Wie KI und Big Data die Finanzindustrie umwälzen

Unternehmen, die KI einsetzen, sind profitabler. (Quelle: Free Photos / Pixabay)

In der Finanzindustrie wird KI bereits von vielen Marktteilnehmern eingesetzt und die Use Cases nehmen zu. Der richtige Einsatz von KI wird ein entscheidender Wettbewerbsfaktor für Versicherer und Finanzinstitute sein. Wie genau damit eine Effizienzsteigerung und Kostenoptimierung gelingt, erläutern Dr. Michael Hilker und Britta Hilt.

Der jüngste European Investment Bank Investment Survey zeigt, dass Europa, um nachhaltiges Wachstum zu erreichen, das Potenzial von digitalen Technologien nutzen muss und sich die Akzeptanz digitaler Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) verbessern muss. Der Survey zeigt ebenso, dass digitale Unternehmen profitabler sind, mehr qualifizierte Arbeitskräfte beschäftigen und mehr Gelegenheiten für ein Beschäftigungswachstum erwarten.

In der Finanzindustrie wird KI bereits von vielen Marktteilnehmern eingesetzt und die Use Cases nehmen zu. Der richtige Einsatz von KI wird ein entscheidender Wettbewerbsfaktor für Finanzinstitute sein. Wichtige Anwendungsgebiete sind Effizienzsteigerung und Kostenoptimierung sowie die Einhaltung von Gesetzen und Compliance-Richtlinien, aber auch die Entwicklung von neuen Geschäftsfeldern.

Ein konkretes Szenario für die Anwendung von KI ist die Verbesserung des Risikomanagements in der Finanzindustrie und besonders in der Kreditwirtschaft. Mit Big Data und der Verwendung von Data Lakes ist es möglich, eine große Menge von strukturierten und unstrukturierten Daten zu sammeln und diese Daten mit KI zu analysieren, um Ausfallszenarien frühzeitig vorherzusagen. Die Risikoanalyse, die Vorhersagen und Bewertungen werden durch die Automatisierung und die Verwendung von deutlich mehr Daten fundierter und genauer als durch die historischen manuellen Prozesse.

Deep Learning wird mit hochkomplexen Strukturen fertig

Bisher gibt es einen grundlegenden Hemmschuh, warum KI zur Prüfung von Kredit-/Fördergeldanträgen nicht herangezogen wird: Komplexe KI-Verfahren, wie bspw. Deep Learning mit Neuronalen Netzen, geben keine Transparenz darüber, warum die Algorithmik zu einer Entscheidung gekommen ist. Diese Erklärbarkeit ist jedoch zwingend erforderlich. Einfachere Verfahren, wie bspw. Entscheidungsbäume, geben zwar die Transparenz über die Entscheidungsfindung. Jedoch kommen diese Verfahren in komplexen Datenstrukturen sehr schnell an ihre Grenzen. Es ist sehr kompliziert, alle Entscheidungszweige abzudecken. Außerdem können diese Verfahren nicht gut mit Dynamik umgehen: Wenn die Komplexität in den Daten steigt, da jeder Kunde sich in seinem individuellen Kontext bewegt, müssten diese Entscheidungsbäume immer wieder – und auch zeitnah – angepasst werden.

Anders ist dies mit Deep Learning mit semantischen Netzen. Hier sind die Vorteile beider Welten vereint: Deep Learning, also mehrschichtige Datenanalysen, können mit hoch-komplexen Datenstrukturen sehr gut umgehen. Semantische Netze offenbaren, welche Einflüsse wann wo ausschlaggebend für die Entscheidung der KI waren. Mit diesen hintereinander angewendeten semantischen Netzen können daher in Massendaten die Firmen aufgedeckt werden, deren Kredit-/Förderfähigkeit sich negativ entwickeln wird. So kann vermieden werden, dass Kredite später ausfallen oder dass Fördergelder zweckentfremdet werden, bspw. weil sie (teilweise) zur Tilgung weiterer Verbindlichkeiten genutzt würden.

Ein weiteres Problem liegt in der Datenbereitstellung. Zwar verlangen die Geldinstitute bei Antragsstellung diverse Informationen. Aber eine verlässliche Prognose, wie sich die Kreditwürdigkeit des Antragsstellers entwickeln wird, ist davon nur schwer abzuleiten.

Natürlich können weitere Informationen aus öffentlichen Daten abgeleitet werden, wie z.B. aus dem Bundesanzeiger. Dies beansprucht jedoch viel Zeit und ist aufgrund der Komplexität nur schwer durch den Menschen eindeutig ableitbar. Außerdem erlaubt die hohe Anzahl der Kredit-/Fördergeldempfänger nur stichprobenartige Prüfungen. Auch hiermit kann KI sehr performant umgehen: Selbstlernende Künstliche Intelligenz deckt dynamische und verwobene Muster auf und schlägt die Firmen zur Prüfung vor, die die höchste Wahrscheinlichkeit haben, den Kredit-/Förderkriterien nicht mehr zu entsprechen. In einer Anwendung von KI mit der Optimierung auf Reduktion von False-Positives hat die Analyse gezeigt, dass 99 Prozent der KI-Vorschläge durch die Kreditbearbeiter als korrekt bestätigt wurden.

Die Anwendung von innovativen Methoden wie KI und Big Data wird eine Veränderung in der Finanzindustrie verursachen hin zu einer Data Driven Industry. Die Europäische Investitionsbank (EIB) verwendet innovative Technologien wie KI, aber auch Blockchain und treibt die Digitalisierung voran. Am 27. April 2021 hat die EIB eine zweijährige 100-Mio.-Euro-Anleihe am Markt platziert und als erste Primäremission digitaler Token über ein Konsortium auf einer öffentlichen Blockchain begeben. Ähnlich wie bei grünen Anleihen und risikofreien Zinssätzen könnte die EIB mit ihrer neuen digitalen Anleihe den Weg für die breite Einführung der Blockchain-Technologie im Emissionsmarkt bereiten.

Autoren: Dr. Michael Hilker, Head of Collaboration & Intranet Systems Unit, Europäische Investitionsbank; Britta Hilt, Geschäftsführung IS Predict GmbH

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