Anschluss zu jungen Zielgruppen: Versicherer im lukrativen Geschäft mit dem E-Sport

Quelle: JESHOOTS-com / Pixabay

Neben Streamingdiensten gehört die Videospiele-Industrie zu den großen Gewinnern der Coronakrise. Für Versicherer lohnt sich der Einstieg als Sponsor in den E-Sport. Denn die junge Zielgruppe ist nicht nur gebildet, sondern offen für exklusive Produkte. Die Zurich, R+V oder die Bausparkasse Wüstenrot haben bereits positive Erfahrungen gemacht.

Lockerungsübungen absolviert derzeit nicht nur die deutsche Realwirtschaft, sondern inzwischen auch der Sport selbst. Ohne Zuschauer, aber mit vielen Testkapazitäten und strengen Hygienevorschriften versuchen die Verbände aller Disziplinen zur alten Normalität zu finden. Das wird seine Zeit brauchen, deshalb rückte in den vergangenen Wochen der elektronische Wettkampf immer mehr in den Vordergrund. Auch im E-Sport sind Massenveranstaltungen verboten, dennoch fließen weiterhin Milliarden in dem Business. Denn für Unternehmen ist das in den virtuellen Sport gepumpte Sponsorengeld noch das beste Mittel, um in der Corona-Pandemie präsent zu sein.

Auch Konsolen-Fans brauchen auch Versicherungen und müssen Bausparen

Der E-Sport-Markt ist vor allem für Unternehmen interessant, die eine junge Zielgruppe erschließen wollen. Und gerade Versicherer, die im Gegensatz zu Autobauern und Konsumgüterherstellern keine physischen Produkte absetzen, haben bei den Millenials eine relativ geringe Markenbekanntheit. Die Bausparkasse Wüstenrot wollte dem entgegensteuern und sponsorte drei Jahre von 2016 bis 2019 die Meisterschaften der Electronic Sports League (ESL).

Bei diesem größten E-Turnier messen sich die besten Zocker in Spielen wie „FIFA“, „League of Legends“ und „Counter-Strike“. Zum Engagement der Bausparkasse aus dem schwäbischen Ludwigsburg gehörten neben der Vor-Ort-Präsenz vor allem auch die Vorberichterstattung, die Live-Übertragung und die Nachberichterstattung. Die exklusiven Eindrücke wurden über Youtube und Social-Media-Kanäle und Blogs der Influencer und ProGamer, der ESL und von Wüstenrot selbst verbreitet und geteilt.

Entsprechend wurde im Rahmen der Kampagne auch der Markenslogan von Wüstenrot („Wünsche werden Wirklichkeit“) um den Claim „Endlich genau mein Ding“ ergänzt. Flexibles Wohn- und Bausparen soll genau dieses Ding der Konsolen-Fans werden, so der Gedanke der W&W-Tochter. Denn die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnen ist groß und die junge Zielgruppe ist zwar männerdominiert, aber gebildet, neuen Marken gegenüber aufgeschlossen und wird in naher Zukunft über ein höheres Durchschnittseinkommen verfügen.

„Das Sponsoring der ESL hat Wüstenrot stets als Investition in die Zukunft betrachtet: Es ging nicht darum, in der Szene kurzfristig Bausparverträge oder andere Produkte zu vermitteln. Die Messlatte des Erfolgs ist eine andere: Wenn die junge Zielgruppe, die wir über unser Sponsoring angesprochen haben, sich in ein paar Jahren mit der finanziellen Vorsorge beschäftigt, hoffen wir, dass sie sich an den Namen Wüstenrot erinnert“, lautet das Fazit der Wüstenrot.

Jedes Unternehmen könne in den E-Sport einsteigen, erklärt Sponsoring-Experte Carl Kuhn, Account Director E-Sports bei der Werbeagentur JvM/SPORTS. „Je weiter das eigene Produkt vom sportlichen Geschehen entfernt ist, desto kreativer muss man das eigene Markenversprechen für die Fans inszenieren.“ Das Potenzial für Versicherer als Sponsor sei sehr gut.

