Aktuare geben grünes Licht für abgesenkte Garantien in der bAV

Quelle: Bild von Raten-Kauf auf Pixabay

Das Thema der abgesenkten Garantien in der bAV wird zurzeit heiß im Markt diskutiert, nachdem der Marktführer und zahlreiche weitere Marktteilnehmer zum 1. Januar 2021 die Garantiehöhen vor dem Hintergrund der zementierten Niedrigzinsphase in der betrieblichen Altersversorgung vielfach unter 100 Prozent der eingezahlten Beiträge abgesenkt haben.

Die Deutsche Aktuarsvereinigung (DAV, Fachausschuss Altersversorgung) hat aktuell einen Ergebnisbericht zum Thema (abgesenkte) „Garantien in der bAV im Niedrigzinsfeld“ verabschiedet. Sie fasst den Stand der Diskussion insbesondere für Aktuare von Versorgungseinrichtungen, verantwortliche Aktuare, Aktuaren, die Garantien in Tarifen kalkulieren oder Berichte und Gutachten erstellen zusammen.

Gleich zu drei kritischen Themen im Niedrigzinsumfeld äußert sich die Arbeitsgruppe, die den Bericht erstellte: Die Beitragszusage mit Mindestleistung, die Garantiehöhe bei beitragsorientierten Leistungszusagen und der Wertgleichheit bei Entgeltumwandlung. Insgesamt gibt die DAV „grünes Licht“ für abgesenkte Garantien vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase und der zwingenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Kalkulation.

Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe, die den Bericht erstellte, kommt – wenig überraschend – zu dem Ergebnis, dass bei der Beitragszusage mit Mindestleistung im Niedrigzinsumfeld ein Garantieniveau in Prozent der Beitragssumme nur bei einem ausreichend hohen Zins und dann auch nur bei ausreichend langen Laufzeiten erreicht werden kann. Bei einem Kalkulationszins von 0,5 Prozent oder weniger ist ein Garantieniveau von 100 Prozent der Beitragssumme und damit auch eine Beitragszusage mit Mindestleistung mit üblichen rechnungsmäßigen Kostenansätzen nicht mehr darstellbar.

Selbst bei Alpha-Kosten von null Prozent dauert es bei einem Rechnungszins von 0,25 Prozent – so die Aktuare – über 100 Jahre, bis die Höhe der eingezahlten Beiträge erwirtschaftet ist. Die Kalkulationen für unterschiedliche Szenarien zeigen deutlich, dass die Mindestleistung in vielen Szenarien nicht darstellbar ist. Die deutsche Aktuarsvereinigung hatte empfohlen, den Höchstrechnungszins zum 1. Januar 2021 auf 0,5 Prozent und zum 1. Januar 2022 auf 0,25 Prozent abzusenken. Auch die BaFin ruft dazu auf, den Höchstrechnungszins von zur Zeit 0,9 Prozent nicht auszuschöpfen.

Im Rahmen der beitragsorientierten Leistungszusage hingegen steht die zugesagte Leistung im Vordergrund, nicht die Summe der eingezahlten Beiträge. Bei der Wahl angemessener Kalkulationsgrundlagen, insbesondere eines angemessenen Kalkulationszinses, entspricht die versicherungsmathematische Ermittlung der aus den vereinbarten Beiträgen zugesagten Leistung allgemeinen aktuariellen Grundsätzen. Dabei kann auch ein negativer Kalkulationszins angemessen sein, wenn er zur dauernden Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aktuariell erforderlich ist. Die rechnungsmäßigen Annahmen müssen gemäß § 138 Abs. 1 VAG ausreichende Sicherheiten enthalten, damit die zugehörigen Tarife aufsichtsrechtlich genehmigungsfähig (reguliertes Geschäft) bzw. unbedenklich (nicht reguliertes Geschäft) sind.

Schließlich wird dargelegt, dass bei Einhaltung des versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzips und Verwendung angemessener Kalkulationsgrundlagen die Wertgleichheit bei einer Entgeltumwandlung aus aktuarieller Sicht erfüllt ist.

Eine Wertgleichheit ist aktuariell sicherlich dann gegeben, wenn die aus dem umgewandelten Betrag resultierende Leistung nach den anerkannten Grundsätzen der Versicherungsmathematik sachgerecht und willkürfrei ermittelt wurde. Die Erfüllung der beiden folgenden Kriterien dürften hinreichend sein, um eine wertgleiche Umwandlung von Beitrag in Leistung zu gewährleisten:

  • Die Umwandlung erfolgt unter Einhaltung des versicherungsmathemati- schen Äquivalenzprinzips.
  • Die Beitrags-/Leistungsrelation, die der Umwandlung zugrunde liegt, erfolgt auf der Grundlage angemessener Rechnungsgrundlagen. Die Frage der Angemessenheit sollte nach allgemein anerkannten aktuariellen Grundsätzen beantwortet werden, um zu sachgerechten Einschätzungen zu gelangen.

Es darf nach Auffassung der Aktuare davon ausgegangen werden, dass Tarife, die aufsichtsrechtlich genehmigt wurden bzw. gegen welche die Versicherungsaufsicht keine Bedenken geltend gemacht hat, dem Wertgleichheitsgebot entsprechen. Dabei besteht im Fall der versicherungsförmigen Durchführung die zusätzliche Anforderung, dass die Versicherten nach einem verursachungsorientierten Verfahren an etwaigen Überschüssen beteiligt werden. Dies gilt auch dann, wenn das Deckungskapital bei Eintritt des Versorgungsfalls betragsmäßig unterhalb des Beitragserhalts liegen sollte.

Autor: VW-Redaktion

Ein Kommentar

  • Prof. Heinrich Bockholt, Koblenz

    Der Niedrigzins fordert seinen Tribut. Dann sollten auch vor Vertragsunterschrift dem Kunden deutlich gemacht werden, wieviel Prozent und EURO des Beitrags pro Jahr in Garantien und/oder Fonds angelegt und welche Beträge für Kosten verwendet werden.
    Bei bAV-Produkten muss der Arbeitgeber von Anfang an vor Vertragsunterschrift wissen, ob er für bestimmte Zusagen faktisch haften muss und in welcher Höhe.
    Die Standmitteilungen sollten auch transparenter werden, wie heute in Medien gefordert wurde. Der Verbraucher soll einfach und nicht verklausuliert wissen, was mit seinem Geld gemacht wird bzw. wurde.

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