Wer soll Vermittler künftig beaufsichtigen?

Die Pensionskassen stehen unter besonderer Beobachtung. Quelle: Bild von Steve Buissinne auf Pixabay

Soll die Bafin künftig auch die Versicherungsvermittler beaufsichtigen? Oder funktioniert das bestehende System ausreichend? Über diese spannenden Fragen diskutierten gestern Experten im Rahmen eines Symposiums der Forschungsstelle für Versicherungswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Laut Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der Bafin, hat sich die Zweiteilung der Aufsicht – Bafin beaufsichtigt die Versicherer, die IHKs und Gewerbeämter den Vertrieb – in Deutschland bewährt. Er erinnert daran, dass Bafin und regionale Aufsicht keineswegs getrennt voneinander arbeiten, sondern fachliche Berührungspunkte haben und im Austausch stehen. Als Beispiel nannte er die FAQs zur Weiterbildungspflicht. Daran, dass Vermittler weniger intensiv beaufsichtigt werden als Versicherer, würde auch die Bafin nichts ändern. Zudem würden Vermittler mittelbar über die Versicherer beaufsichtigt, da die Bafin kontrolliert, ob die Versicherer ihrer Verantwortung gegenüber ihrem Vertrieb nachkommen.

Was das Thema Vertriebsvergütung betrifft, greife die Bafin nicht in die Freiheit der Unternehmen zur Preisbildung ein. Dennoch sieht Grund „Verbesserungspotenzial“, vor allem was etwa Kickbackzahlungen betrifft. „Das gucken wir uns an“, kündigt er an. Eine etwas andere Auffassung vertritt Rechtsanwalt und Versicherungsrechtler Friedrich Graf von Westphalen. Er sieht mit Blick auf die EU einen gewissen Druck zur Vereinheitlichung, der aus der zunehmenden Komplexität vor allem des Kapitalmarktes entspringt. „Dazu passt das föderale System der IHK-Beaufsichtigung nicht“, prophezeit er.

Komplexität verlangt Vereinheitlichung

Auch sein Kollege, der Rechtsanwalt Gunne W. Bähr von der Kanzlei DLA Piper aus Köln, tendiert aufgrund der internationalen Dimension des Problems eher zu dieser Einschätzung. Anders als bei Versicherern hat die IDD in der Aufsicht der Versicherungsvermittler keine Vollharmonisierung angestrebt. Dennoch sieht er international eine gewisse Tendenz zu einer einheitlichen Beaufsichtigung von Versicherern und Vermittlern. In Italien gibt es laut Bähr eine einheitliche Aufsicht mit weitreichenden Kompetenzen, die sogar über europäische Richtlinien hinausgehen. Auch Spanien kontrolliert beide Parteien über eine Behörde, lediglich in einigen autonomen Regionen gibt es Ausnahmen. In Frankreich, wo es bis dato ebenfalls nur eine Kontrollinstanz gibt, soll 2022 dieses Monopol zum Teil aufgegeben werden. Doppelspitzen in der Kontrolle gibt es sowohl in Belgien, in den Niederlanden als auch in Großbritannien. Obwohl beide Systeme nach Bährs Einschätzung funktionieren, sieht er eine Tendenz zur Vereinheitlichung, um die wohl auch Deutschland nicht herumkommen wird. Vor allem große Assekuradeure oder Fintechs ohne Risikotragung sollten mittelfristig unter Bafin-Aufsicht, während kleine Vermittlereinheiten und Broker bei den IHKs verbleiben könnten, findet er.

Zuständigkeit sollen in einer Hand bleiben

Gegen einen Systemwechsel sprach sich Rechtsanwalt Hubertus Münster, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), aus. Zum Beispiel funktioniere die Kontrolle über die Weiterbildungspflicht mit Sanktionen für säumige Vermittler, bis hin zum Berufsverbot. Es gebe keine skandalträchtigen Entwicklungen im Kleinanlagebereich, die eine Veränderung der Aufsicht vor allem von Finanzanlagevermittlern erforderlich machen würden. Die würden sich bei großen Anbietern wie Prokon oder P&R finden, die bereits von der Bafin beaufsichtigt werden. „Die Zuständigkeit für Erlaubnis und Sachkundeprüfung sollte unbedingt in einer Hand bleiben“, so Münsters Forderung.

Zudem habe sich die bisherige Selbstverwaltung als geeignet und kosteneffizient bewährt und sollte keineswegs verändert werden. Dank der vom Bundeswirtschaftsministerium, der Bafin, den Bundesländern, dem DIHK und den IHKn gemeinsam erarbeiteten Musterverwaltungsvorschriften (VinVermVwV) werde eine hochwertige Aufsicht gewährleistet. Dem schloss sich Dieter Kipp, Partner der Strategie- und Managementberatung zeb, aus Sicht eines Unternehmens an. Er betonte, dass die Arbeitsteilung zwischen Bafin und IHKn eingespielt und die Beaufsichtigung des Versicherungsvertriebs wirksam sei. „Es wurde eine hohe Qualität im Versicherungsvertrieb erreicht“, lobte er. Auch er fände es schädlich, wenn Erlaubnisverfahren, Registrierung und Sachkundeprüfung künftig nicht mehr in einer Hand liegen würden. Er hält die Aufsicht für eingespielt und das dahinterliegende Verwaltungsverfahren für effizient.

Wie ernst Aufsicht in Deutschland genommen wird, zeigt sich laut Kipp an der Zahl der Sanktionen, die in Deutschland gegen Vermittler ausgesprochen werden. Wie im Sanktionsbericht der EIOPA aus dem Jahr 2020 zu lesen ist, gab es 2018 und 2019 in Deutschland 1.588 Sanktionen, während es in der ganzen übrigen EU nur 335 gab. Auch die äußerst geringe Zahl von Vermittlerbeschwerden beim Ombudsmann sei ein Indiz dafür, dass die Aufsicht funktioniere.

Autorin: Elke Pohl

Ein Kommentar

  • Jörg Bronowski

    Sieht man die Zahlen, die sich seit Jahren rückläufig sind. Die Tatsache, dass die zu Überwachenden überdurchschnittliche altersmäßig sind.
    Dass das „verdienen“ erst ab 13. Monaten Bei Sach-, bei Finanzanlagen ab 37. Monat und bei Versicherungen erst ab 61 bzw. 97. Monate erfolgt.

    Dass sich Urteile, gesetzliche Vorgaben oder Auflagen nach in Krafttreten sofort gelten!

    Mal ernsthaft, was soll da die Bafin noch überwachen? Wenn kein Vermittler mehr da ist, bedarf es keiner Überwachung mehr!
    Schon heute ist es unmöglich den Vermittler nach GewO angemessen auszubilden, zu Einen weil es keine Ausbildung gibt und zum anderen, weil dieser Beruf nicht finanziell mehr lohnt.

    Das bedeutet schon heute, dass Vermittler, die mit 65 in Rente gehen wollen. Das Neugeschäft mit 57 Jahren einstellen müssen, sofern diese das Risiko einer Altersarmut, durch Stornohaftung verhindern wollen.
    Unter der Hand heißt es jetzt schon, dass 1/3 der Makler, nur noch Bestandsbetreuung machen. Das Gleiche gilt für gebundene Vertreter.
    Denn die letzten Gerichtsurteile bezüglich Stornohaftung rechtfertigen dieses Vorgehen aller Ü 55 Vermittler.

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