Besteht bei einer Deckungsklage gegen den Betriebsunterbrechungsversicherer Rechtsschutz?

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Schwierig aber lösbar: Der österreichische OGH hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Rechtsschutzversicherung Klagen gegen den Betriebsunterbrechungsversicherer in Zusammenhang mit Covid-19 deckt. Die Entscheidung hat Michael Gruber für unsere Partnerwebsite VersR analysiert.

Die klagende VN betreibt ein Hotel. Aufgrund der behördlich angeordneten „Betriebsschließungen“ war der Beherbergungsbetrieb der VN pandemiebedingt vom 16. März 2020 bis zum Saisonende am 19. April 2020 geschlossen. Die VN wollte Rechtsschutzdeckung für ein gegen ihren Betriebsunterbrechungsversicherer anzustrengendes Verfahren. Auf diesem Weg wollte die VN Ersatz für den Verdienstentgang erreichen.

Keine Deckung?

Der Rechtsschutzversicherer beantragte die Abweisung der Deckungsklage. Der Gewährung stünde der Risikoausschluss nach Art. 7.1.4 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung 2006 (i.d.F. ARB 2006) entgegen:

Was ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen?

  1. Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen […]

1.4. in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit hoheitsrechtlichen Anordnungen, die aufgrund einer Ausnahmesituation an eine Personenmehrheit gerichtet sind; […]“

Als Folge hatte der OGH darüber zu entscheiden, ob der Tatbestand dieses Risikoausschlusses erfüllt war. Das Höchstgericht bezweifelte nicht, dass die behördlich angeordneten „Betriebsschließungen“ als hoheitsrechtliche Anordnungen, „die aufgrund einer Ausnahmesituation an eine Personenmehrheit gerichtet waren“, zu qualifizieren sind.

Der bestimmende Punkt

Die entscheidende Frage ist laut Gruber, ob die Klage der VN gegen ihren Betriebsunterbrechungsversicherer als Wahrnehmung rechtlicher Interessen in „unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang“ zur betreffenden hoheitsrechtlichen Anordnung zu qualifizieren sei. Die VN wollte ja nicht gegen die hoheitsrechtliche Anordnung selbst oder die anordnende Behörde vorgehen, sondern mit der angestrebten Klage Deckung für die Nachteile erhalten, die durch die Anordnung verursacht wurden.

Entscheidung und Begründung

Der Senat erklärte, dass auch eine Klage gegen den Betriebsunterbrechungsversicherer in „unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang“ zur betreffenden hoheitsrechtlichen Anordnung stehe und entschied damit – wie schon beide Vorinstanzen – gegen die VN.

Im Wesentlichen stützte sich das Höchstgericht dabei auf zwei Argumente: Zum einen wurde der Zweck des Ausschlusses ins Treffen geführt: Dieser sei besonders schwer kalkulierbar, weil unabsehbare Risiken auszuschließen, die sich im Gefolge eines außergewöhnlichen Ereignisses verwirklichen, das behördliche Maßnahmen gegen eine größere Anzahl von Personen erfordere. Zum anderen hob der OGH hervor, dass der Ausschluss explizit auch den „mittelbaren“ Zusammenhang mit hoheitsrechtlichen Anordnungen genügen lasse und ein solcher in diesem Fall jedenfalls gegeben sei.

Der OGH qualifiziert den Risikoausschluss des Art. 7.1.4 ARB 2006 auch nicht als „gröblich benachteiligend“ i.S.d. § 879 Abs. 3 ABGB: Zum einen bestehe keine einschlägige dispositive Regelung, an der man sich im fraglichen Zusammenhang als Leitbild orientieren könnte. Zum anderen bezwecke der Ausschluss eben, keine Deckung für besonders schwer kalkulierbare, weil unabsehbare Risiken zu gewähren, die sich im Gefolge eines außergewöhnlichen Ereignisses verwirklichen, das überdies behördliche Maßnahmen gegen eine größere Anzahl von Personen erfordert. Ein so gestalteter Ausschluss entspreche auch den „Interessen der VN nach zuverlässiger Tarifkalkulation“.

Wenn Sie der Ausblick des Autors zum Urteil interessiert, können Sie diese auf unserer Partnerwebsite VersR lesen.

Autor: VW-Redaktion

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