Der Weg zur goldenen Wohngebäudeversicherung führt über Plattformen

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Im Jahr 2018 leisteten die Versicherer in mehr als 2,6 Millionen Wohngebäude-Schadenfällen. Allein Unwetter verursachten Schäden von rund 3,1 Mrd. Euro. Die Einnahmen sind mit rund 7,6 Mrd. Euro hoch, die Ausgaben höher. So entstehen seit Jahren Schaden-Kosten-Quoten von über 100 Prozent, Ausnahme sind die Jahre 2016 und 2017.

Die Versicherer verlieren mit der Wohngebäudeversicherung Geld. „Seit der Zinswende muss in der Versicherungstechnik – gerade in den Massenschäden – Geld verdient werden. Das ist in der Wohngebäudeversicherung mehr als herausfordernd“, erklärt Christian Frenzel, Director Business Development bei in4mo, einem auf Schadenprozesse spezialisierten Dienstleister.

Experten glauben, dass in der Wohngebäudeversicherung eine Combined Ratio von unter 95 Prozent im Durchschnitt nötig ist, auch wenn einige Marktteilnehmer in den kommenden Jahren steigende Beiträge antizipieren. Die Schadenaufwendungen in der Wohngebäudeversicherung werden höchst wahrscheinlich steigen, denn das Wetter wird extremer.

„In Deutschland steigt insbesondere das Risiko von Hitzewellen und Dürren. Auch das Risiko von Flussüberflutungen hat in den letzten Jahrzehnten durch den Klimawandel zugenommen und wird mit fortschreitendem Klimawandel sehr wahrscheinlich weiter ansteigen, wenn der Hochwasserschutz nicht weiter verstärkt wird“, warnt der Klimaforscher Christian Otto.

Mehr Extremwetter bedeutet steigende Schäden, besonders da in Deutschland viele Häuser seit Jahrzehnten nicht saniert wurden, was die Schadenanfälligkeit erhöht. Der schlechte Zustand der Häuser spiegelt auch wider, dass rund die Hälfte der Schäden auf Leitungswasser zurückzuführen sind.

Schadenmanagement und Preisanpassungen

Die Tarife sind aufgrund des hohen Wettbewerbs zwischen 110 Anbietern knapp kalkuliert. Steigen die Schäden in einem Jahr etwas stärker an, sind in den Tarifen meist eher geringe Sicherheitszuschläge einkalkuliert, sodass im Folgejahr häufig der Beitrag angepasst werden muss. Das kann dank Verivox und Co. schnell zum Kundenverlust führen.

Angesprochen auf Lösungen für die Misere in der Wohngebäudeversicherung erklärte Klaus Zehner, Vorstandsmitglied der Sparkassenversicherung, gegenüber VWheute kurz und knapp: „Schadenmanagement und Preisanpassungen“. Da eine Preiserhöhung für ein einzelnes Unternehmen nicht einfach ist, bleibt als schnellere Lösung die Kostenreduktion.

Aufgrund fehlender Standardisierung von Reparaturmaßnahmen, beispielsweise im Vergleich zur Kfz-Versicherung, ist es schwierig, die Kosten gering zu halten und Skaleneffekte zu erzielen. Zudem sind die Prozesse komplex und betreffen mehrere Parteien, was Auswirkung auf Zeit und Kosten hat.

„Die Abwicklungsgeschwindigkeit steht in einer starken Abhängigkeit zur endgültigen Schadenhöhe. Die Gemengelage zwischen Versicherer, Geschädigten, Gutachter, Vertrieb und Sanierer bzw. Handwerker und dem nicht zu unterschätzenden „Moral Hazard“ stellt die Schadensachbearbeitung vor komplexe Anforderungen“, erklärt Frenzel. Die Schadenabwicklung in der Wohngebäudeversicherung sei heute noch zu viel Manufaktur und damit kostenintensiv.

Plattformen als Heilsbringer?

Eine Lösung könnten Plattformen sein, die helfen, Schäden schneller, besser und transparenter zu bearbeiten. Speziell in der prozessualen Bearbeitung eines Wohngebäudeschadens gibt es viele Prozessschritte und Funktionen, die nicht wettbewerbs- aber in Design und Betrieb sehr kostenintensiv sind.

„Die Kostenvorteile gilt es in einem wettbewerbsintensiven Markt zu heben und nebenbei knappe IT Ressourcen auf die sensiblen Prozesse der Versicherer zu fokussieren“, erklärt Frenzel. Hierbei müssten die Bereiche Partner- und Service-Level-Management, Ermittlung der Schadenkosten und Kundenkommunikation über den gesamten Schadenprozess in hoher Qualität und Quantität sichergestellt werden.

Es ist davon auszugehen, dass über Plattformen Skaleneffekte erzielt werden können, die durch individuelle Eigenentwicklungen nicht zu erreichen sind. Die zunehmende Komplexität und Geschwindigkeit, mit der neue Technologien entstehen, scheint es zunehmend erforderlich zu machen, dass Versicherer auf IT-Partner zugreifen. Beispiele sind Van Ameyde, der das Schadenmanagement für Lemonade in Deutschland betreibt, Actineo im Bereich Personenschäden oder in4mo, die sich auf dem skandinavischen Markt einen Namen gemacht haben und jetzt nach Deutschland und Österreich drängen.

„Bedingt durch die aufwendigere Automatisierung und die Integration immer umfangreicherer Komfortfunktionen im Wohngebäudebereich nimmt die Komplexität im Schadenmanagement deutlich zu. Das bedeutet, dass sich um den Bereich Wohnen über intelligentere Serviceangebote großes Potential in den passenden Eco-Systemen und den dazugehörigen Plattformen bildet“, weiß Frenzel.“

„Wer diese bedienen kann, baut sich spartenübergreifend ein größeres Cross-Selling-Potential auf und schafft die Möglichkeiten durch präventionsnahe Services vor dem Schaden langfristig in die künftige Schadenstruktur einzugreifen.“ Darin könnte ein Weg für lukrativere Zeiten in der Wohngebäudeversicherung liegen.

Autor: Maximilian Volz

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