Wegen Flutkatastrophe: Bundesregierung will Insolvenzantragspflicht erneut aussetzen

Schäden durch Sturmtief "Bernd". Quelle: Bernd Engelien / Zurich.

Die Insolvenzantragspflicht soll wegen der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz für betroffene Firmen bis Ende Oktober 2021 ausgesetzt werden. Die Regelung soll rückwirkend ab dem 10. Juli 2021 gelten. Dies hat das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen.

Eine Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ist längstens bis Ende März 2022 angedacht, berichtet tagesschau.de. Allerdings müssten die Firmen einen Bezug zu den Unwettern nachweisen. „Durch den Starkregen und das Hochwasser sind auch Unternehmen unverschuldet in finanzielle Not geraten, die an sich tragfähige und erfolgreiche Geschäftsmodelle haben. Wir müssen aber verhindern, dass Unternehmen nur deshalb zum Insolvenzgericht gehen müssen, weil Unterstützungsleistungen nicht rechtzeitig bei ihnen ankommen“, betonte Bundesjustizministerin Christiane Lambrecht (SPD).

Bereits nach dem Hochwasser an Elbe und Oder im Jahr 2002 hatte die Bundesregierung laut Bericht die Antragspflicht regional ausgesetzt. „Die Bilanz dieser Maßnahme fällt dabei durchaus gemischt aus“, wird Insolvenzverwalter Lucas Flöther bei der Nachrichtenagentur Reuters zitiert. So habe die Maßnahme zwar für eine gewisse Entspannung gesorgt. Dennoch sei für einen sehr großen Teil dieser Unternehmen später der Gang zum Insolvenzgericht doch unausweichlich geworden.

Thomas Langen: „Unternehmen gewinnen dadurch Zeit“

Für Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa bei Atradius, „kann die erneute Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für gesunde Unternehmen mit sicherem Geschäftsmodell eine erste Maßnahme sein“, um die aktuelle „Notlage kurzfristig zu überbrücken“.

„Die Unternehmen gewinnen dadurch Zeit, um auf diese schwierige Situation entsprechend reagieren zu können und ihre Geschäftstätigkeit aufrecht zuhalten, bis die Hilfen eintreffen.“

Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa bei Atradius

Zudem habe Atradius „als Unterstützungsmaßnahme in dieser Ausnahmesituation zeitnah reagiert und den Risikoschutz von betroffenen Unternehmen weitgehend aufrechterhalten. Auch wenn viele Unternehmen versichert sind, sind zahlreiche Lieferketten durch die Hochwasserschäden in Mitleidenschaft gezogen bzw. unterbrochen worden. Selbst für Lieferanten und Dienstleister die nicht in den betroffenen Regionen ansässig und nicht unmittelbar betroffen sind, besteht daher das Risiko von erheblichen Ausfällen.“

„Ob die staatlichen Zuwendungen und diese Aussetzung ausreichen Unternehmen, die vor dem nichts stehen, eine wirtschaftliche Zukunft zu ermöglichen, wird sich zeigen. In vielen betroffenen Gebieten ist derzeit weder eine Grundversorgung mit Wasser, Strom oder Gas noch die nötige Infrastruktur vorhanden. Die Aufbauarbeiten und Sanierungen werden Jahre in Anspruch nehmen. Gefragter noch als eine kurzfristige Erleichterung ist in diesem Falle ein langfristiges Engagement von Politik und Wirtschaft in dieser Region, um die betroffenen Menschen und Unternehmen zu unterstützen“, betonte Langen gegenüber VWheute.

Autor: VW-Redaktion

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