Kreditversicherer fürchten bis zu 17.000 Insolvenzen – Gefahren steigen weiter
Die Kreditversicherer rechnen für den deutschen Markt mit teureren Insolvenzen. Im kommenden Jahr wird die Zahl der Insolvenzen das erste Mal seit 2009 wieder steigen. Erschwert wird die Situation dadurch, dass Kosten und Umfang steigen.
„Im besten Fall rechnen wir mit 15.500, im schlechtesten mit bis zu 17.000 Pleiten“, sagte Thomas Langen am Donnerstag vor der Presse. Das wäre für den Vorsitzenden der GDV-Kommission Kreditversicherung der Zahl nach ein „akzeptables Niveau“, wäre da nicht der Trend zu größeren Ausfällen je Insolvenz und komplexeren Risiken: Im Durchschnitt haben sich Forderungen je Insolvenz im ersten Halbjahr 2021 auf über vier Millionen Euro knapp verdoppelt. Für 2021 geht die Branche von 15.000 Unternehmensinsolvenzen aus.
„Aktuell verändern sich die Risiken ständig und verstärken sich gegenseitig: Neue Coronawellen, globale Lieferengpässe und steigende Preise treffen auf einen gleichzeitig hohen Veränderungs- und Innovationsdruck“, so Langen. Er befürchtet Dominoeffekte und die mittel- und langfristigen Folgen der Pandemie. Besonders gefährdet sei die Automobil-Branche, die als Folge der „neuen Mangelwirtschaft“ Umsatz einbüße, aber für die Transformation zur E-Mobilität hohe Investitionen tätigen müsse. Die Inflation sei problematisch für Branchen mit längerfristigen Verträgen wie den Bau. Aber auch bei den Strom- und Gasanbietern habe die Explosion bei den Energiepreisen schon für erste Insolvenzen gesorgt. Das Problem: Die Anbieter kaufen kurzfristig Energie am Markt ein, haben mit ihren Kunden aber langfristige Verträge. In nahezu allen Branchen sei zudem die Gefahr durch Cyberkriminalität gestiegen, da viele Unternehmen das mobile Arbeiten unzureichend abgesichert hätten.
Schutzschirm war ein Verlustgeschäft
Mit 522 Milliarden Euro Deckungsvolumen habe die Branche über alle drei Sparten der Kreditversicherung 2021 nicht nur „nahtlos an die Vor-Corona-Zeit anschließen, sondern dieses Volumen sogar noch um fünf Prozent ausbauen können“, so Langen. Die wie immer auf einer Hochrechnung der ersten drei Quartale basierende Schätzung der Geschäftsentwicklung ist mit den Vorjahren aber kaum vergleichbar und nur bedingt aussagefähig. In den Brutto-Zahlen steckt nämlich auch das Geschäft, das für den Mitte des Jahres ausgelaufenen Schutzschirm für die Lieferketten der deutschen Wirtschaft an den Bund weitergegeben worden ist. „Für die Versicherungswirtschaft war das ein Verlustgeschäft“, so Langen, ohne Details zu nennen. Für die deutsche Wirtschaft sei es ein Erfolg gewesen. Zahlen einer Bundestagsanfrage, wonach 585 Millionen Beitrag für 2020 und 2021 abgeführt und 108 Millionen Euro für Schäden bezahlt worden sein soll, ist laut Langen „nicht nachprüfbar und nicht komplett“.
Durch die Rückgarantie des Bundes von 30 Milliarden Euro konnten die Kreditversicherer trotz der pandemiebedingt gestiegenen Risiken ihre Deckungszusagen von über 400 Milliarden Euro durchgehend aufrechterhalten. Im Rahmen des Schutzschirms gingen zehn Prozent der Schadenzahlungen sowie die Kosten an die Versicherer. Knapp 60 Prozent der Prämieneinnahmen für das erste Halbjahr 2021 mussten sie dafür an den Bund abführen. Ungeachtet des Schutzschirms musste die Bonität der Abnehmer weiterhin überwacht und kontrolliert werden. Das bringt eine im Vergleich zu anderen Sparten höhere Kostenquote mit sich. Für das gesamte Geschäft weist der Verband für 2021 bei 1,93 Milliarden Euro (+7%) Beitragseinnahmen eine Schadenquote von 34 (56) Prozent und eine Combined Ratio von 60 (85) Prozent aus.
Jenseits der Kreditversicherung
Wirtschaft und Kommunen haben gemeinsame eine Infrastrukturoffensive gestartet. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung nennt es deutlich: Klimaschutz, Digitalisierung und Infrastruktur sind die großen Themen für eine gute Zukunft, schreibt der GDV. Kommunen und Privatwirtschaft stehen bereit, das Programm mit der „Initiative nachhaltige Infrastruktur Deutschland“ (INID) zu unterstützen.
Die drei wichtigsten Punkte sind:
- Kompetenznetzwerk für Nachhaltigkeit erweitern
- Finanzierungsmodelle erleichtern
- Föderale Strukturen stärker berücksichtigen
Getragen wird die Initiative vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), dem Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), dem World Wide Fund for Nature (WWF) sowie unterstützt vom Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund. Mehr Informationen finden Sie hier.
Autorin: Monika Lier, der Absatz ab „Jenseits der Kreditversicherung“ wurde von der Redaktion ergänzt.