Acht-Punkte-Plan: Makler rüsten sich für die Zeit nach COVID-19

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Die Welt, wie wir sie kennen, löst sich gerade auf. Das Maß an Einschränkungen, Restriktionen und neuen Mustern und Verhaltensweisen, die jeder gezwungenermaßen durch den Umgang mit der Krisenbewältigung rund um das Coronavirus an den Tag legen muss, besitzt historische Dimensionen. Doch dahinter fügt sich eine neue Welt zusammen. Wie es wirklich weitergeht, ist offen. Selten waren die Bilder aus der Zukunft so verschwommen wie heute. Nur eines steht fest: Vieles wird anders (bleiben).

Einige sehr interessante Denkanstöße des Frankfurter Zukunftsinstituts lassen aufhorchen. Was sind deren Meinung nach die wahrscheinlichsten Post-Corona-Szenarien? Was könnten die neuen Megatrends sein, die der Gegenwartsbruch ausgelöst, verändert oder beschleunigt hat? Was könnte das unter anderem für den Versicherungsmakler oder die Assekuranz bedeuten?

Identifiziert haben die Zukunftsforscher zwölf Megatrends, eingebettet in vier generelle Zukunftsszenarien. Diese Szenarien reichen von totaler Isolation – alle gegen alle, über den konstituierten System-Crash – den permanenten Krisenmodus, über die sog. „Neo-Tribes“ – den Rückzug ins Private, bis hin zur Adaption – zur widerstandsfähigeren Gesellschaft.

Megatrends, auf die sich jeder Makler vorbereiten sollte

Viel interessanter als die musterhaften Szenarien selbst, sind die zwölf Megatrends, die Treiber der Veränderung und die Chancen für Innovationen. Auch die Geschäftswelt wird Antworten finden müssen. Denn die künftigen Bedürfnisse des Verbrauchers dürften daraus resultieren. Erfüllen kann sie aber nur der, der sie versteht. Das gilt sowohl in kultureller, technischer als auch in regulatorischer Hinsicht. Die neuen Mechanismen, mit denen die Bürger in Zukunft verlässlich arbeiten können, sind bereits mitten im Entstehen. Besonders verlässlich könnten dabei laut Zukunftsinstitut die fünf robusten Megatrends sein, die sich über alle Szenarien hinweg durchziehen:

Sicherheit: Subjektiv empfunden jage eine Krise die nächste. Die Gesellschaft befände sich im Daueralarm. Wir wähnen uns permanent kurz vor dem Kollaps. Dabei waren die Zeiten nie sicherer als heute. Die Friedensphase in Europa ist die längste und die Produktivität der Wirtschaft die höchste aller Zeiten. Krankheiten und Pandemien suchten die Welt auch schon vorher heim, und da waren wir noch schlechter darauf vorbereitet. Dennoch sei das Streben nach noch mehr Sicherheit ein intakter und wachsender Megatrend. Das klingt zumindest sehr danach, dass gerade die Versicherungsbranche davon besonders nutznießen könnte. Sicherheit liegt voll im Zeitgeist. Vorsorge- und Absicherungsprodukte sind die neuen alten Trendprodukte.

Gesundheit: Fitness und Gesundheit werden zu Synonymen für ein gutes Leben. „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“ wandelt sich zu „Mein Körper, mein Teint, meine körperliche Leistungsfähigkeit“. Als zentrales Lebensziel soll sich dieser Megatrend bereits tief in das Bewusstsein vieler Menschen eingegraben haben. Krankenversicherer etwa dürfen sich freuen. Die Gesundheit präge die Kultur und das Selbstverständnis ganzer Teilgesellschaften. Gesundheit und Zufriedenheit seien dabei kaum noch voneinander zu trennen. Kunden stellen diesbezüglich immer höhere Erwartungen an Unternehmen und Infrastrukturen. Gesundheitsbewusste Mitbürger wollen sich in gesundheitsfördernden Lebenswelten bewegen. Ziemlich gewiss fließt dieses Denken auch immer stärker in deren Absicherungsbedürfnisse ein.

Individualisierung: Individualisierung sei eines der zentralen Kulturprinzipien der westlichen freien Welt. Dieser komplexe Megatrend habe in vielen Wohlstandsnationen bereits nahezu seinen Peak erreicht. Individualisierung und ebenso die gestiegene Erwartung an die Personalisierung von Produkten und Dienstleistungen habe sich als Basis etlicher Strukturen etabliert. Der Kunde wünscht heute vom Unternehmen seiner Wahl individuell beraten und bedient zu werden. Das gilt ganz besonders für die häufig beratungsintensiven Dienstleistungen wie Versicherungen. Der Trend codiere die Gesellschaft um. Er berühre Wertesysteme, Konsummuster und Alltagskulturen gleichermaßen. Im Kern bedeutet er die Freiheit der Wahl. Das betrifft auch die Wahl scheinbarer Gegentrends. Neue Zwänge, die eng mit anderen Megatrends wie Globalisierung, Urbanisierung, Gleichberechtigung und Konnektivität verbunden seien, entstünden zudem ebenso. Das sei kein Widerspruch.

