HDI-Vorstand Dahmen: „Zwei, drei Haustarifverträge werden sicherlich nicht reichen“

Patrick Dahmen, Quelle HDI

Welche Zukunft hat die betriebliche Altersvorsorge? Und lässt sich mit der Lebensversicherung überhaupt noch Geld verdienen? Im Interview mit der Versicherungswirtschaft gibt HDI-Vorstand Patrick Dahmen exklusive Einblicke über die Ertragspotenziale im Sozialpartnermodell und Perspektiven für die Altersvorsorge.

Versicherungswirtschaft: Nach anderthalb Jahren Betriebsrentenstärkungsgesetz ist immer noch kein Sozialpartnermodell (SPM) in Sicht. Was können die Versicherer tun, damit das SPM doch noch ein Erfolg wird?

Patrick Dahmen: Wir glauben sehr stark an das SPM, sind aber auch überzeugt, dass es dafür einen langen Atem braucht. Denn zunächst müssen die Sozialpartner jeweils einzeln überzeugt werden. Dann müssen sie entsprechende Tarifverträge schließen – und dann müssen es die Unternehmen umsetzen. Da gibt es zwar einige Hürden, aber im Ausland klappt es. Warum also nicht auch in Deutschland? Man muss sich dem Thema sukzessive nähern über Haustarifverträge, weil man dort nur mit einem Unternehmen im Gespräch ist. Wir nehmen an solchen Ausschreibungen teil. Meiner Information nach sind zurzeit drei Ausschreibungen zu Haustarifverträgen im Markt. Wir sind bereits in intensiven Gesprächen mit Unternehmen und Sozialpartnern, um über Haustarifverträge und Branchenlösungen zu verhandeln. Für die „Deutsche Betriebsrente“ haben wir uns zu einer Konsortiallösung mit der Zurich entschieden und setzen dabei auf weitere Partner wie den Technologieanbieter xbAV. Die „Deutsche Betriebsrente“ ist angebotsfähig.

Das hört sich im Wesentlichen nach Abwarten an, oder?

Nein, wir können als Versicherer aktiv die Vorteile des SPM – schlichtweg die höhere Rente – kommunizieren. Wegen der größeren Freiheit der Kapitalanlagen kann das SPM chancenorientierter und damit ertragsreicher anlegen. In der Regel läuft dies auf eine Anlage von 50 Prozent Aktien und 50 Prozent Anleihen bei einer auf durchschnittlich 10 Prozent begrenzten Volatilität hinaus. Das ist rentierlicher als der klassische Deckungsstock. Wir Lebensversicherer können dabei unser Geschäftsmodell der Glättung von Ertragsschwankungen durch die Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) und freie RfB anwenden. Im Modell „Die Deutsche Betriebsrente“ glättet der kollektive Puffer Ertragsschwankungen und hilft Rentenkürzungen zu vermeiden. Dabei wird es für den Kunden deutlich kostengünstiger dank Opting-out-Optionen und Digitalisierung.

Diese Vorteile führen im Ergebnis zu höheren Renditen, die natürlich Schwankungen unterworfen sein können. Aber: Wir haben 1.000 Szenarien berechnet. Im Ergebnis schafft in 96 Prozent aller Kapitalmarktszenarien unsere SPM-Lösung „Die Deutsche Betriebsrente“ eine höhere Rentensumme als der Durchschnitt der bei „Morgen & Morgen“ gelisteten Top-10-Anbieter von bAV-Garantieprodukten.

Sie sind seit Januar im Vorstand der HDI Deutschland AG für das Lebensversicherungsgeschäft verantwortlich – was haben Sie hier vorgefunden und was sind Ihre Pläne?

In den letzten Jahren hat die HDI Leben ihre Hausaufgaben gemacht: Die Solvency-ll-Quoten sind deutlich gestärkt worden (2018: SCR-Quote nach internem Modell mit Übergangsmaßnahmen und Volatilitätsanpassungen 590 Prozent, ohne Übergangsmaßnahmen 254 Prozent) und bestimmte Funktionen, wie die Produktentwicklung, wurden gebündelt, um Synergien zu realisieren. Damit ist die finanzielle und operative Plattform geschaffen, stärker zu wachsen. Wachstum ist für uns eine der wesentlichen strategischen Herausforderungen der nächsten Jahre. Zudem werden wir unsere IT-Konsolidierung weiter vorantreiben: Das Neugeschäft läuft nahezu vollständig auf dem System „Kolumbus“. Nun werden die Bestände bis 2022/23 migriert. Parallel dazu planen wir, wir die Betriebsfunktionen zu konsolidieren. Darüber hinaus werden wir das Unternehmen kulturell stärker auf Kunden bzw. Markt und Wettbewerb ausrichten. Wir setzen auf Modelle der Zusammenarbeit, die mit einem stärker hierarchie- und ressortübergreifenden Arbeiten mehr Innovation und schnellere Entscheidungsprozesse ermöglichen.

Wie kann man denn in Leben noch wachsen?

Schauen Sie sich die Allianz an und was da möglich ist. Der Absicherungsbedarf ist entsprechend da. Wir wollen wachsen – und zwar insbesondere im Firmenkundengeschäft mit Altersvorsorge und Biometrie-Produkten und im Privatkundengeschäft mit stärker fondsgebundenen, flexiblen und kostengünstigen Lösungen sowie im Bereich Ruhestandsplanung und Ruhestandsmanagement. Einmalbeitragsgeschäft soll dabei für uns stärkend sein – ohne den Deckungsstock zu belasten. Die Stärkung des Wachstums in den von uns präferierten Geschäftsfeldern soll über alle Vertriebskanäle gehen. In der Biometrie – hauptsächlich Berufs- und Erwerbsunfähigkeit – haben wir traditionell eine erhebliche Expertise, sind bedingungsseitig top aufgestellt und haben preislich eine gute Position. Diese Strategie bauen wir sowohl hinsichtlich Produkte als auch Service aus. Wir wollen uns als echte Partner des Kunden positionieren.

Das vollständige Interview mit Patrick Dahmen lesen Sie in der aktuellen August-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.