Allianz robust: Versicherer eilt trotz Rückschlägen in der Industrie-Sparte zum nächsten Rekord

Allianz-CEO Oliver Bäte, Quelle: Allianz

2019 hat die Allianz erneut einen Rekordgewinn abgeliefert – vor allem dank der Leben- und Krankensparte. Ungetrübt sind die Zahlen allerdings dennoch nicht. So verbuchte die Kompositsparte einen deutlichen Gewinnrückgang. Und die Industrieversicherungstochter AGCS sorgt treibt dem Vorstand ebenfalls Sorgenfalten ins Gesicht.

Die vorläufigen Zahlen sprechen erst einmal für sich: Der Gesamtumsatz stieg um 7,6 Prozent auf 142,4 Mrd. Euro (2018: 132,3 Mrd.). Der Gewinn stieg um 3,0 Prozent auf 11,9 Mrd. Euro (2018: 11,5 Mrd.) und lag damit in der oberen Hälfte des angekündigten Zielkorridors von 11,0 bis 12,0 Mrd. Euro.

Lebensparte wird zum Wachstumstreiber – AGCS bleibt das Sorgenkind

Wachstumstreiber waren dabei vor allem die Leben- und Krankenversicherung. Unter dem Strich steht in dieser Sparte ein Gewinnanstieg von 13,4 Prozent auf 4,7 Mrd. Euro (2018: 4,15 Mrd.). Der Umsatz stieg ebenfalls um 8,5 Prozent auf 76,4 Mrd. Euro (2018: 70,4 Mrd.).

„Während das Zinsumfeld herausfordernd blieb, konnten wir den Wert des Neugeschäfts 2019 um 3,8 Prozent steigern. Ich bin hinsichtlich unserer Geschäftsaussichten optimistisch. Wir werden weiterhin Managementmaßnahmen ergreifen und unser Produktangebot zum Nutzen unserer Kunden und Aktionäre an die aktuellen Marktbedingungen anpassen. Ein Beweis dafür ist das starke operative Ergebnis“, kommentiert Finanzvorstand Giulio Terzariol.

Sorgenkind ist hingegen die Kompositsparte mit einem deutlichen Gewinnrückgang um 11,9 Prozent auf 5,0 Mrd. Euro (2018: 5,7 Mrd.). Beim Umsatz verbuchte die Allianz hingegen ein Puls von 6,8 Prozent auf 59,2 Mrd. Euro (2018: 55,4 Mrd.). Die Schaden-Kostenquote stieg um 1,5 Prozentpunkte auf 95,5 Prozent.

„Unser Geschäftsbereich Schaden- und Unfallversicherung entwickelte sich 2019 unter den Erwartungen, nachdem die enttäuschende Stärkung der versicherungstechnischen Rückstellungen bei AGCS ein solides Schadenanfalljahr und Produktivitätssteigerungen mehr als ausglich“, so Terzariol.

Positive Zahlen kann die Allianz auch im Assetmanagement präsentieren: Der Gewinn stieg um 6,9 Prozent auf 2,7 Mrd. Euro (2018: 2,5 Mrd.), zudem auch das ehemalige Sorgenkind Pimco maßgeblich dazu beigetragen hat. Das verwaltete Vermögen stieg mit 1,686 Mrd. Euro auf ein neues Allzeithoch.

Sorgenkind bleibt allerdings die Industrieversicherungstochter AGCS: So stiegen die gebuchten um 914 Mio. Euro auf 9,101 Mrd. Euro. Die Schaden-Kostenquote stieg jedoch deutlich um 10,8 Prozentpunkte auf 112,3 Prozent (2018: 101,5 Prozent). Begründet wurde dies vor allem mit einem Anstieg der Großschäden insbesondere in den Bereichen Haftung, Luftfahrt und Ingenieurwesen.

Konzernchef Bäte brachte es im Rahmen der Bilanzmedienkonferenz jedenfalls auf den Punkt: „Wenn wir jetzt nur einmal 112 hatten, wäre es für ein Jahr ok. Aber es ist leider so – und deswegen ärgert es uns so -, dass die AGCS nicht nur in einem Jahr diese hohe kombinierte Schaden-Kostenquote hat, sondern seit drei Jahren.“

„Hoffentlich Allianz versichert“

Freuen können sich die Aktionäre dennoch: Der Allianz-Vorstand schlägt eine Dividendenerhöhung von 6,7 Prozent auf 9,60 Euro je Aktie vor. Dies wäre die siebte Erhöhung in Folge. Zudem ab der Versicherer bereits am Donnerstagabend ein neues Aktienrückkaufprogramm mit einem Volumen von rund 1,5 Mrd. Euro bekannt. Das Programm soll im März 2020 starten und spätestens bis 31. Dezember 2020 abgeschlossen sein. Allianz SE wird die gekauften Aktien einziehen.