„Zum einen ist E-Sports noch nicht so überlaufen wie andere Disziplinen, sodass man eine gute Sichtbarkeit erzielen kann. Zum anderen erreicht man gerade hier junge, gut ausgebildete Menschen, die man über andere Kanäle schwer bekommt – und die sich in vielen Fällen gerade ihre ersten Gedanken zu Versicherungen machen. Die Anzahl der High-Potentials in der E-Sports-Community ist sehr hoch, die nötigen finanziellen Reserven gäbe es sogar.“

Konkurrenzkampf unter Sponsoren und das Problem mit Baller-Spielen

E-Sport-Interessierte sind technikaffin und bevorzugen exklusive Produkte, sodass vor allem die deutschen Autobauer wie BMW und Mercedes oder Techkonzerne wie HTC, Samsung, Hisense und Sony sowie die Lebensmittelriesen Pepsi, Coca-Cola und McDonald‘s inzwischen zu den großen Werbepartnern zählen. Das ist mit ein Grund, warum Wüstenrot ausgestiegen ist. Bei so vielen großen Playern „kann sich die Wahrnehmbarkeit des einzelnen Engagements verringern“, erklärt Clemens Kaiser, tätig im Bereich Marktbearbeitung und Markenmanagement der Wüstenrot-Vertriebsabteilung.

Man fokussiere sich mittlerweile auf eine neue Markenstrategie und bündele hier seine Kräfte. „Im Rahmen dessen haben wir alle bestehenden Maßnahmen daraufhin überprüft, inwieweit hier Deckung besteht. Dabei stellten wir auch fest, dass sich das Umfeld im Bereich E-Sport verändert hat – mit einer Tendenz hin zu immer mehr Shooter-Spielen. Jeder Sponsor muss angesichts dessen entscheiden, ob er diese Entwicklung mitgehen will“, betont Kaiser.

Werbeexperte Carl Kuhn ermutigt hingegen mehr Marken, sich das Shooter-Genre anzuschauen. „Es ist insbesondere in der DACHRegion sehr populär und wird von der Forschung auch längst nicht mehr als problematisch empfunden. Und von den Fans schon gar nicht. Wer also den Mut aufbringt, hat gerade als deutsche Marke ein großes Feld mit wenig Konkurrenz, das er bespielen kann.“ Ferner glaubt er nicht, dass finanzkräftige Sponsoren das Feld dominieren müssen. „Es ist letztlich eine Frage der Qualität und nicht der Quantität, ob etwas bei den Fans ankommt. Manchmal reicht auch ein Meme für den großen Effekt – wenn es das richtige ist.“

Fußball auch im E-Sport der Liebing der Sponsoren

Die Bausparkasse ist mit ihrem Engagement zufrieden: Man konnte eine zwölf Prozent gesteigerte Markenbekanntheit verzeichnen – nicht nur in der Kernzielgruppe Gamer, sondern bei jungen Erwachsenen in Deutschland generell – es gab also einen messbaren Spill-over-Effekt. Die Markensympathie wuchs um über sechs Prozent. Solche Effekte erhoffen sich auch andere Gesellschaften.

Die Zurich Versicherung hat in das Team Fokus Clan investiert. Die Mannschaft gehört derzeit zu den wohl erfolgreichsten deutschen Zockern des Fußball-Simulationsspiels Fifa 20. Der Wiesbadener Konkurrent R+V baut sein Engagement im elektronischen Sport mit dem FC Schalke 04 mittlerweile aus. Damit könne man seine Bekanntheit vor allem unter jungen Menschen steigern und diese als Kunden gewinnen, erklärte R+V-Vertriebsvorstand Jens Hasselbächer bei der Vertragsverlängerung im vergangenen Jahr. Der Versicherer agiert seit 2015 als Premium-Partner der Knappen im Profifußball-Bereich.

Aus den USA mischt der Kfz-Versicherer Geico schon länger mit. Das Tochterunternehmen der Berkshire Hathaway ist auch offizieller Werbepartner der populären Rennserie NASCAR. Durch den Lockdown sponsert Geico nun das virtuelle Format, das der US-Sender Fox Sports im Fernsehen ausstrahlt und beim ersten Rennen etwa 1,3 Millionen Zuschauer anlocken konnte.

Wie nachhaltig der Boom der Spieleindustrie ist, lesen Sie im vollen Beitrag der Juni-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

Autor: David Gorr

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