Geldmaschine 2.0: Wie Andreas Pohl die DVAG auf Erfolg getrimmt hat

Andreas Pohl, Vorstandsvorsitzender der DVAG, Quelle: DVAG

Die DVAG eilt derzeit von einem Erfolg zum nächsten. Allein im Geschäftsjahr 2018 mit einem Gewinnplus von 3,1 Prozent auf 202,0 Mio. Euro eine neue Bestmarke gesetzt. Das entscheidende Credo hinter dem Erfolg: „Man braucht nicht nur im privaten Bereich eine Heimat, in unserer heutigen Zeit braucht man erst recht im beruflichen Bereich eine Heimat, ja eine Familie. Ich kenne keine Gesellschaft in Deutschland, die stärker als wir diese Familiengemeinschaft verkörpert“.

Gesagt hat diesen Satz Andreas Pohl auf dem traditionellen Familientag der DVAG 2015, ein Jahr nachdem Vater Reinfried, Gründer und bis zuletzt Patriarch des Unternehmens, verstorben war. Damit erneuerte der Sohn das Credo seines Vaters und beendete jegliche Spekulation darüber, wie es im Hause Pohl nun weitergeht: Es gibt keine Diadochen-Kämpfe, es wird keine schmutzige Wäsche gewaschen, wir bleiben auf Kurs.

Wer das Erfolgsrezept der Familie Pohl im Allgemeinen und das des jüngsten Sproß Andreas im Besonderen verstehen will, der muss verstehen wie Familien, erfolgreiche zumal, funktionieren. Einfach erklärt lautet deren Credo: Wir halten zusammen, wir stehen für einander ein und wir lassen niemanden hängen, nur weil er gerade Pech hat. Differenzierter betrachtet zeichnen sich erfolgreiche Familienunternehmen nicht nur durch einen Macher an der Spitze aus, sondern durch einen mächtigen Macher. Dieser hat die Kapital- und Führungsmacht in seiner Hand, er orientiert sich an einer langfristigen Unternehmensstrategie und stellt die Interessen des Unternehmens an die erste Position. Laut Untersuchungen zeichnen sich erfolgreiche Familienunternehmen auch durch besondere Selbsterneuerungskräfte aus.

Studien belegen, dass es allen erfolgreichen Unternehmen gelungen ist, auch in schwierigen Märkten und Zeiten ihre Markt- und Wettbewerbsposition zu verbessern und sie national wie international behutsam auszubauen, eine starke Führung vorausgesetzt. Darüber hinaus halten sie an Traditionen und Werten fest, etablieren dazu Strukturen, die es ihnen dennoch ermöglichen, schneller und flexibler als andere Unternehmensformen auf Veränderungen zu reagieren. Den Rahmen bilden Instrumente, die denen von gut geführten Aktienunternehmen ähneln. So haben Forscher festgestellt, dass Familienunternehmen langlebiger, unternehmerischer, familiärer, kurz erfolgreicher sind, weil sich eine Familie im Zweifelsfall immer für das Unternehmen entscheidet. Natürlich gibt es auch das Risiko von Familienstreitigkeiten und bei Misserfolg der Mitarbeiter enttäuschte Bindungen und das Gefühl verratener Loyalitäten, doch in der Regel lassen sich solche Schäden begrenzen.

Im Schatten des übermächtigen Vaters

Eine solche Zuschreibung dürfte auch das Wesen und die Erfolgsfaktoren der heute von Andreas Pohl geführten DVAG vortrefflich charakterisieren. Andreas Pohl, zweitältester Sohn des legendären Firmengründers Reinfried Pohl Sr. und fünf Jahre jüngerer Bruder von Reinfried Pohl Jr., wurde 1965 in Marburg geboren. Die Mutter Anneliese, geborene Klingelhöfer, entstammt einer alteingesessenen Konditorenfamilie, die noch heute in Marburg ansässig ist. Schon früh lernen beide Söhne, was es heißt, wenn ein bienenfleißiger Vater Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen versucht und Frau und Söhne jedes Wochenende auf Geschäftstreffen, Tagungen und Vertriebsveranstaltungen mitnimmt. Dabei würde Andreas Pohl seine Freizeit gerne auf dem Fußballplatz verbringen oder mit Freunden auch mal eine Party feiern, doch die Familie und das Geschäft gehen vor, das merken Andreas und sein Bruder Reinfried schnell und fügen sich in das unvermeidliche, denn „die Jungs haben das voll mitbekommen, weil ich alles zu Hause besprochen habe“, wie Vater Pohl einmal sagte.

