Sicherheit erfordert keine Garantie: Altersvorsorge hat Optimierungspotenzial

Michael Hauer vom Institut für Vorsorge- und Finanzplanung (IVFP) rechnet seit Jahren in der Altersvorsorge mit spitzer Feder nach. Damit sich Altersvorsorge auch lohnt, müssen in der Niedrigzinsphase auch die Kosten auf den Prüfstand. Dazu gehören auch die durchaus nicht niedrigen Kosten für eine Garantie.

Damit hat sich Professor Hauer ganz aktuell ausführlich in einem Beitrag zum Kompass 2/2021 „Abgesenkte Garantien, Sicherheit, Rendite, (betriebliche) Altersvorsorge und Niedrigzins“ auseinandergesetzt. Henriette Meissner, Mitherausgeberin des Kompass, spricht mit ihm über die Kosten und den Wert von Garantien in der Altersversorgung.

Henriette Meissner: Immer wieder zeigt sich in Umfragen, dass für „den Deutschen“ eine Beitragsgarantie in der Altersversorgung wichtig ist. Nicht zufällig ist beim Sparen Festgeld immer noch ein Favorit. Warum muss man denn jetzt in der Niedrigzinsphase die Garantien intensiver prüfen?

Michael Hauer: Wer sich jetzt fragt, ob gerade in der aktuellen Situation nicht doch hohe (Beitrags-)Garantien eingeschlossen werden sollten, der sollte folgendes beachten. Sicherheit ist grundsätzlich schon sinnvoll, man sollte sie allerdings in Kombination mit der Rendite sehen. Es muss jedem klar sein: Garantien kosten Geld. Und derzeit sind Garantien teuer! Genauer gesagt die Opportunitätskosten, also die Garantieerzeugungskosten. Diese sind nichts anderes als ein entgangener Gewinn. Das sollten Berater/innen den Kunden erklären. Egal welche Fondsprodukte mit Garantie man betrachtet, man braucht dafür immer eine sichere Anlage – und diese bringen aktuell und in den nächsten Jahren nur sehr geringe Renditen. Derzeit muss also ein größerer Teil vom Sparbeitrag in die sichere Anlage gesteckt werden, um die Garantie zu erzeugen. Dies schmälert dann die Rendite. Entsprechend muss auch der Erwartungswert bei der Ablaufleistung nach unten angepasst werden.

Henriette Meissner: Was sagen Sie denn zur Garantiehöhe? Ist die höhere Garantie die bessere? Oder kann man sogar vollständig darauf verzichten? Auf was kommt es an?

Michael Hauer: Wer mehr Rendite erzielen möchte, muss sich diese durch etwas mehr Risiko erkaufen. Dieses Risiko kann man jedoch durch einige risikominimierende Faktoren beachtlich senken. Das ist zum einen eine lange Laufzeit von mindestens zwölf bis 15 Jahren. Schaut man sich die langfristige Entwicklung der Börsen an, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, bei 15 Jahren Anlage am Ende ein Minus zu machen. Der zweite Punkt ist die Diversifizierung.

Eine sinnvolle Streuung der Anlagen etwa in   Aktienindizes – vorwiegend in blue chips – minimiert das Risiko ebenfalls. Außerdem ist das Timing-Risiko geringer, wenn nicht alles zum gleichen Zeitpunkt investiert wird. Hier spricht man vom Cost-Average-Effekt, der Schwankungen über die Zeit ausgleicht. Viele Versicherer haben inzwischen ein gutes Ablaufmanagement bei Fondspolicen. Meist kann man in den letzten Jahren der Laufzeit in sicherere Anlagen wechseln. Wer diese Punkte beachtet, erhält bei vertretbarem Risiko beachtliche Chancen zur Renditesteigerung.

Wer also diese drei risikominimierenden Faktoren beachtet, kann auf Garantien vollständig verzichten. Er oder sie muss aber auch damit leben können, dass es Schwankungen bei den Aktienwerten gibt – dies ist nicht schlimm, man muss es eben nur wissen. Wer jedoch nicht mit diesen Schwankungen leben kann, der muss gewisse Garantien in seine Lösung einbauen – die Gewinn-Chance wird jedoch wie oben geschildert dadurch reduziert. Dabei gilt: je höher die Garantie, desto niedriger die Gewinn-Chance. Dabei zu beachten ist auch noch, dass durch die Inflation die Kaufkraft des Geldes sinkt, d.h. die Beitragsgarantie garantiert zwar einen gewissen Nominalwert, aber die Kaufkraft ist eben nicht garantiert. Diese lässt sich nur durch höhere Ertrags-Chancen wie z.B. bei Aktienfonds mindestens ausgleichen.

Henriette Meissner: Sind denn Fondspolicen, wie sie von der Versicherungsbranche angeboten werden, geeignete Alternativen? Oder reicht ein Fondssparplan?

Michael Hauer: Es ist eine Tatsache, dass sowohl die Fonds als auch der Versicherungsmantel Kosten verursachen. Für den Laien scheint es so, dass dies ein klarer Nachteil gegenüber der Direktanlage in Fonds darstellt. Doch dem ist nicht so. Aufgrund der steigenden Transparenz und des Drucks von Verbraucherverbänden sind die Kosten von Fondspolicen in den vergangenen zehn Jahren maßgeblich gesunken. Die Anbieter mussten reagieren, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Anders als bei der Direktanlage fallen zudem über die gesamte Laufzeit keine Gebühren für Fondskauf und -wechsel an. Zudem bieten inzwischen bereits viele Versicherungsunternehmen Fonds im Rahmen der Fondspolicen an, bei denen die Verwaltungskosten gegenüber dem „Original“ reduziert sind. Dabei handelt es sich um sogenannte „Institutionelle Anteilsklassen“.

Manche glauben aber trotzdem, dass es doch kostengünstiger wäre, direkt in Investmentfonds zu investieren. In vielen Fällen ist jedoch die Fondspolice aufgrund der Abgeltungsteuerfreiheit in der Ansparphase, der günstigen Ertragsanteilsbesteuerung bei der Rentenleistung bzw. des Halbeinkünfteverfahrens bei der Kapitalzahlung rentabler. Dies sind weitere, nicht unwesentliche Vorteile der Fondspolicen. Die Versicherer bieten hier über Berechnungstools – wie z.B. den vom IVFP entwickelten „FondsanlagenOptimierer“ – individuell für jeden Kunden die Möglichkeit, den Vertragsverlauf unter Berücksichtigung von Steuern und Kosten zu simulieren.

Autor: VW-Redaktion

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