Tücken der Sozialversicherung: Betriebsrentnerin klagt wegen weniger Leistung

Quelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay.

Die Verbeitragung von Betriebsrenten führt immer wieder zu Ärger. Gerade die „Altregelung“ vor dem 1. Januar 2020 hatte eine besondere Tücke. Es gab eine Freigrenze (1/18 der Bezugsgröße, § 226 Abs. 2 i.V.m. § 229 Abs. 1 S.1 Nr. 5 SGB V). Wurde die Freigrenze auch nur um einen Cent überschritten, wurde plötzlich die gesamte Betriebsrente beitragspflichtig: rund 18 Prozent weniger Betriebsrente war das Resultat.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 7. August 2020, Az.: 2 Sa 165/20) hatte sich in diesem Zusammenhang mit der Klage einer Betriebsrentnerin, die als Hinterbliebene eine Betriebsrente bezog, zu befassen. Die Betriebsrentnerin wollte nämlich den ehemaligen Arbeitgeber per Klage dazu verpflichten, maximal eine Betriebsrente in Höhe der Freigrenze zu zahlen. Sie wollte einseitig auf die Betriebsrentenerhöhung verzichten.

Der Fall: Hintergrund war natürlich das Überschreiten der Freigrenze. Bis März 2018 bezog die Betriebsrentnerin, nämlich eine monatliche Hinterbliebenenrente in Höhe von 151,60 Euro. Die Freigrenze lag im Jahr 2018 bei 152,25 Euro. Damit mussten keine Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt werden. Aufgrund der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG erhöhte der Arbeitgeber zum 1. April 2018 die Betriebsrente auf 159,91 Euro. Damit war die Freigrenze überschritten und der Gesamtbeitrag beitragspflichtig. Die Betriebsrentnerin musste „plötzlich“ 29,61 Euro an Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen zahlen. Aufgrund der Erhöhung sank der Auszahlungsbetrag von 151,60 auf 130,00 Euro.

Die Arbeitnehmerin wollte „bis auf Weiteres“ auf die Erhöhung verzichten. Es sollten „maximal“ 151,60 Euro vom Arbeitgeber gezahlt werden. Der Arbeitgeber nahm die Verzichtserklärung nicht an. Dagegen klagte die Betriebsrentnerin.

Das Urteil: Zum einen waren die Anträge der Klägerin zu „unbestimmt“: Sie hatte eine Zahlung von maximal 151,60 Euro und „bis auf Weiteres“ verlangt. Zum anderen bemängelte das Landesarbeitsgericht, dass kein „Verzichtsvertrag“ hinsichtlich der Erhöhung der Hinterbliebenenversorgung abgeschlossen wurde. Was aus Sicht der Richter nötig gewesen wäre.

Hinweis für die Praxis: Seit 1. Januar 2020 hat sich die Rechtslage geändert. Es wird zunächst die Freigrenze gewährt, dann, wenn diese überschritten ist, ein Freibetrag – nur für die betriebliche Altersversorgung. Der Freibetrag „entschärft“ die oben geschilderte Fallkonstellation. Denn es kann nun nicht mehr passieren, dass eine Mini-Erhöhung und ein Überschreiten der Freigrenze zu einer Beitragspflicht ohne Freibetrag kommt.

Das Gericht hatte sich nicht mit der Frage zu befassen, ob ein Verzicht – auch in Form eines Verzichtsvertrages – wirklich wirksam zustande kommen kann. Es gilt auch weiterhin: Verzichtsfragen sind sehr sorgfältig angesichts der expliziten und impliziten Verbote und Gebote des Betriebsrentengesetzes zu prüfen.

Autor: VW-Redaktion

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