Tarife nach Impfstatus: Müssen Ungeimpfte künftig höhere Prämien zahlen?

R+V-Chef Norbert Rollinger, Quelle: ARTIS-Uli Deck// BGV

Führungsstärke bedeutet auch das Anfassen der heißen Eisen. Der R+V-Chef Norbert Rollinger hat in einem Interview nun das Weißglühende angepackt. „Als Versicherungsbranche werden wir früher oder später darüber nachdenken müssen, möglicherweise Tarife nach Impfstatus zu unterscheiden“, erklärt er. Der Vorstoß hat die Branche überrascht.

Die Impfdiskussion in der Gesellschaft hat nun auch die Versicherungsbranche erreicht. Schon länger streiten Politiker über eine Impfpflicht und ob geimpfte Personen bei bestimmten Anlässen wie Restaurantbesuchen besser gestellt werden sollen als die Ungeimpften. Die Versicherungsbranche hat sich aus der Diskussion öffentlich weitestgehend heraus gehalten. Sie haben ihren Mitarbeitern Impfungen angeboten und für die Immunisierung per Spritze geworben. Aber niemand wurde gezwungen oder bei Ablehnung schlechter gestellt.

Der Vorschlag Rollingers ist vor dem Hintergrund der Zurückhaltung der eigenen Branche und der gesellschaftlich verbissen geführten Impfdiskussion mutig. „Impfverweigerer zeigen ein sozial schädliches Verhalten – wenn es nicht gute medizinische Gründe gibt, die im Einzelfall gegen eine Impfung sprechen“, erklärte er gegenüber t-online.de. Allerdings sei nicht jeder Ungeimpfte gleich ein Impfverweigerer. Hinzu komme, dass die „ständige Pandemiediskussion“ von wichtigen Fragen wie Klimakrise, Digitalisierung und Altersvorsorge ablenke.  

Eigene Tarife für Ungeimpfte?

Die Aussagen des R+V-Chefs haben einen wesentlichen Hintergrund, die Benachteiligung der Geimpften. „Wenn jemand wegen Corona auf der Intensivstation landet, ist das deutlich teurer als eine Impfung“. Diese Kosten trage im Endeffekt die Gemeinschaft. Aus der Luft gegriffen ist der Vorschlag nicht. Eine Einteilung nach Risikogruppen ist in der Krankenversicherung möglich, beispielsweise zwischen Rauchern und Nichtrauchern.

Wann die Zeit für diese Diskussion bei der Impfpflicht komme, basiere darauf, „wie lange sich die schweigende Mehrheit der Geimpften von den hartnäckigen Impfverweigerern noch auf der Nase herumtanzen lässt“. Bisher ist sein Haus bei einer Neukonzeption der Tarife noch nicht tätig geworden. „Dazu gibt es bei der R+V derzeit keine konkreten Pläne“, wird auf Nachfrage erklärt. Die Aussage Dr. Rollingers sei „vielmehr als Anstoß zu einer breiteren Debatte gedacht“. Insofern könne man aktuell auch „keine weiteren Details nennen“.

Der „Anstoß“ Rollingers hat bereits Wirkung erzielt, mehrere große Medien – u.a. Spiegel, Stern, Tagesschau – haben sich der Aussage angenommen. Bisher ist der befürchtete Ansturm von wütenden Impfgegnern allerdings ausgeblieben. Es habe eine „überschaubare Anzahl an Rückmeldungen zur Interview-Aussage“ gegeben, erklärt die R+V.

PKV-Verband bleibt vorsichtig

Die Aussage Rollingers hat wohl  auch den PKV-Verband überrascht. „Der Corona-Impfstatus der Versicherten spielt in den PKV-Tarifen keine Rolle, ebenso wie bei anderen Impfungen“, heißt es auf Nachfrage. Im PKV-Verband werden „keine Überlegungen angestellt, daran etwas zu ändern“. Weiter möchte sich der Verband zu dieser allgemeinen gesellschaftspolitischen Debatte „nicht äußern“.

Rollinger hat genau das getan und es wird interessant zu sehen sein, wie sich die Branche verhält.

Autor: Maximilian Volz