Gemeint sind die Geburtswehen, die schließlich zur Gründung der DVAG geführt haben. Konkret ging es in diesem Zusammenhang um eine Vertriebskonferenz 1974 in Mainz, die der Versicherer Deutscher Herold, für die Pohl Senior höchst erfolgreich Policen verkaufte, veranstaltet hatte um die zukünftige Vertriebsstrategie, die weiter die alte bleiben sollte, zu verteidigen. Das Bild eines Allfinanzvertriebes schon im Kopf, entzweit sich Pohl vom Herold und geht, bedroht von Klagen und Prozessen unbeirrt weiter seinen Weg und gründet 1975 mit dem Kauf der Kompass-Gesellschaft für Vermögensanlagen mbH mit Sitz in Frankfurt die Allgemeine Vermögensberatung, die schon bald in Deutsche Vermögensberatung umbenannt wird. „Ohne meine Frau wäre ich damals nicht zurück ins Geschäft gegangen“, sagte der promovierte Jurist Jahre später zu diesem entscheidenden Karrierekapitel. Solche Erfahrungen schweißen die Familie zusammen, das erleben die Söhne zehn- und fünfzehnjährig hautnah.

Pompöse Parties als Motivation für Mitarbeiter

Dabei gilt auch hier wieder: Think big! Dieser Spirit beseelt den 54-jährigen Manager, der überhaupt kein Problem damit hat, vor einer freudig erregten Zuhörerschaft mit mehr als 12.000 Vermögensberatern und ihren Lebenspartnern in der Kölner Lanxess Arena eine ansprechende Rede zu halten und die Fans und ihre Familien, inklusive der eigenen, zu begeistern. Bei allem pomp and circumstance, moderiert von der ersten Liga deutscher TV-Größen, bei der Weltstars wie weiland Rekordweltmeister Michael Schumacher, dem die Pohls als Familie bis heute eng verbunden sind, Fußballbundestrainer Joachim Löw oder Kulttrainer Jürgen Klopp auftreten. So schafft man sich Freunde fürs Leben, Menschen die gerne bei und für die DVAG, von wenigen Ausnahmen abgesehen, arbeiten und so weiter Vermögen vergrößern, ihr eigenes und das der Familie Pohl.

Die wiederum teilt gern, wie die bombastische Jubiläumsveranstaltung im Hafen der maltesischen Hauptstadt La Valletta zum 40. Geburtstag der DVAG im Jahre 2014 zeigte. Gleich vier Kreuzfahrtschiffe der Aida-Flotte brachten tausende Berater, Assoziierte, Freunde und Geschäftspartner nach Malta, und weil man da unter sich bleiben wollte, wurde gleich der gesamte Hafen inklusive Restaurants gebucht. Von diesen Events sprechen Teilnehmer noch heute und beziehen daraus ihre langanhaltende Motivation. Als guter Psychologe, der Reinfried Pohl Senior war, weiss man im Hause Pohl schon lange wie man Loyalitäten schafft und Menschen an das Unternehmen bindet.

Wer stürzt den König?

Heute ist Andreas Pohl, der joviale Kommunikator, das bekanntere Gesicht in der Außendarstellung des Unternehmens. Das Image aus den 1990er Jahren von der größten „Drückerkolonne Deutschlands“ ist überwunden und mit der Übernahme des Exklusiv-Vertriebs der Generali (EVG) mit ihren mehr als 2500 Beratern erfolgte Anfang 2018 das Meisterstück und aus der Branche heraus quasi der Ritterschlag. Wie viele der Kunden noch übrig bleiben, wenn sie merken, dass sie nicht mehr bei der Generali versichert sind wird die Zukunft zeigen, aber aktuell sind die Zahlen ja hervorragend, wie der Konzernbericht vom März 2019 ausweist. Demnach stieg der Konzernumsatz im vergangenen Geschäftsjahr um 16,4 Prozent auf nunmehr 1,57 Mrd. Euro und der Konzernjahresüberschuss um 3,1 Prozent aus 202 Mio. Euro.

Daneben legte der Gesamtbestand der betreuten Verträge um sechs Prozent auf insgesamt 205,3 Mrd. Euro zu. Andreas Pohl, nun ganz in seiner Rolle als Vorstandsvorsitzender angekommen, kommentierte diese Zahlen wie folgt: „Im harten Wettbewerb machen unsere Vermögensberater durch eine enge Kundenbeziehung den entscheidenden Vorteil aus. Die Chancen, die sich uns 2019 bieten werden wir ergreifen. Wir werden hinterfragen und weiterentwickeln, vorantreiben und mitgestalten, denn unser großes gemeinsames Ziel ist es, auch weiterhin zu wachsen und noch erfolgreicher zu werden“. Das werden die Berater mit ihren mittlerweile acht Mio. Kunden sicher gerne hören. Und so wachsen sie weiter in Marburg, mit ihrem Familien-Konzept und fliegen als Strukturberater weiter unterhalb des Bafin-Radars.

Bleibt zum Schluss nur noch die Frage, ob der Übergang von Generation zwei zu drei genauso reibungslos funktioniert wie der von der ersten zur zweiten. Schließlich stehen in der dritten Generation zusammen acht Pohl-Kinder zur Nachfolge bereit. Die gingen zwar nicht durch die harte Schule ihrer Väter und sind auch nicht so nah dran am operativen Geschäft, aber auch in Zukunft gilt wohl im Hause Pohl, die Familie steht zusammen und die wird sich immer einigen.  Das vollständige Porträt über DVAG-Chef Andreas Pohl lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der Versicherungswirtschaft.