Globalisierung: Dieser Trend, der heute eher als Problembeschreibung denn als Vorteil wahrgenommen werde, hätte in erster Linie zahlreiche positive Effekte. Das Hauptproblem an der Globalisierung seien nicht ihre zahlreichen Vorteile und der ihr innewohnende Wohlstandsmotor. Das Hauptproblem ist das administrative und legislative Denken in alten verkrusteten Strukturen. Die Herausforderungen von morgen sind nicht mit Konzepten von gestern zu lösen.

Konnektivität: Das Prinzip der Vernetzung sei derzeit der wirkungsmächtigste Megatrend unserer Zeit überhaupt. Er programmiere soziokulturelle Codes gänzlich neu und lasse neue Lebensstile und Verhaltensmuster entstehen. Gute Beispiele hierfür sind Kundenwünsche nach kompetenten Versicherungs-Apps, Video-Beratung oder Kundenservice in Chat-Form. Big Data, Künstliche Intelligenz oder Social Media – neue Formen und Werkzeuge der Wertschöpfung und Kommunikation schlagen neue Kapitel in der Evolution unserer Wirtschaft und Gesellschaft auf. Das gilt freilich auch für den Versicherungsvertrieb und Versicherungsprodukte. Digitale Direktversicherer, Online-Vergleichsportale und Insurtechs, deren beste Vertreter wachsenden Erfolg haben, sind unter anderem die logischen Manifestationen dieses Toptrends. Digitale Technologien machen ihre analogen Vorfahren obsolet. Um diesen Umbruch erfolgreich mitzugestalten, brauche es Netzwerkkompetenz und ein tiefes digitales Verständnis.

Neue Arbeit: Auf einmal beispielsweise würden sogenannten „New Work“-Arbeitskonzepte, die bislang mehr im Gerede als in der Anwendung waren, ins kalte Wasser der Realität geworfen. Das sogenannte „Home Office“ oder „Remote Working“ befinde sich mangels Alternativen plötzlich im ganz großen Feldversuch. Eine neue Symbiose von Leben und Arbeiten manifestiere sich. Wegezeiten minimierten sich in jedem Fall. Die Umwelt atme spürbar auf. Die Digitalisierung würfe den Menschen auf sein Menschsein zurück. Selbstständiges Arbeiten erhöhe sich und Erkenntnisprozesse stiegen an – vor allem im Arbeitsleben. Eine Kreativökonomie beginne die rationale Leistungsgesellschaft umzukrempeln.

„Silberne Gesellschaft“: Die steigende Alterung der Gesellschaft ist ebenso globale Realität. Die sogennante „Silver Society“ verändere Gesellschaft und Wirtschaft erheblich. Die Lebenserwartung steige, die Gesundheitsversorgung bessere sich und die Geburtenzahlen gingen gerade in entwickelten Ländern mit hoher Technologisierung zurück. Menschen arbeiteten länger und Teams würden älter. Erfahrung gewönne an Stellenwert. Zudem entstünde nach dem bisher üblichen Renteneintritt eine völlig neue Lebensphase. Diese Phase will gleichfalls mit Erfüllung gelebt und erlebt werden. Es entstehe ein neuer Raum für gesteigerte Selbstentfaltung in neuen Lebensstilen im hohen Alter. Der führe zu neuen Denkweisen. Der Jugendwahn nehme ab. Das Alter und das Altern selbst erführen grundlegende Umdeutungen. Angemessene Altersvorsorge erreicht damit beispielsweise ebenfalls einen neuen Stellenwert.

Neo-Ökologie: Biomärkte, Veganes Leben, Energiewende und Klimawandel-Bewegung – der Megatrend Neo-Ökologie geht an keinem mehr spurlos vorbei. Der Trend berühre inzwischen Kaufentscheidungen, das Image von Unternehmen, deren Börsenkurse und auf jeden Fall nahezu jede Firmenstrategie. Sogar wenn es nicht auf den ersten Blick zu erkennen sei, entwickele sich das neue ökologische Bewusstsein und die mit ihr verbundenen Verbraucherforderungen mehr und mehr zu einem der wirkmächtigsten Treiber unserer Zeit. Das nachhaltige Bedürfnis nach Natur-, Klima- und Umweltschutz sorge für eine Neuausrichtung der globalen Wertegesellschaft. Es berühre unternehmerisches Denken und Handeln in seinen elementaren Grundfesten. So sind zum Beispiel grüne und nachhaltige Versicherungen nicht ganz zufällig Wachstumsmärkte.

Je länger der wirtschaftliche Stillstand andauert, desto gravierender sind seine Folgen. Versicherungsmakler, die ihr Geschäftsmodell klassisch auf die persönliche Betreuung vor Ort und die in ihrem Maklerbüro ausgerichtet haben, merken das momentan drastisch. Teils brechen ihnen Umsatz und Neugeschäft bis auf null ein. Makler, die schon vor der Krise leistungsstarke digitale Vertriebskanäle auf- und ausgebaut haben, kommen dagegen besser mit der Ausnahmesituation klar. Die Frage der Fragen lautet: Auf welche neue Zukunft können wir uns einrichten?

Autor: Tasos Chatzimichailidis, CEO von Wefox

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