Consulting Group vier konkrete Erfolgsfaktoren identifizieren.
Erfolgsfaktor 1: „Gewinner“ realisieren zunehmend und stabil emotionale und begeisternde Kundenerlebnisse
Viele Häuser haben in den letzten Jahren die relevanten Touchpoints zu ihren Kunden systematisch optimiert und vor allem an den Bedürfnissen der Kunden ausgerichtet. Zunehmend entscheidend wird hierbei, dass die Kunden konsistent über die verschiedenen Kontaktanlässe mit ihrem Versicherer hinweg positive Erfahrungen machen. Und die Toleranz gegenüber schlechten Serviceerlebnissen schwindet: wenn aus der Summe aller Serviceerlebnisse auch nur ein Ereignis negativ heraussticht, wird die Kundenbegeisterungsrate mehr als halbiert.

Viele Versicherer haben diesen Faktor in den letzten Jahren an den wichtigen Kundenschnittstellen in Vertrieb, Betrieb und Schaden optimiert. Während dabei ursprünglich die Verbesserung von Erreichbarkeiten und Durchlaufzeiten sowie die Reduktion von Fehlerschleifen oder die Erhöhung der Kontaktfrequenz im Vertrieb zu beobachten waren, steht aktuell die Ausrichtung des Verhaltens von Mitarbeitern und Vertriebspartnern auf die konkreten Kundenbedürfnisse deutlich im Fokus – insbesondere in den unmittelbaren Kontaktsituationen. Das Eingehen auf die spezifischen Erwartungen der Kunden schafft echte Begeisterung, die weitere Verbesserung von Hygienefaktoren erhält lediglich die Zufriedenheit.
Erfolgsfaktor 2: „Gewinner“ modernisieren systematisch wichtige Kunden-Touchpoints und sprechen damit gezielt digitalaffine Kunden an
Die Digitalisierung in der Assekuranz hat im Jahr 2020 ebenfalls einen echten Schub erlebt. Nutzungsgrad und Akzeptanz digitaler Kanäle nehmen weiter dynamisch zu – und das in allen Alterssegmenten. Zwei von drei Kunden sind mittlerweile digitalaffin oder sogar dem Segment der Digital Lovers zuzurechnen. Die Gruppe der Digital Lovers hat sich in den letzten fünf Jahren sogar mehr als verdoppelt (2016: 16 Prozent, 2020 36 Prozent).

Alle digitalen Kanäle erzielen neue Höchststände in den Nutzungs- und Präferenzquoten: Website, E-Mail, Newsletter, Kundenportal etc. Die Abstimmung der verschiedenen digitalen Kanäle untereinander aber auch zu den traditionellen analogen Touchpoints gelingt jedoch nicht allen Versicherern gleich gut. Nur bei etwa der Hälfte der Versicherer sind die „Digitalkunden“ zufriedener als die „Analogkunden“. „Hier wird sichtbar, welche Potenziale es in diesem Sektor noch gibt.“, resümiert Michael Schulte, verantwortlicher Projektleiter für die KUBUS-Studie.
Erfolgsfaktor 3: „Gewinner“ konzentrieren sich vertrieblich auf überdurchschnittlich abschlussstarke und empfehlungsbereite Zielgruppen
Die Abschlussdynamik ist 2020 nach Jahren der Stagnation wieder spürbar stärker und die Neugeschäftsgewinne des einen sind nicht zwangsläufig die Stornoverluste des anderen. Diese Dynamik unterscheidet sich jedoch deutlich nach Alterssegmenten. Aktuell profitieren insbesondere die Versicherer, die ihren Vertriebsschwerpunkt im Privatkundensegment auf die Altersgruppe der unter 40-jährigen legen. In diesem Segment sind deutlich überdurchschnittliche Abschlussquoten und auch Weiterempfehlungsquoten zu beobachten.

Insgesamt ist das Bild, was sich bei der jungen Kundengruppe zeigt, jedoch sehr heterogen. Nur wenige Unternehmen schaffen es, junge Kunden so zu begeistern. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Zum einen sind viele Vertriebe nicht stark genug auf die fundamentalen Lebensereignisse der Zielgruppe (Auszug, Berufseinstieg, Gründung Familie, etc.) ausgerichtet. Zum anderen liegt das in den bereits erwähnten nicht flächendeckend zufriedenstellenden digitalen Lösungen.
Erfolgsfaktor 4: „Gewinner“ schaffen es, auch bei passiven Kunden eine starke Markenbindung aufzubauen
Die ersten drei Erfolgsfaktoren zielen klar darauf ab, die Customer Experience von Kunden mit konkreten Kontakterlebnissen zu verbessern. Die Versicherer haben im Durchschnitt aber auch einen nennenswerten Anteil an passiven Kunden – also Kunden ohne Geschäftsvorfälle oder eine spürbare vertriebliche Betreuung. Selbst bei den Versicherern mit dem höchsten Aktivitätsniveau ist jeder siebte Kunde passiv, bei den schwächsten Unternehmen sogar jeder vierte Kunde.
Es überrascht nicht, dass aktive Kunden in der Regel eine höhere Kundenzufriedenheit haben als Passive. Passive Kunden, also Kunden ohne Kontakt zu Ihrem Versicherer in den letzten zwei Jahren, werden bei Ihrer Beurteilung der Kundenzufriedenheit deshalb zu einem großen Teil von der allgemeinen Markenwahrnehmung geleitet. Und genau hier unterscheiden sich die erfolgreichen Unternehmen im Markt vom übrigen Feld. Die „Gewinner“ schaffen es, Widersprüche/Brüche zwischen allgemeinem Markenimage und konkretem Markenleben an den Kontaktpunkten abzubauen und eine klare Position im Spannungsfeld Preis/Service einzunehmen. Bei den Versicherern mit starken Brands ist daher kaum ein Gefälle zwischen aktiven und passiven Kunden in der Kundenzufriedenheit festzustellen.
Autor: VW-Redaktion