Und noch mehr: Seit Jahren ist die Allianz der wohl erfolgreichste Finanzkonzern Deutschlands. Mit einer Marktkapitalisierung von fast 100 Mrd. Euro ist der Versicherer momentan das drittwertvollste Unternehmen – hinter dem Technologiekonzern SAP und dem Gashersteller Linde. Dabei lässt die Allianz nicht nur die Deutsche Bank deutlich hinter sich – sie ist derzeit sogar noch wertvoller als die Autohersteller Volkswagen, BMW oder Daimler, das Industrieunternehmen Siemens oder der Pharmakonzern Bayer. 

Zudem scheint der ehemalige Werbeslogan „Hoffentlich Allianz versichert“ auch bei den Bundesbürgern noch immer zu greifen. Im Unterschied zu vielen anderen Finanzkonzernen erscheint der Ruf vordergründig noch immer makellos – und das Vertrauen immens.

Bäte setzt auf einfachere Strukturen

Wer Bäte allerdings genauer kennt und beobachtet, dürfte wissen, dass er sich mit dem Status quo jedenfalls nicht zufrieden gibt. So kündigte der Allianz-Chef am Freitag an, eine weitere Vereinfachung der Organisation und den Abbau von Hierarchieebenen an. Dabei scheint sich das Fußvolk allerdings weniger Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen zu müssen als die Führungsetage.

„Es geht nicht darum, Indianer abzubauen. Wir wollen über Zeit die Führungsstrukturen immer effizienter machen“, betont Bäte. So habe es in den größeren Landesgesellschaften zwischen örtlichem Vorstandschef und den Mitarbeitern im Call Center vor zehn Jahren noch zwölf Managementebenen gegeben. „Da haben wir zum Teil heute noch sieben oder acht. Und ich wette, in zehn Jahren sind es nur noch fünf oder sechs“, betont der Allianz-Chef.

Ein genereller Stellenabbau scheint für Bäte allerdings nicht auf der Tagesordnung zu stehen. „Der Traum, den ich schon habe, ist, dass wir das (die Digitalisierung) übersetzen in das Wachstum von Marktanteilen und von Kunden, und dann sind auch unsere Arbeitsplätze sicher“, konstatiert Bäte.

Gleichzeitig lehnte er einen Abbau von Arbeitsplätzen im Interesse des Börsenkurses ab: “ Das Ziel ist nicht Arbeitsplatzabbau, Effizienzgewinne um des Effizienzgewinns willen. Macht auch keinen Sinn, damit kriegen Sie auch keine Leute motiviert.“

Keine Angst vor dem Coronavirus

Für das laufende Jahr peilt Bäte jedenfalls neue Rekordmarken an: So stellt der Allianz-CEO für 2020 ein operatives Ergebnis von 11,5 bis 12,5 Mrd. Euro in Aussicht. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf China, wo die Allianz bereits als erster ausländischer Versicherer die Lizenz für eine eigene Dachgesellschaft erhalten hat. „Der chinesische Markt hat sich in den letzten acht Jahren verdreifacht, von 200 auf 600 Mrd. Euro Umsatz. In einem solch gigantischen Markt gibt es riesig viel Wachstumspotenzial, selbst wenn man sagt, ich bin nur in einer Nische unterwegs“, so Bäte.

Sorgen um das Coronavirus macht sich die Allianz allerdings (noch) nicht. So fürchtet der Münchener Versicherer derzeit keine hohen Belastungen infolge der Ausbreitung des Coronavirus. Die Versicherung von Unternehmen gegen Betriebsunterbrechungen greife in der Regel nur, wenn die Ursache ein echter Sachschaden sei, so Finanzchef Terzariol. Zudem biete die Allianz keine Policen an, die ein Epidemie-Risiko abdecken würde.

Möglichen Spekulationen um eine Mega-Übernahme erteilte er jedoch (vorerst) eine Absage: Vielmehr gebe es nur Zukäufe in einzelnen Länder. Dennoch gab sich Bäte am Ende versöhnlich: „Das Leben ist keine gerade Linie, aber es ist schön zu sehen, dass wir immer besser werden“.

Wer sich übrigens die Allianz-Zahlen im Detail noch einmal zu Gemüte führen will, kann sich die vollständige Bilanzmedienkonferenz auf Youtube anschauen.

Autor: VW-Redaktion

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