Hype um ETFs: Millionärsformel mit Haken

Der Boom von Neobrokern befeuert den Trend zu ETF-Sparplänen. Gerade unerfahrene Anleger entscheiden sich dafür. Braucht es überhaupt noch die fondsgebundene Rentenversicherung? Ein Gastbeitrag von Bastian Kunkel, CEO VMK Versicherungsmakler GmbH.
Der Boom um ETF-Sparpläne scheint ungebrochen: Sie gelten als einfach, kostengünstig und bieten eine breite Diversifikation. Viele Anleger sehen in ihnen das ideale Instrument für die Altersvorsorge. Doch bei aller Begeisterung für ETFs stellt sich die Frage, ob damit die fondsgebundene Rentenversicherung überflüssig geworden ist. Besonders interessant ist die Tatsache, dass auch in einer fondsgebundenen Rentenversicherung ETFs hinterlegt werden können – in Form einer sogenannten ETF-Rentenversicherung. Welche Vorteile bietet diese Kombination, und welche Fallstricke lauern bei einem klassischen ETF-Sparplan?
ETFs in der Rentenversicherung: Das Beste aus zwei Welten?
Viele Anleger schätzen ETF-Sparpläne wegen ihrer geringen Kosten und der Möglichkeit, flexibel in den globalen Markt zu investieren. Was dabei oft übersehen wird, ist, dass ETFs auch in fondsgebundenen Rentenversicherungen hinterlegt werden können. Damit verbindet man die Vorteile eines ETF-Investments mit den besonderen Sicherheiten, die eine Rentenversicherung bietet. Eine solche ETF-Rentenversicherung ermöglicht es dem Anleger, von den günstigen Gebühren und der breiten Diversifikation der ETFs zu profitieren, ohne auf die Sicherheit einer lebenslangen Rentenzahlung verzichten zu müssen. Zudem haben sich die Kostenstrukturen fondsgebundener Rentenversicherungen in den letzten Jahren deutlich verbessert, sodass die oft kritisierten hohen Kosten mittlerweile auf einem sehr konkurrenzfähigen Niveau liegen.
Die große Herausforderung: Die Entnahmephase
Ein entscheidender Nachteil eines reinen ETF-Sparplans zeigt sich in der Entnahmephase. Während der Ansparphase mag ein ETF-Sparplan attraktiv erscheinen, doch die Herausforderung besteht darin, das angesparte Kapital so zu entnehmen, dass es bis zum Lebensende reicht. Diese Aufgabe ist alles andere als trivial, denn niemand weiß, wie lange er leben wird.
Ein weiteres Problem ist das Timing der Entnahme: Wenn ein Börsencrash kurz vor oder während der Rentenphase eintritt, kann das Depot erheblich an Wert verlieren. Wer dann emotional handelt und in Panik verkauft, macht diese Verluste endgültig und gefährdet die eigene finanzielle Sicherheit im Alter. Es gibt viele Berichte darüber, wie Anleger in Krisenzeiten ihre Nerven verloren haben und gerade dann aus dem Markt ausgestiegen sind, als sie hätten durchhalten müssen. Diese emotionalen Risiken sind bei einem ETF-Sparplan nicht zu unterschätzen.
Was passiert bei Krankheit oder nachlassender Fähigkeit?
Ein weiteres oft übersehenes Risiko ist die persönliche Fähigkeit, das Depot im Alter selbst zu managen. Was passiert, wenn man durch Krankheit, Demenz oder andere Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage ist, die notwendigen Entscheidungen für das eigene Portfolio zu treffen? Meist wird das Portfolio in Eigenregie geführt, sodass es für den Partner meist unmöglich ist, dieses mit der geplanten Strategie fortzuführen.
Hier bietet die fondsgebundene Rentenversicherung eine sinnvolle Absicherung. Sie nimmt dem Anleger die Verantwortung für das Management des Portfolios in der Entnahmephase ab und garantiert gleichzeitig eine lebenslange Rente. So bleibt auch im Falle einer Krankheit die finanzielle Sicherheit gewährleistet.
Anleger ist selbst das größte Risiko
Marktschwankungen, politische Verschiebungen usw., die Liste der Risiken, welche die eigene Anlagestrategie negativ beeinflussen können, ist lang. Selten findet sich aber das größte Risiko auf der Liste: der Anleger selbst. Möglicherweise ist es das eigene Ego bzw. die schlichte Selbstüberschätzung, wenn es um finanzielle Entscheidungen in schwierigen Situationen geht. Fakt ist: Viele Anleger werden einfach nicht rational handeln, wenn plötzlich das Portfolio im zweistelligen Bereich einbricht und das kurz oder schon während der Rentenphase, weil man z.B. noch voll investiert ist.
