Corona könnte der R+V das Geschäft verhageln

Bildquelle: R+V Versicherung

Die R+V Versicherung hat im letzten Jahr gut gewirtschaftet. Sowohl beim Gewinn als auch bei den Prämieneinnahmen hat der Genossenschaftsversicherer aus Wiesbaden zugelegt. Dennoch fand Vorstandschef Norbert Rollinger im Rahmen der Bilanzpressekonferenz mahnende Worte: „Schauen Sie sich die Zahlen für das abgelaufene Jahr noch einmal genau an. Ich befürchte, im kommenden Jahr werden einige davon ganz anders aussehen“.

„Da sich die Dauer und damit die Schwere der Folgen der Corona-Pandemie noch nicht absehen lassen, können wir die Auswirkungen auf unser Geschäft zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt noch nicht beziffern“, ergänzte Rollinger zwar. Dennoch gehe man davon aus, dass sich der Wachstumskurs der letzten Jahre in 2020 zunächst nicht ungebremst fortsetzen werde.

Zudem sei damit zu rechnen, dass sich die dynamische Neugeschäftsentwicklung des Jahresbeginns deutlich abschwächen wird. Darüber hinaus der Wunsch von Kunden nach Beitragsfreistellungen den Umsatz im laufenden Geschäftsjahr zusätzlich schmälern, so die R+V.

Gleichzeitig will der Versicherungskonzern seinen Kunden entsprechende Versicherungslösungen anbieten, um auf die aktuelle Krise reagieren zu können. So können beispielsweise Kunden aus der privaten Krankenversicherung in einen Tarif mit einem geringeren Leistungsumfang oder einem höheren Selbstbehalt wechseln. Bei Firmenkunden wird beispielsweise die jährliche Gewinnbeteiligung, die bei geringen Schäden gezahlt wird, vorgezogen.

Springt der Bund als Rückversicherer ein?

Eine genaue Schadenschätzung durch die Corona-Krise konnte der Versicherungskonzern zwar nicht nennen. Komposit-Vorstand Edgar Martin rechnet durch den Corona-bedingten Ausfall zahlreicher Events bis Oktober mit einem Schaden im unteren zweistelligen Millionenbereich. Dabei schlägt nach Angaben der R+V vor allem die Absage der Oberammergauer Passionsspiele besonders zu Buche.

Mit Blick auf die voraussichtlich steigende Zahl der Insolvenzen durch die Corona-Krise setzt die R+V allerdings auch auf den Staat. Daher sei man bereits mit dem Bund als möglicher Rückversicherer über eine Lösung in Verhandlungen, bestätigte R+V-Vorstand Martin. Ergebnis: Bislang noch offen. Dennoch werde die R+V im Rahmen keine generellen Einschränkungen oder Reduzierungen bei übernommenen Risiken vornehmen. Alle Produktlinien und deren bedingungsgemäße Leistungen stünden weiterhin zur Verfügung.

Daneben dürften auch die unwetterbedingten Schäden wohl ebenfalls ihre Spuren in der Schadenbilanz vor 2020 hinterlassen. Allein Sturmtief „Sabine“ sorgte zu Jahresbeginn für eine Schadenbelastung von rund 66 Mio. Euro. Zum Vergleich: 2019 sorgte eine geringere Anzahl an Naturschadenereignissen für einen deutlich geringeren Schadenaufwand in der Erstversicherung. Für insgesamt 107.000 Schäden, 31.000 weniger als im Vorjahr, zahlte die R+V an ihre Kunden 224 Millionen Euro. Der Schadenaufwand lag damit um 15,7 Prozent unter dem des Vorjahres.

Unternehmensintern sieht sich die R+V derzeit jedenfalls gut gerüstet für den Umgang mit der aktuellen Krise. So befinden sich derzeit 15.000 Mitarbeiter des Versicherungskonzerns im Homeoffice, Dienstreisen in Risikogebiete seien bereits frühzeitig untersagt und Großveranstaltungen abgesagt worden. Neben der technischen Seite würde man den Mitarbeitern zudem über die Lebenslagenhotline der R+V-Tochter Human Protect Consulting auch eine psychologische Unterstützung anbieten. Insgesamt seien bislang 20 Mitarbeiter des Versicherers an Corona erkrankt, vier seien aber bereits wieder geheilt.

Zufriedenstellende Bilanz für 2019

Bleibt noch die Geschäftsbilanz für das Jahr 2019: So stieg der Konzerngewinn vor Steuern (nach IFRS) um 129,9 Prozent auf 1,030 Mrd. Euro (2019: 448 Mio.). Dabei begründete die R+V den deutlichen Gewinnanstieg vor allem mit dem besonders hohen Kapitalanlageergebnis von 6,2 Mrd. Euro (2018: 1,2 Mrd.). Insbesondere die weiter gesunkenen Zinsen an den Kapitalmärkten und die Besonderheiten der Rechnungslegung nach IFRS – die den Ansatz der Kapitalanlagen zu aktuellen Marktwerten verlangt – hätten sich Unternehmensangaben zufolge hier besonders ausgewirkt.

In der Schaden- und Unfallsparte stiegen die Beitragseinnahmen um 5,7 Prozent auf 6,034 Mrd. Euro. Zufrieden zeigt sich Rollinger dabei vor allem mit dem Geschäft in der Kfz-Sparte, wo der Genossenschaftsversicherer mit einem Beitragsplus von 5,8 Prozent auf 2,654 Mrd. Euro seine Position als Nummer drei auf dem deutschen Markt „weiter ausgebaut“ habe.

Neue Höchststände verzeichnete die R+V nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden auch im Geschäft mit der betrieblichen Altersvorsorge (bAV). Am Jahresenden standen 2,649 Mrd. Euro an Beitragseinnahmen in der Bilanz der R+V. Insgesamt stiegen die Prämieneinnahmen in der Lebens- und Pensionsversicherung mit 8,256 Mrd. Euro – einem Plus von 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum – erstmals über die Marke von acht Mrd. Euro.

Im Geschäft mit der privaten Krankenversicherung stiegen die Beitragseinnahmen um 5,4 Prozent auf 614 Mio. Euro. Dabei legte der Wiesbadener Genossenschaftsversicherer vor allem bei den Zusatzversicherungen um 7,4 Prozent zu.

Autor: VW-Redaktion

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