Bundesfinanzhof urteilt zum gleichzeitigen Bezug von Gehalt und Altersrente beim GGF

Bundesfinanzhof, Heimat vieler bAV-Entscheidungen. Quelle: Bundesfinanzhof.

Die Frage, ob und wann bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer (bGGF) eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegt, wenn er gleichzeitig eine Rente aus betrieblicher Altersversorgung mit einer Weiterbeschäftigung bezieht, ist schon länger ein „Knackpunkt“ bei Betriebsprüfungen und bei der Ausgestaltung von rentennahen Übergängen in die Rente. Denn häufig können GGF nicht so früh, wie ursprünglich einmal geplant, in Ruhestand gehen. Gerne werden hier unter anderem Beraterverträge eingesetzt. Nun hatte sich der Bundesfinanzhof wieder mit einem Streitfall zu befassen (BFH, Urteil vom 17. Juni 2020, Az.: I R 56/17).

Der Fall: T war als Gesellschafter-Geschäftsführer tätig und erhielt 1998 eine Versorgungszusage. Die Fälligkeit der Altersrente war an die Vollendung des 65. Lebensjahres (feste Altersgrenze) und daran, dass erstmals kein Gehalt oder entsprechende Zahlungen mehr geleistet werden, gebunden.

2008 schloss T mit der GmbH eine Aufhebungsvereinbarung seines Geschäftsführervertrags zum Ende des Monats, in dem er das 65. Lebensjahr vollendete (30. September 2009). Die Versorgungszusage blieb davon unberührt.

Ab dem 1. Oktober 2009 zahlte die GmbH dem ehemaligen GF vereinbarungsgemäß eine Altersrente in Höhe von 3.417,10 Euro. Parallel zur Aufnahme der Versorgungszahlungen schloss die GmbH mit T mit Wirkung vom 1. Oktober 2009 einen neuen unbefristeten Arbeitsvertrag als Geschäftsführer für eine beratende Tätigkeit. Die Bruttovergütung betrug 1.500 Euro.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der neue Arbeitsvertrag ohne Unterbrechung das vorherige Arbeitsverhältnis fortsetzt. Daher bestünde kein Anspruch auf die Zahlung einer Altersrente, da der Anspruch auch laut Versorgungszusage daran geknüpft war, dass kein Gehalt oder entsprechende Zahlungen mehr geleistet würden. Die Auszahlung der Altersrente sei insoweit vollumfänglich als vGA zu würdigen. In letzter Instanz hatte der Bundesfinanzhof zu entscheiden.

Das Urteil: Die obersten Finanzrichter gaben dem Finanzamt nicht recht und wiesen die Revision zurück. Das neue Arbeitsverhältnis ist tatsächlich ein neues Arbeitsverhältnis und keine nahtlose Fortsetzung des Altvertrages. Damit waren beide Bedingungen der Pensionszusage für die Fälligkeit erfüllt. Die Auszahlung der Altersrente war also in dieser Hinsicht nicht als vollständig vGA einzustufen.

Der BFH verwies bei seiner Würdigung darauf, dass die Auslegung von Verträgen und Willenserklärungen zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen gehöre und der BFH daran gebunden ist, wenn sie den Grundsätzen der §§ 133 und 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungsätze verstößt. Das war hier nicht der Fall.

Denn die im Neuvertrag ab 1. Oktober 2009 als Gegenleistung vorgesehene monatliche Bruttovergütung von 1.500 Euro sei nicht als Reduzierung der Altvergütung, sondern lediglich als natürliche Konsequenz und Ausdruck der fortan nur noch eingeschränkten Verantwortlichkeit von  T anzusehen, ist möglich; sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch Erfahrungssätze.

Die Argumentation des Finanzamtes mit dem Betriebsrentengesetz, dass bei einem nahtlosen Anknüpfen eines zweiten an ein erstes Arbeitsverhältnis die Unverfallbarkeitsfristen nicht neu beginnen lässt, half nicht. Denn das ändere – so die obersten Finanzrichter – nichts an den zwischen den Vertragsparteien vereinbarten vertraglichen Rahmenbedingungen. Allerdings war der gleichzeitige Bezug einer Altersrente und eines Gehalts ohne Anrechungsklausel eine teilweise vGA.

Das Finanzgericht war zutreffend davon ausgegangen, dass die Zahlung der Altersrente auf den vereinbarten Versorgungsfall wegen dessen fortbestehender entgeltlichen Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin partiell eine vGA nach sich zieht, soweit das Einkommen aus der Tätigkeit als Geschäftsführer (monatlich 1.500 Euro) nicht auf die Versorgungsleistung (monatlich 3.417,10 Euro) angerechnet worden ist.

Das Finanzgericht hatte die Klausel der Versorgungszusage, dass die Altersrente fällig wird, wenn erstmals kein Gehalt oder entsprechende Zahlungen mehr geleistet werden, dahingehend ausgelegt, dass sie sich auf künftige Anstellungsverträge und/oder ähnliche Verträge wie z.B. Beraterverträge erstreckt. Allerdings muss der Anspruch auf Altersrente lediglich im Umfang der tatsächlichen Gehaltszahlung hinausgeschoben werden. An diese Auslegung hielt sich der BFH. Der Geschäftsführer habe aufgrund des neuen Vertrags und der damit verbundenen Vergütung, ein entsprechend reduziertes Versorgungsbedürfnis.

Mit Verweis auf sein Urteil aus 2015 stellt der BFH klar, dass sowohl das Aufschieben des Eintritts der Versorgungsfälligkeit (bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat) als auch eine Anrechnung des Einkommens aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung dem in diesem Zusammenhang anzustellenden hypothetischen Fremdvergleich entspricht.

Die Richter des ersten Senats nutzten die Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass die Zusage einer Altersversorgung im Hinblick auf die versprochene Altersrente nicht unbedingt das Ausscheiden des Begünstigten aus dem Betrieb oder die Beendigung des Dienstverhältnisses erfordert. Nach der Rechtsprechung des Senats genügt es, wenn für den Eintritt des Versorgungsfalls nur die Vollendung des vorgesehenen Lebensjahres vorgesehen ist. Insbesondere verliert die Versorgung dadurch nicht ihren Charakter als betriebliche Altersversorgung.  Der BFH verweist dabei auf seine ständige Rechtsprechung und führt mit einer gewissen Genugtuung an, dass dieser Auffassung „nunmehr auch das Bundesministerium für Finanzen (BMF) folgt (H 6a (1) der Hinweise zu den ESt-RL 2019, BMF-Schreiben vom 18. September 2017).

Fazit: Das Urteil ist von hoher Bedeutung für die Praxis und hilft „Übergangsregelungen“ für GGF rechtssicher zu gestalten. Denn bei Betriebsprüfungen werden Sachverhalte, bei denen sich weitere Zahlungen der GmbH z.B. aufgrund von Beraterverträgen und Pensionsleistungen mittlerweile immer häufiger aufgegriffen.

Autor: VW-Redaktion

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

2 × zwei =