Jörg Arnold: „Unsere Kunden suchen gerade in diesen Zeiten nach finanzieller Selbstbestimmung“

Jörg Arnold, Vorstandsvorsitzender der Swiss Life Deutschland. Quelle: Swiss Life

Die Swiss Life ist bislang recht stabil durch die Corona-Krise gekommen. So hält der Schweizer Versicherer weiterhin an den Zielen seines Unternehmensprogramms „Swiss Life 2021“ fest. Auch Jörg Arnold, Vorstandschef der Deutschlandtochter, gibt sich im Gespräch mit VWheute optimistisch, „dass wir auch Ende des Jahres wieder positive Zahlen verkünden dürfen“.

VWheute: Die vergangenen Monate wurden vor allem durch die Corona-Pandemie und deren Folgen für die Versicherungsbranche geprägt. Wie haben sich die Folgen bislang bei Swiss Life Deutschland bemerkbar gemacht?

Jörg Arnold: Trotz Corona-Pandemie haben wir im ersten Halbjahr 2020 an den sehr guten Entwicklungen von 2019 anknüpfen können. In Summe haben wir in Deutschland im ersten Halbjahr 2020 ein operatives Geschäftsergebnis von 92 Mio. Euro erreicht – ein Plus von fast neun Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Versicherungssparte erlebte ein Wachstum von zwölf Prozent des Neugeschäfts und ein Plus der Beitragseinnahmen von vier Prozent.

Den Fee Income, was auch die Provisionserlöse der Finanzvertriebe beinhaltet, haben wir um 20 Prozent auf 256 Mio. Euro steigern können. Erfreulich ist darüber hinaus, dass die Anzahl der lizenzierten Berater im Vergleich zum Stichtag des Vorjahres um acht Prozent auf 4.317 gestiegen ist.

VWheute: Worauf führen Sie diese positiven Ergebnisse zurück?

Jörg Arnold: Unsere Kunden suchen gerade in diesen Zeiten nach finanzieller Selbstbestimmung. Die Menschen haben gemerkt, wie fragil die eigene gesundheitliche und ökonomische Situation ist und wie wichtig es ist, vorzubeugen. Die Nachfrage nach Vorsorge und insbesondere aktienbasiertem Sparen ist deshalb gestiegen – vor allem bei jungen Menschen. Zugleich gewinnt eine qualitativ hochwertige persönliche Finanzberatung zunehmend an Relevanz.

Natürlich war Corona zu Beginn eine große Herausforderung für uns alle. Wir haben uns jedoch sehr schnell den neuen Gegebenheiten gestellt. Unsere Finanzvertriebe konnten ihren Kunden während den Kontaktbeschränkungen per Videoberatung mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Die Technologie haben wir bereits im Sommer 2019 flächendeckend eingeführt und wertvolle Erfahrungen damit gesammelt, sodass wir im Lockdown keine Zeit verloren haben. Parallel dazu haben wir in der Versicherungssparte ein Update unserer Berufsunfähigkeitsversicherung auf den Weg gebracht und unsere Serviceabläufe stark verbessert, in dem wir dabei den Weg vom Antrag bis zur Police überarbeitet haben. Diese zwei Großprojekte haben wir trotz der besonderen Umstände planmäßig zum Stichtag 1. April umgesetzt, ohne dass der Kundenservice bei nahezu 100 Prozent Homeoffice-Quote gelitten hätte.

Außerdem haben wir für Makler und unsere Kunden Kulanzregelungen entwickelt. Wir sind dankbar und stolz, dass unsere Mitarbeiter, Finanzberater und Geschäftspartner auch in dieser herausfordernden Zeit den Fokus auf unsere Kunden gerichtet haben. Wir waren erstaunt und erfreut, wie gut uns das in der virtuellen Form geglückt ist.

VWheute: Marktbeobachter sprechen von einem neuen Digitalisierungsschub für den Versicherungsvertrieb: Wie sind Ihre Einschätzungen dazu?

Jörg Arnold: Digitalisierung ist während Corona zu einem „Must-have“ geworden. Schon vor dem Lockdown waren wir digital weit vorne. Im März und April 2020 haben sich aber die Videoberatungen in den Finanzvertrieben im Vergleich zu den ersten beiden Monaten des Jahres mehr als versechsfacht. Diese Technologie ist die perfekte Mischung: Sie befriedigt nicht nur das Bedürfnis der Menschen, bei einem komplexen und emotionalen Thema wie der Vorsorge den Rat eines empathischen Experten einzuholen, sondern ist zudem einfach, zeitsparend, ortsunabhängig und effektiv. Unsere Kunden und Berater haben sich während Corona an die Vorteile der Videoberatung gewöhnt und werden sie auch zu schätzen wissen, wenn die Krise vorbei ist.

VWheute: Viele Versicherungsunternehmen haben ihren Geschäftsbetrieb kurzfristig ins Homeoffice verlegt: Welche mittel- und langfristigen Folgen sehen Sie für agile Arbeitsmodelle?

Jörg Arnold: Wir haben bei Swiss Life Deutschland bereits vor Corona das mobile Arbeiten ermöglicht und auch während der letzten Monate sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Das motiviert uns, diese flexiblen Modelle weiter auszubauen. Jedoch sind nicht alle Jobprofile mit einer sehr starken Ausweitung des Mobile-Working einfach in Einklang zu bringen.

Eine Kernfrage ist zudem, in welchem Maße persönliche Begegnung mit Mobile-Working-Ansätzen verknüpft werden kann. Jeder hat eine andere persönliche Komfortzone. Der Weg kann darum nicht „one size fits all“ lauten. Wir brauchen mehr Individualität im digitalen, virtuellen und persönlichen Beziehungsmanagement. Daran arbeiten wir.

VWheute: Werfen wir einen kurzen Blick auf das zweite Halbjahr 2020: Wie sind Ihre Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr?

Jörg Arnold: Wir sind krisensicher aufgestellt und gehen davon aus, dass wir auch am Jahresende unsere ambitionierten Ziele sowohl in der Versicherung als auch in den Finanzvertrieben erreichen werden. Die Einsparungen zum Beispiel bei Reisen oder physischen Events wurden direkt in den weiteren Ausbau der Digitalisierung investiert.

Natürlich beobachten auch wir die Entwicklungen des Kapitalmarkts und der deutschen Wirtschaft, wo die Auswirkungen der Pandemie zu spüren sein werden. Aber wir sind zuversichtlich, dass wir auch Ende des Jahres wieder positive Zahlen verkünden dürfen.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Tobias Daniel.

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