Starinvestor Frank Thelen: „Es erfordert nicht zwingend jahrelange Restrukturierungsprozesse, um das eigene Unternehmen zu digitalisieren“

Quelle: Frank Thelen, Factory Berlin, Ben Fuchs

Die Versicherungsbranche steht – ebenso wie fast jede andere Branche – vor dem Wandel. Die Digitalisierung bringt neue Möglichkeiten, Produkte und Services, vor allem aber auch viel Raum für Optimierung und Automatisierung. Für diejenigen, die diese Veränderungen als Chance begreifen, bedeutet das mehr Zeit für die wichtigen Dinge und weniger repetitive Aufgaben und Papierwahnsinn. Wer hingegen an alten Strukturen und Prozessen festhält und sich der Herausforderung Digitalisierung nicht stellt, wird früher oder später den Anschluss verlieren und von Wettbewerbern abgehangen werden. Von Frank Thelen.

Ich sehe es für die zukunftsorientierte Führung eines Unternehmens als zwingend erforderlich an, sich mit den neuen technologischen Entwicklungen am Markt auseinanderzusetzen und vertraut zu machen. In einer digitalen Welt ist es zum Beispiel nicht mehr sinnvoll, Kundendaten analog zu verwalten und bei der Suche nach Informationen händisch durch Papierordner zu forsten. Durch die immer besser werdende Text Recognition können digitalisierte Dokumente ganz einfach über einen Suchbefehl verwaltet und sogar ausgewertet werden, was nicht nur extrem viel Zeit spart, sondern auch ganz neue Möglichkeiten der Datananalyse mit sich bringt.

Was bislang von hoch-qualifizierten Analysten mit Excel-Tabellen und anderen Rechenprogrammen im Bereich Risikomanagement und co geleistet wird, kann zukünftig von künstlicher Intelligenz, also sich selbst weiterentwickelnden Algorithmen deutlich besser, schneller und effizienter abgebildet werden. Wer hier jetzt die entsprechende Software immer weiter mit Daten füttert, hat in ein paar Jahren einen wahnsinnigen Wissensvorsprung gegenüber Wettbewerbern. Mir ist bewusst, dass das Thema Daten in Deutschland ein sehr sensibles ist, aber wir sollten dringend lernen, hierüber in den Diskurs zu gehen und den Mehrwert von Daten für unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft und unser Leben zu verstehen. Duch eine intelligente Datenauswertung können wir viele Produkte deutlich besser auf die Anforderungen unserer Kunden zuschneiden und stetig weiterentwickeln.

Doch bevor wir diese Daten nutzen können, müssen wir sie zunächst generieren – indem wir die Informationen vom Papier auf unsere Server oder in unsere Cloud bringen. Helfen können hierbei zum Beispiel Kundenapps mit integrierter Scanning-Funktion. Das bietet Versicherungsunternehmen nicht nur den großen Vorteil von digitalisierten Verträgen und Dokumenten, sondern es spart auch dem Kunden wertvolle Zeit und ist außerdem Ressourcen-schonender.

Ich hatte die Vision vom papierlosen Büro bereits 2011 und habe damals das Unternehmen doo, heute Scanbot, gegründet, das ursprünglich zur zentralen Plattform zur Verwaltung digitaler Daten werden sollte. Vor zehn Jahren war der Markt noch nicht bereit für diese Veränderung, doch die Zeiten haben sich geändert. Inzwischen sind die Unternehmen auf digitale Prozesse angewiesen, wenn sie zu den Vorreitern ihrer Branche gehören wollen und dieser Trend wird sich weiter fortsetzen.

Das Scanbot-Team hat die damals von mir entwickelte Technologie in den vergangenen zehn Jahren stetig weiterentwickelt und viele wertvolle Funktionen wie zum Beispiel das Scannen von offiziellen Ausweisdokumenten hinzugefügt. Auch das Geschäftsmodell hat sich geändert – inzwischen bietet Scanbot die Technologie anderen Unternehmen für die eigenen Kundenapps und internen Prozesse an. Hiermit konnten wir bereits zahlreiche Unternehmen aus der Versicherungsbranche dabei unterstützen, ihre Kundendaten zu digitalisieren und digital zu verwalten.

Es erfordert nicht zwingend jahrelange Restrukturierungsprozesse, um das eigene Unternehmen zu digitalisieren und fit für die Zukunft zu machen. Oft reicht es aus, sich über die Möglichkeiten und bestehenden Anbieter am Markt zu informieren und sich in bestimmten Bereichen Unterstützung von Branchenexperten zu holen. Am wichtigsten ist jedoch – Loslegen. Nicht warten, bis man den Anschluss komplett verpasst hat, sondern jetzt konsequent digitalisieren und die Chancen der digitalen Datenverwaltung nutzen.

Autor: Frank Thelen

2 Kommentare

  • Wenn man den Artikel überfliegt, fühlt sich die Digitalisierungsdrohungen und Prophezeiungen wie Predigten einer weltuntergangsorientierten Sekte an. Steht uns allen wirklich der unumkehrbar Tod aller bevor? All die die nicht Digitalisieren werden morgen weg sein. Aufgelöst in Salzsäure? Kein Miteinander, nur gegen. Immer diese totalen Kriegsansagen. Und gerade in der Finandienstleistungsbranche brauchen wir Digitalisierung als Rechtfertigung schlimmer gemachter Fehler.

  • Seit Jahren wird das Thema behandelt, mehr oder weniger intensiv. Nur nicht gehandelt. Es fühlt sich wie in der Pandemie an. Die Branche läuft den Herausforderungen hinterher. Mehrere EDV Systeme. Eigenentwicklungen, x fache Migrationen. Ein bunter Big Data Salat. Das wird ein langer Weg, auch wenn der Wille zu schnellen Entscheidungen hier und da vorhanden sein mag. Der Branche geht es zu gut, das hemmt Veränderungen.

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