Die wenigsten haben ihren Entnahmeplan für später wirklich durchdacht und alle Risiken abgewogen. Selbstverständlich werde ich für diese Meinung regelmäßig kritisiert. Aber das ist in Ordnung. Ich sehe es als meine Pflicht an, auch auf die unangenehmen Punkte hinzuweisen. Und dass ich selbst als jemand mit einem Bachelor-Abschluss in Betriebswirtschaft und Recht, einer Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen und einem Studium zum Finanzfachwirt niemals die reine ETF-Sparplan-Strategie fahren würde, sollte auch einiges aussagen.
Flexibilität versus Sicherheit: Die Wahl des richtigen Produkts
Die Entscheidung zwischen einem ETF-Sparplan und einer fondsgebundenen Rentenversicherung hängt einfach stark davon ab, welche Prioritäten man setzt. Ein ETF-Sparplan bietet maximale Flexibilität und Kontrolle über das eigene Geld. Doch diese Flexibilität bringt auch Risiken mit sich, insbesondere in der Entnahmephase und bei emotionalem Handeln in Krisenzeiten.
Die fondsgebundene Rentenversicherung hingegen kombiniert die Vorteile eines ETF-Investments mit der Sicherheit einer garantierten lebenslangen Rente. Diese Sicherheit kann besonders in Zeiten großer Unsicherheit und im Alter von unschätzbarem Wert sein. Gleichzeitig haben sich die Kostenstrukturen so weit verbessert, dass die oft kritisierte Kostenbelastung kaum noch ein Argument gegen diese Form der Altersvorsorge ist.

Warum auch Bitcoin-ETFs keine sinnvolle Altersvorsorge sind
Ein Bitcoin-ETF ist ein börsengehandelter Fonds, der in Bitcoin oder damit verbundene Wertpapiere investiert. Der große Vorteil: Anleger können über traditionelle Börsen in die digitale Währung investieren, ohne sich direkt mit Kryptowährungen und dem teils relativ komplizierten Handel auf Kryptobörsen auseinandersetzen zu müssen. In Deutschland und vielen anderen Ländern sind reine Bitcoin-ETFs allerdings aktuell nicht zugelassen; ein ETF muss hier mindestens fünf unterschiedliche Vermögenswerte beinhalten.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Einfachheit, Zugänglichkeit und die Umgehung von Speicher- und Sicherheitsproblemen. Doch diese Vorteile kommen nicht ohne Kosten. Die laufenden Gebühren von Bitcoin-ETFs können zwischen 0,5 und zwei Prozent liegen – ein nicht unerheblicher Nachteil, besonders im Vergleich zum direkten Investieren in Bitcoin, wo solche laufenden Kosten nicht anfallen. Trotz der Attraktivität von Bitcoin-ETFs als moderne Anlageform gibt es triftige Gründe, warum sie nicht als Kernstück einer Altersvorsorge dienen sollten:
Volatilität und Unsicherheit: Bitcoin und damit auch Bitcoin-ETFs sind extrem volatil. Für eine langfristige Anlagestrategie, wie sie für die Altersvorsorge nötig ist, birgt dies ein hohes Risiko.
Regulatorische Unsicherheiten: Die Zulassung und Regulierung von Bitcoin-ETFs ist noch immer ein bewegliches Ziel. Änderungen in der regulatorischen Landschaft können unvorhersehbare Auswirkungen auf die Anlage haben.
Fehlende Diversifikation: Eine solide Altersvorsorge basiert auf der Diversifikation über verschiedene Anlageklassen. Ein Investment, das ausschließlich auf Bitcoin oder der Blockchain-Technologie basiert, bietet diese Diversifikation nicht. Aus den gleichen Gründen wäre z.B. ein Investment rein nur auf den Dax auch keine sehr sinnvolle Altersvorsorgestrategie.
Technologische Risiken und Innovationen: Die rasante Entwicklung im Bereich der Kryptowährungen und Blockchain-Technologie birgt das Risiko, dass heutige Investments morgen bereits veraltet sein könnten.
ETF-Rentenversicherung als attraktiver Mittelweg
Der Hype um ETF-Sparpläne ist verständlich, doch er sollte nicht dazu führen, dass man die möglichen Risiken und Herausforderungen übersieht. Eine fondsgebundene Rentenversicherung, die ETFs als Anlagevehikel nutzt, könnte für viele Anleger die ideale Kombination darstellen. Sie bietet die Vorteile niedriger Kosten und breiter Diversifikation, ohne auf die Sicherheit einer lebenslangen Rente verzichten zu müssen. Denn am Ende geht es ja nicht nur um den Ruhestand. Sondern um den sorgenfreien Ruhestand.
Autor: Bastian Kunkel, CEO VMK Versicherungsmakler GmbH.